VwGH vom 29.04.1998, 97/16/0199
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
97/16/0200
97/16/0201
97/16/0202
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerden 1. der S Gesellschaft mbH und 2. der I Genossenschaft mit beschränkter Haftung, beide in W, beide vertreten durch Hügel, Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, Lerchengasse 14, gegen die Bescheide des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien je vom , A) zu
Zlen. Jv 7394-33a/96, Jv 8296-33a/96, und B) zu
Zlen. Jv 8295-33a/96, Jv 7395-33a/96, jeweils betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von je S 25.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In den Beschwerdefällen hatte die Erstbeschwerdeführerin, eine Wohnbaugesellschaft, zwei Wohnhausanlagen errichtet, die nach dem Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz gefördert wurden. In beiden Fällen nahm die Erstbeschwerdeführerin bei der E Bank ein in dem bei der Förderungsbehörde eingereichten Finanzierungsplan enthaltenes Hypothekardarlehen auf. Die Einverleibung der Pfandrechte zur Besicherung dieser Hypothekardarlehen war gemäß § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 von den Gerichtsgebühren befreit. Im Juli 1993 wurden beide Darlehensverträge von der E Bank gekündigt, weil nach Auffassung der Bank die vereinbarte Verzinsung auf Grund von Veränderungen am Kapitalmarkt nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. In der Folge wurden zwischen der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin Darlehensverträge zur Umschuldung der Darlehensverträge zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und der E Bank abgeschlossen. Daraufhin wurde die Einverleibung des Pfandrechtes im Betrag von S 82,736.800,-- (zu hg. Zlen. 97/16/0199, 0201) und von S 51,968.000,-- (zu hg. Zlen. 97/16/0200, 0202) bewilligt.
Mit Zahlungsaufträgen je vom wurden den beiden Beschwerdeführerinnen für die Einverleibung der Pfandrechte Eintragungsgebühren nach TP 9 lit. b Z. 1 GGG samt Einhebungsgebühr in Höhe von S 1,092.233, und S 743.252,-- zur ungeteilten Hand vorgeschrieben.
In den von den Beschwerdeführerinnen gegen diese Zahlungsaufträge erhobenen Berichtigungsanträgen wurde die Gerichtsgebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz (WFG) 1984 geltend gemacht. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, im Zeitpunkt der Kündigung der Darlehen durch die E Bank seien beide Bauvorhaben noch nicht fertiggestellt gewesen. Zum Beweis dieses Umstandes wurde die Vernehmung mehrerer Personen als Zeugen beantragt. Die Aufnahme der beiden Darlehen und die Einverleibung der entsprechenden Pfandrechte seien durch die Finanzierung der geförderten Bauvorhaben veranlaßt gewesen. Die Kündigung der (vormaligen) Darlehen sei nicht durch den Darlehensnehmer, sondern durch den Darlehensgeber erfolgt. Es habe sich bei diesen Vorgängen somit nicht um eine Umschuldung zur Erlangung ökonomischer Vorteile gehandelt. Es sei die Aufnahme der (nunmehrigen) Darlehen vielmehr die einzige Möglichkeit gewesen, die noch nicht vollständig realisierten geförderten Bauvorhaben durchzuführen.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den Berichtigungsanträgen nicht Folge gegeben. Die belangte Behörde verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Umschuldungsdarlehen nicht von den Gerichtsgebühren befreit seien. Weitere pfandrechtliche Sicherstellungen seien von den Gerichtsgebühren nur dann befreit, wenn damit zusätzliche Kapitalmittel aufgebracht würden.
In den Beschwerden gegen diese Bescheide wird deren inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich verletzt in ihrem Recht auf Befreiung von den Gerichtsgebühren für Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlaßt werden, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden.
Von der belangten Behörde wurden Gegenschriften erstattet
und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 in der auf die Beschwerdefälle anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 460/1990, sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlaßt sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit.
Vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 460/1990 waren demgegenüber Rechtsgeschäfte nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 - ebenso wie bereits nach § 35 Abs. 3 WFG 1968 - nur insoweit von den Gerichtsgebühren befreit, als sie zur Finanzierung der nach den WFG geförderten Bauvorhaben erforderlich waren. Zu dieser Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß Pfandrechtseintragungen bloß zur Umschuldung nicht gerichtsgebührenbefreit seien, weil diesbezüglich von der Tatbestandvoraussetzung der "Erforderlichkeit zur Finanzierung" nicht mehr gesprochen werden könne (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/16/0115, und vom , Zlen. 92/16/0004, 0005, 0019, 0030).
Die Beschwerdeführerinnen vertreten zunächst die Auffassung, durch die Novelle BGBl. Nr. 460/1990 sei der Anwendungsbereich der Befreiungsnorm erweitert worden, wobei sie auch darauf verweisen, den Gesetzesmaterialien zu dieser Novelle könne nicht entnommen werden, warum das Tatbestandsmerkmal "erforderlich" durch das Merkmal "veranlaßt" ersetzt wurde. Die Beschwerdeführerinnen meinen somit, daß auch bloße Umschuldungen (im Sinne der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage) von der in Rede stehenden Befreiung erfaßt seien. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß nach der auf die Beschwerdefälle anzuwendenden Fassung des WFG 1984 ein Kausalzusammenhang zwischen der Finanzierung von geförderten Objekten und dem der Gebühr grundsätzlich unterliegenden Rechtsgeschäft bestehen muß. Unter der Finanzierung ist dabei die Gesamheit der Maßnahmen zur Beschaffung der Geldmittel für die Schaffung des (geförderten) Objektes zu verstehen. Sind die Geldmittel für das Objekt bereits beschafft, so besteht grundsätzlich keine Ursache für die Beschaffung weiterer Geldmittel, soferne sich nicht ein über die ursprünglich projektierte Mittelsumme hinausgehender Bedarf herausstellt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geförderten Objekt und einem Rechtsgeschäft, das der bloßen Umschuldung der bereits im Kreditweg beschafften Geldmittel dient, besteht somit grundsätzlich nicht.
Dennoch sind die Beschwerden begründet: Die gegenständlichen Rechtsgeschäfte wurden, worauf von den Beschwerdeführerinnen im Verwaltungsverfahren hingewiesen worden ist, noch vor Fertigstellung der geförderten Objekte abgeschlossen. Nach dem Vorbringen in den Berichtigungsanträgen wurden die von der Zweitbeschwerdeführerin hingegebenen Geldmittel für die Fertigstellung der Objekte durch das beauftragte Bauunternehmen verwendet. Wurden demzufolge tatsächlich die in Rede stehenden geförderten Objekte mit dem von der Zweitbeschwerdeführerin hingegebenen Geldmitteln geschaffen, so besteht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Rechtsgeschäft und der Finanzierung des geförderten Objektes. Das Tatbestandsmerkmal "veranlaßt" liegt in einem solchen Fall also vor. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie sich in den angefochtenen Bescheiden mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerinnen nicht auseinandergesetzt.
Die angefochtenen Besheide waren somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.