VwGH vom 10.03.1994, 92/15/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des K in M, vertreten durch Dr. H u.a. Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. 6/5-5017/91-06, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im Streitjahr unter anderem als Mitglied des Baufachbeirates der Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. (im folgenden: Gesellschaft) für diese Gesellschaft im Zusammenhang mit der damals in Planung gewesenen Errichtung des "Pier Ost" am Flughafen Wien-Schwechat selbständig und nachhaltig beratend tätig. Im Streitjahr trug die Gesellschaft unter anderem die Kosten einer vom Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. bis unternommenen Flugreise in die USA. Das Finanzamt vertrat in den in wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden für das Streitjahr die Auffassung, dem Beschwerdeführer sei - in Gestalt der Übernahme der Kosten für die erwähnte Flugreise - "ein Honorar für erbrachte Leistungen" zugeflossen, dem (wegen des Mischcharakters der Reise) keine Werbungskosten gegenüberstünden, weswegen das Honorar (als sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z. 1 EStG 1972) zur Gänze der Einkommensteuer unterliege; umsatzsteuerrechtlich stelle das Honorar ein Entgelt für umsatzsteuerpflichtige, mit dem Normalsteuersatz zu besteuernde Leistungen dar.
In seinen gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, die Spesenersätze unterlägen im Hinblick auf den Charakter der Flugreise als Dienstreise nicht der Einkommensteuer und der Beschwerdeführer sei nicht Unternehmer im Sinne des UStG.
Nach Durchführung von Sachverhaltsermittlungen änderte die belangte Behörde die Abgabenbescheide für die Streitjahre in vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr strittigen Punkten ab, trug aber dem Berufungsbegehren des Beschwerdeführers in den erwähnten Punkten nicht Rechnung. Den Zeitverlauf der Flugreise stellte die belangte Behörde wie folgt fest:
"1. Tag
(Dienstag)
1.4. Wien 10.30 h Houston 20.30 h Reise: Reisezeit
ohne Randzeiten
(Anreise zum Air-
port bzw. Check in
Hotel) 17 Std.
30 min.
2. Tag
(Mittwoch)
2.4. Houston 15.00 h San Francisco
16.55 h Arbeitsprogramm
am Airport, direkte
Weiterreise nach
San Francisco
3. Tag
(Donnerstag)
3.4. Arbeitsprogramm
am Airport
4. Tag
(Freitag)
4.4. Freizeit
Grayline Ausflug
5. Tag
(Samstag)
5.4. San Francisco Los Angeles Kurzprogramm
14.00 h 15.09 h am Airport, direkte
Weiterreise
6. u. 7. Tag
(Sonntag, Montag)
6. u. 7.4. Freizeit: Besuch
von Disneyland
Besuch der
Universalstudios
8. Tag
(Dienstag)
8.4. Los Angeles 13.00 h Arbeitsprogramm
am Airport, direkte
Rückreise nach Wien
9. Tag
(Mittwoch)
9.4. Wien 11.45 h Reisezeit ohne Rand-
zeiten - Check out
Hotel bzw. ab Airport
von 18 Std."
