VwGH vom 30.03.2000, 97/16/0088

VwGH vom 30.03.2000, 97/16/0088

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

97/16/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. Siegfried Rack, Rechtsanwalt in Völkermarkt, Münzgasse 3, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten je vom , GZ. 3/2/B-30/1/-/96 und GZ. 3/2/B-30/3/-/96, betreffend jeweils Entstehung der Eingangsabgabenschuld kraft Gesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war seit dem Jahre 1989 Mitglied eines "Ordens Fiat Lux", dessen Zentrum sich in Egg im Schweizer Kanton Zürich befindet.

Nach einem in den Akten erliegenden Hausdurchsuchungsbefehl im Sinne des § 93 Abs 1 FinStrG vom bestand der Verdacht, der Beschwerdeführer habe seit dem Jahre 1986 vom Oberhaupt der angeführten Sekte, Erika Bertschinger-Eicke, in größerem Umfang erworbene "Heilmittel" ins Inland verbracht.

Bei der am in den Wohnräumen des Beschwerdeführers, in seiner Abwesenheit, aber unter Anwesenheit seiner (damaligen) Ehefrau vorgenommenen Hausdurchsuchung wurden zwölf Kartons verschiedener Heilmittel, zwei Kartons mit Belegen und 1138 Goldbarren zu 1 g Gold beschlagnahmt.

Aus einem umfangreichen, als "Selbstanzeige" bezeichneten Schriftsatz des Beschwerdeführers vom , der weitwendige Ausführungen über das Leben in der Sekte und die psychische Verfassung des Beschwerdeführers enthielt, ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die beschlagnahmten Waren aus Liechtenstein nach Österreich verbracht hatte.

In einem beim Zollamt Klagenfurt eingereichten Schriftsatz vom führte Ingeborg Batliner-Seidel aus, sie habe ein vom Beschwerdeführer erhaltenes Darlehen in Höhe von S 331.000,-- am zurückgezahlt. Sie habe das Darlehen fünf Jahre zuvor zur Anschaffung von Goldbarren in der Schweiz aufgenommen. Die Goldbarren seien in ihrer damaligen Wohnung in Liechtenstein aufbewahrt worden. Später habe sie dem Beschwerdeführer noch "energetische Heilmittel" und zuletzt eine Steinesammlung abgekauft. Im Zuge einer Auseinandersetzung habe der Beschwerdeführer das Gold und die Heilmittel als "Sicherheit" an sich genommen und nach Österreich verbracht. Im Zuge einer Einvernahme am bestätigte Ingeborg Batliner-Seidel diese Angaben und gab an, der Beschwerdeführer habe das Gold im Herbst 1992 aus Liechtenstein nach Österreich verbracht.

Alois Müller, ebenfalls Sektenmitglied, machte bei zwei Vernehmungen am und am Angaben darüber, der Beschwerdeführer habe ihm bei einer Rückreise aus der Schweiz im Dezember 1989 von einem Goldkauf erzählt.

Bei Vernehmungen am 25. November und gab der Beschwerdeführer an, das Gold im Herbst 1992 über das Zollamt Feldkirch nach Österreich eingeführt zu haben. Er habe das Gold an der Grenze nicht angegeben, weil er gemeint habe, ein Nichteigentümer brauche das Gold nicht zu stellen.

Nach umfangreichen abgabenbehördlichen und finanzstrafbehördlichen Ermittlungen wurde mit Bescheid des Hauptzollamtes Klagenfurt vom festgestellt, dass für die streitverfangenen Goldbarren die Eingangsabgabenschuld hinsichtlich Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von S 39.150,-- kraft Gesetzes entstanden ist. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Dezember 1989 in das Zollgebiet eingereist. Er habe die von ihm mitgeführten einfuhrzollpflichtigen 1138 Stück Goldbarren nicht gestellt und diese in der Folge in den freien Verkehr verbracht.

