VwGH vom 24.11.1993, 92/15/0103

VwGH vom 24.11.1993, 92/15/0103

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der J Gesellschaft mbH in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 115/3-GA8-DK/92, betreffend Feststellung des gemeinen Wertes von Gesellschaftsanteilen zum und zum , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der im Jahre 1987 gegründeten Beschwerdeführerin, in die der Betrieb einer Einzelfirma unter Auflösung der letzteren auf der Grundlage der Schlußbilanz vom gemäß Art. III StruktVG eingebracht worden war, wurde im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung der gemeine Wert der Geschäftsanteile zu den oben genannten Stichtagen gemäß § 13 Abs. 2 BewG unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten im Schätzungsweg nach dem sogenannten "Wiener Verfahren 1972" (vgl. den Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 252.873-IIa/Bi/1973, AÖFV Nr. 172/73 (berichtigt AÖFV Nr. 219/73), wiedergegeben bei Twaroch-Frühwald-Wittmann, Kommentar zum Bewertungsgesetz2, Erlässe A 19 ff) ermittelt. Bei der Schätzung des Ertragswertes wurde hiebei die Körperschaftsteuer mit 55 % der körperschaftsteuerpflichtigen Gewinne bzw. prognostizierten Gewinne in Abzug gebracht. Das Finanzamt legte diese geschätzten Werte den sodann ergangenen Feststellungsbescheiden zugrunde.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin die Schätzung des Ertragswertes zu den genannten Stichtagen in nicht mehr verfahrensgegenständlichen Punkten.

In der Folge pflichtete der Prüfer in seiner Stellungnahme zur Berufung unter anderem der Ansicht des Finanzamtes bei, daß bei der Ermittlung des Ertragswertes die Körperschaftsteuer nur mit dem sich aus § 22 Abs. 2 KStG 1966 ergebenden Wert (Hälftesteuersatz) berücksichtigt werden dürfe, weil im vorliegenden Fall die "Schütt-aus-Hol-zurück Politik" angewendet worden sei. Die Beschwerdeführerin trat dieser Auffassung mit dem Argument entgegen, daß das vom Prüfer bezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/15/0159, zu einem anderen Sachverhalt ergangen und daher für den vorliegenden Fall nicht maßgebend sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin unter Erhöhung des gemeinen Wertes der Geschäftsanteile zu den genannten Stichtagen als unbegründet ab; dies führte deswegen zu einer Verböserung, weil die Stattgabe in vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr strittigen Punkten von geringerer Auswirkung war als die Kürzung des vom Finanzamt gewährten Körperschaftsteuerabzuges. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde sinngemäß aus, daß die von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Unterschiede des vorliegenden Sachverhaltes zu dem dem bezogenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt für die strittige Rechtsfrage unbeachtlich seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, "daß bei Schätzung des gemeinen Wertes ihrer Anteile zum und (nach der Methode des Wiener Verfahrens 1972) die Körperschaftsteuer nach § 22 Abs. 2 KStG 1966 (halber KSt. Satz) und nicht Abs. 1 leg. cit. (voller KSt. Satz) in Abzug gebracht wurde".

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 2 BewG ist (u.a.) für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Läßt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Da die Anteile der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen im Inland keinen Kurswert haben, war es geboten, den gemeinen Wert unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Die belangte Behörde nahm diese Schätzung nach dem Wiener Verfahren 1972 vor, das im schon erwähnten Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom seinen Niederschlag gefunden hat. An dieses Verfahren bzw. an diesen Erlaß sind zwar mangels gehöriger Kundmachung und auch mangels eines normativen Gehaltes weder die Beschwerdeführerin noch der Verwaltungsgerichtshof gebunden, dennoch bietet das Wiener Verfahren 1972 eine geeignete Schätzungsmethode für eine nach dem zweiten Satz des § 13 Abs. 2 BewG zur Ermittlung des gemeinen Wertes vorzunehmende Schätzung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/15/0047, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch im vorliegenden Fall keine Bedenken gegen die Schätzungsmethode des Wiener

Verfahrens 1972, zumal auch die Beschwerdeführerin gegen die Anwendung dieser Methode keinen Einwand erhebt.