Ergänzend hiezu stellte die belangte Behörde auch sämtliche Flugzeiten unter Bezugnahme auf die im Berufungsverfahren vom Beschwerdeführer gegebene Sachverhaltsdarstellung fest. Sie gelangte sodann zu der Beurteilung, daß der Beschwerdeführer bei Außerachtlassung des Anreise- und Rückreisetages insgesamt sechseinhalb Tage in den USA verbracht habe, von denen drei (nämlich Freitag, 4. April, Sonntag, 6. April, und Montag, 7. April) zur Gänze der Freizeitgestaltung gedient hätten. Lediglich an drei Tagen (nämlich Mittwoch, 2. April, Donnerstag, 3. April, und Dienstag, 8. April) habe der Beschwerdeführer Flughafenbesichtigungen vorgenommen. Am Samstag, 5. April, habe das Arbeitsprogramm wegen der frühen Abflugzeit höchstens einen halben Tag umfassen können. An den freien Tagen habe der Beschwerdeführer unwidersprochen jeden USA-Touristen interessierende Programme verwirklicht. Da die Reise somit zwei volle Arbeitstage, zwei Tage, die nur teilweise als Arbeitstage angesehen werden könnten (nämlich den 5. und 8. April) und drei volle Freizeittage beinhalte, habe der Beschwerdeführer auf dieser Reise die "Normalarbeitszeit" von durchschnittlich acht Stunden täglich nicht erreicht, weswegen das Reiseprogramm als Mischprogramm anzusehen sei. Mangels Vorliegens sämtlicher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine Studienreise erforderlicher Voraussetzungen habe ein solcher Abzug als Werbungskosten nicht - auch nicht anteilig - gewährt werden können. Der Beschwerdeführer unterliege mit seinen durch die Spesenersätze vergüteten Umsätzen auch der Umsatzsteuer, wobei das Entgelt für die vom Beschwerdeführer gegenüber der Gesellschaft ausgeübte Unternehmertätigkeit der Höhe nach unbestritten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer eingebrachte Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:
Soweit die Beschwerde eine Qualifikation der in Rede stehenden Flugreise als Dienstreise im Sinne des § 26 Z. 7 EStG 1972 anstrebt bzw. meint, die steuerlichen Konsequenzen dürften im Beschwerdefall keine anderen sein als für vom Betriebsrat in den Aufsichtsrat entsandte Reisemitglieder, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 92/15/0150, zu verweisen. In diesem Erkenntnis sind auch die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze über die steuerliche Beurteilung sogenannter "Studienreisen" in Fällen, in denen nach den zeitlichen Relationen ein sogenanntes "Mischprogramm" vorliegt, des näheren dargestellt. Hinsichtlich der zeitlichen Relationen führte der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/15/0099, unter Bezugnahme auf das erstzitierte Erkenntnis nochmals aus, allgemein interessierende Programmpunkte dürften nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen, als dafür während der regelmäßigen beruflichen Betätigung als Freizeit verwendet werde; hiebei sei auf eine "Normalarbeitszeit" abzustellen. Reisezeiten für die An- und Abreise sowie Transferzeiten hätten für die Abgrenzung zwischen privat und beruflich bedingten Zeiten außer Ansatz zu bleiben; maßgebend für die (einkommen-)steuerliche Beurteilung sei die Gestaltung des Aufenthaltes ohne Berücksichtigung der keinen Selbstzweck habenden Reisebewegungen.
Auf den Beschwerdefall angewendet ergibt sich daraus folgendes:
Ausgehend von den in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe auch am Sonntag, 6. April, eine vierstündige Besprechung mit Reiseteilnehmern einer parallel reisenden zweiten Reisegruppe abgehalten, scheitert schon an dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, könnte aber auch selbst im Falle seiner Berücksichtigung nicht zu einer anderen Beurteilung führen - betrug die Gesamtdauer der im Beschwerdefall nach den eben dargelegten Grundsätzen als Arbeitszeit in Betracht kommenden Zeit der Reise auch mangels der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe an den beruflichen Zwecken gewidmeten Terminen an Reisetagen länger als durchschnittlich an Arbeitstagen gearbeitet, deutlich weniger als das erforderliche durchschnittliche Ausmaß.
Da das Reiseprogramm des Beschwerdeführers schon allein auf Grund der zeitlichen Relationen ein sogenanntes "Mischprogramm" darstellt, hat die belangte Behörde die Reiseaufwendungen des Beschwerdeführers ohne Rechtswidrigkeit dem Bereich seiner privaten Lebensführung zugeordnet.
Soweit der angefochtene Bescheid die Umsatzsteuer des Streitjahres betrifft, verknüpft die Beschwerde selbst die Beratungstätigkeit des Beschwerdeführers mit der Kostenübernahme durch die Gesellschaft. Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die Reisevergütungen stellten das Entgelt für unternehmerische Leistungen des Beschwerdeführers gegenüber der Gesellschaft dar, läßt somit ebenfalls keine Rechtswidrigkeit erkennen.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.