In der Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer aus, er sei nicht Eigentümer des "Verzollungsgegenstandes" gewesen. Von freiem Verkehr könne daher keine Rede sein. Rechtmäßiger Eigentümer sei Ingeborg Batliner gewesen, die daher allfällige Abgaben zu tragen habe.

Mit einem weiteren Bescheid des Hauptzollamtes Klagenfurt vom , GZ 400/06457/95, wurde die Entstehung der Zollschuld kraft Gesetzes hinsichtlich bestimmt bezeichneter Waren ("Heilmittel") festgestellt. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe diese Waren bei seiner Einreise im Herbst 1992 nicht gestellt.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer geltend gemacht, die die Waren zu Positionen 1 - 13, 106 und 210/211 hätten der Mutter des Beschwerdeführers, jene zu die Positionen 65 - 68, 86 - 91 und 96 - 105 Ingeborg Batliner gehört. Die Einfuhren der einzelnen Waren seien immer genau bis zur Freibetragsgrenze erfolgt.

Über die letztgenannte Berufung erließ das Hauptzollamt Klagenfurt eine die Berufung abweisende Berufungsvorentscheidung. Dem Berufungsvorbringen hielt die Abgabenbehörde entgegen, der Beschwerdeführer habe schon in seiner "Selbstanzeige" vom ausgeführt, er habe die gesamten bei Ingeborg Batliner aufbewahrten "Heilmittel" in einen Koffer geworfen, um sie als Sicherstellung für das gewährte Darlehen an sich zu nehmen. In der Niederschrift vom habe der Beschwerdeführer präzisiert, das es sich dabei um die bei der Hausdurchsuchung am beschlagnahmten "Heilmittel" gehandelt habe. Von diesen Heilmitteln seien bereits diejenigen ausgeschieden worden, die nach seinen Angaben in der Niederschrift vom von seiner Mutter nach Österreich verbracht worden seien. Das nunmehrige Vorbringen, dass weitere 16 Positionen seiner Mutter gehörten, sei unglaubwürdig. Hinsichtlich der Ingeborg Batliner gehörigen Positionen wurde ausgeführt, rechtmäßiges Eigentum sei keine Voraussetzung für die Entstehung der Zollschuld.

Der Beschwerdeführer beantragte hierauf die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde GZ 3/2/B-30/1/-/96 wurde die Berufung hinsichtlich der 1138 Goldbarren als unbegründet abgewiesen. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer diese Goldbarren ausländischer Herkunft anlässlich seiner Einreise in das österreichische Zollgebiet dem Eintrittszollamt nicht gestellt habe. Unter Bedachtnahme auf die Aussagen des Alois Müller und den Umstand, dass der Beschwerdeführer nach der Aussage seiner damaligen Ehefrau einen am aufgenommen Kredit in Höhe von S 200.000,-- zur Anschaffung der Goldbarren verwendet habe, nahm die belangte Behörde an, dass die Zollschuld im Dezember 1989 entstanden sei. Die Zollschuld sei für denjenigen, der über die zollhängigen Waren vorschriftswidrig so verfügte, als wäre sie im freien Verkehr, kraft Gesetzes entstanden, ohne dass es auf die Schuld des die Zollschriften Verletzenden ankäme. Es käme auch nicht darauf an, ob derjenige, bei dem die Zollschuld kraft Gesetzes entstanden sei, Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer der Ware gewesen sei.

Mit dem weiteren angefochtenen Bescheid GZ. 3/2/B-30/3/-/96 wurde die (die übrigen bei der Hausdurchsuchung festgestellten Waren betreffende) Berufung ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde verwies in der Begründung im Wesentlichen auf die von der Abgabenbehörde erster Instanz erlassene Berufungsvorentscheidung.

Die Behandlung der gegen diese beiden Bescheide erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluss vom , B 76, 77/97-6, abgelehnt. Gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Nach dem Inhalt der Beschwerdeergänzung erachtet sich der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof in seinem Recht, keine Eingangsabgaben entrichten zu müssen, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 174 Abs. 3 lit. a ZollG 1988 entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der über eine zollpflichtige zollhängige Ware erstmals vorschriftswidrig so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr, oder der eine solche Ware an sich bringt, obwohl ihm die Zollhängigkeit bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war.