Im Beschwerdefall ist nur die die Ertragsaussichten der Gesellschaft betreffende Schätzungskomponente umstritten; auch diese nur insoweit, als es um die Abzugspost für die Körperschaftsteuer der Jahre 1987 und 1988 geht. Während nämlich die belangte Behörde jeweils nur die in den gegenüber der Beschwerdeführerin erlassenen Körperschaftsteuerbescheiden ausgewiesene (wegen offener Ausschüttungen auf Gesellschaftsanteile gemäß § 22 Abs. 2 Z. 1 lit. a KStG 1966 ermäßigte) Körperschaftsteuer abgezogen hat, hält die Beschwerdeführerin den Steuerabzug nach Abs. 1 der in Rede stehenden Gesetzesstelle - also ohne die ihr konkret gewährten Ermäßigungen - für geboten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in seinem schon zitierten Erkenntnis vom näher ausgeführt hat, soll die Schätzung des gemeinen Wertes von Gesellschaftsanteilen nach § 13 Abs. 2 BewG ZU EINEM MÖGLICHST WIRKLICHKEITSNAHEN ERGEBNIS FÜHREN. Diesem Ziel dient das Abstellen auf die tatsächlich gegenüber der Beschwerdeführerin jeweils bescheidmäßig festgesetzte Körperschaftsteuer besser als das Abstellen auf den im Beschwerdefall nicht angewendeten Tarif nach § 22 Abs. 1 KStG 1966. Die Prognose hält sich ungeachtet der erstmalig auf Veranlagungen für das Kalenderjahr 1989 anzuwendenden Änderung der Rechtslage durch § 22 KStG 1988 auch innerhalb des Rahmens der jeder Schätzung innewohnenden Unsicherheit.

Dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/15/0159, kommt dagegen auch nicht wegen der nur im Beschwerdefall gegebenen Besonderheiten des Sachverhaltes - etwa, daß der Betrieb eines Einzelunternehmens in die Beschwerdeführerin eingebracht worden ist und daß keine Holdingkonstruktion vorliegt - Bedeutung für den vorliegenden Beschwerdefall zu. Die Schätzung der Ertragsaussichten unter Berücksichtigung der tatsächlich veranlagten Körperschaftsteuer als Abzugspost erscheint ferner nicht wegen der (theoretischen) Möglichkeit, daß "einmal KEINE Ausschüttung vorgenommen und der Gewinn thesauriert" wird, unschlüssig.

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine mit dem angefochtenen Bescheid nicht im Einklang stehende "langjährige Verwaltungspraxis aller Finanzämter" beruft, ergibt sich daraus noch keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ihr gegenüber. Da es auf das Gesetz und nicht auf eine allfällige "Ungleichbehandlung gegenüber einer Vielzahl von anderen Abgabepflichtigen" ankommt, stellt weiters letztere für sich allein keinen Aufhebungsgrund dar.

Die TATSÄCHLICHE ZAHLUNG der gegenüber der Beschwerdeführerin bescheidmäßig festgesetzten Körperschaftsteuer für die Jahre 1987 und 1988 war nach dem angefochtenen Bescheid keine Voraussetzung für die Gewährung der strittigen Abzugspost; der Beschwerdehinweis darauf, daß nach dem "Neuen Wiener Verfahren 1989" die volle (30 %ige) Körperschaftsteuer UNABHÄNGIG VON IHRER TATSÄCHLICHEN BEZAHLUNG zur berücksichtigen sei, vermag daher der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, inwiefern die Beschwerdeführerin durch die Vorgangsweise im Verwaltungsverfahren an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, insbesondere an der Erstattung eines Tatsachenvorbringens, gehindert gewesen wäre. Die Beschwerde enthält überdies kein neues Tatsachenvorbringen, durch welches die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels erkennbar wäre.

Da somit dem angefochtenen Bescheid weder die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch auch ein wesentlicher Verfahrensmangel anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.