Der erste Tatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG enthält im Gegensatz zum Strafrecht insofern keine subjektiven Tatbestandsmerkmale, als die Zollschuld ohne Rücksicht darauf entsteht, ob der Zollschuldner die Folgen seines Handelns - nämlich die Entstehung der Zollschuld - in seine Vorstellung aufgenommen hat: Es ist der rein tatsächliche Vorgang des vorschriftswidrigen Verfügens über die einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware, der die Zollschuld zum Entstehen bringt (hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr 5716/F). Für die Entstehung der Zollschuld nach dem ersten Tatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG ist das subjektive Bewußtsein der Vorschriftswidrigkeit der Verfügung oder eine grob fahrlässige Unkenntnis der Zollhängigkeit nicht erforderlich, weil sich der letzte Halbsatz dieser Gesetzesstelle nach seiner syntaktischen Stellung nur auf den zweiten Tatbestand (Ansichbringen einer zollhängigen Ware) bezieht (hg. Erkenntnisse vom , Zl. 85/16/0038, und vom , Zl 93/16/0113).

Die außerordentlich weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers enthalten kein substantiiertes Vorbringen. Dass die in Rede stehenden Waren, die bei der Hausdurchsuchung am vorgefunden wurden, von ihm aus dem Ausland ohne Stellung bei der Zollbehörde in das Zollgebiet verbracht wurden, wird von ihm nicht bestritten. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden, weil dadurch der wie ausgeführt schuldunabhängige Tatbestand nach § 174 Abs. 3 lit. a erster Halbsatz ZollG 1988 erfüllt worden ist. Die ein Verschulden des Beschwerdeführers in Abrede stellenden Beschwerdeausführungen, mit denen offenbar auch verkannt wird, dass Gegenstand der angefochtenen Bescheide die Feststellung der Eingangsabgabenschuld und nicht eine Bestrafung nach dem FinStrG ist, gehen damit ins Leere.

Soweit der Beschwerdeführer die Frage stellt, wie es einem Dieb möglich sei, eine rechtmäßige Verzollung vorzunehmen, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Begriff des "Verfügens" im Sinne des § 174 Abs. 3 lit. a erster Halbsatz ZollG 1988 nicht im zivilrechtlichen Sinn verstanden werden kann, weil es nicht darauf ankommt, wer über die Ware nach § 51 Abs. 1 ZollG 1988 verfügungsberechtigt ist, sondern nur darauf, wer über die Ware tatsächlich verfügt. Die tatsächliche Verfügung im Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld wurde vom Beschwerdeführer aber nicht in Abrede gestellt.

Mit der Verfahrensrüge, die Behörde habe ihm den genauen Wortlaut der Aussagen seiner seinerzeitigen Ehefrau und des Alois Müller nicht zur Kenntnis gebracht und damit das Parteiengehör verletzt, hat der Beschwerdeführer schon deswegen keine relevante Rechtsverletzung dargetan, weil nicht erkennbar ist, zu welchem anders lautenden Bescheid die belangte Behörde im Falle der monierten Vorgangsweise hätte gelangen können. Wenn sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die den Aussagen des Alois Müller mehr geglaubt habe als seinen eigenen und denen der Ingeborg Batliner, wendet, so geht dieses Vorbringen schon deswegen ins Leere, weil sich die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde lediglich auf den Zeitpunkt der Entstehung der Eingangsabgabenschuld bezogen hat. Selbst wenn die Behörde auf Grund einer logisch unhaltbaren Schlussfolgerung hinsichtlich des Entstehungszeitpunktes (1989 statt - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - 1992) zu einem unrichtigen Ergebnis gekommen wäre, könnte der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten keinesfalls verletzt sein.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am