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VwGH vom 21.03.1996, 92/15/0087

VwGH vom 21.03.1996, 92/15/0087

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der A GmbH & Co KG in T, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom , B 24-3/91, betreffend Umsatzsteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von 12.860 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahr 1986 gegründete Beschwerdeführerin, eine GmbH & Co KG, hat die Bereitstellung und den Betrieb von Automaten zum Unternehmensgegenstand.

Für die Streitjahre gab sie Nullerklärungen betreffend Umsatzsteuer sowie Einkünfte von Personengesellschaften ab, wobei sie dies mit dem Vorliegen von Liebhaberei begründete. Wegen der hohen Belastung durch Lustbarkeitsabgaben und des wesentlichen Umsatzrückganges in der Automatenbranche könne sie keine Gewinne erzielen.

Unstrittig ist, daß die Beschwerdeführerin Umsätze von 2,693.217 S 1986), 6,154.733 S 1987) und 5,055.393 S 1988) sowie Verluste von 333.401 S 1986), 1,340.766 S 1987) und 1,470.655 S 1988) erwirtschaftete.

Strittig ist, ob die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Liebhaberei zu beurteilen ist.

Die belangte Behörde kommt zu dem Schluß, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin stelle eine Einkunftsquelle dar und vertritt dazu im wesentlichen die Ansicht, nach § 2 Abs 2 Liebhabereiverordnung, BGBl Nr 322/1990, (in der Folge: LVO) lägen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung iSd § 1 Abs 1 LVO (zB Eröffnung eines Betriebes), längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben) für diese Betätigung, jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Nach Ablauf dieses Zeitraumes sei unter Berücksichtigung der Verhältnisse auch innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob weiterhin vom Vorliegen von Einkünften auszugehen sei. Im Anlaufzeitraum sei somit das Vorliegen von Liebhaberei nicht an Hand der Kriterien des § 2 Abs 1 Z 1 bis 6 LVO zu prüfen. Die Verluste der ersten drei Jahre seien auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn sich nach Ablauf des Anlaufzeitraumes ergebe, daß unter Zugrundelegung der genannten Kriterien keine Einkunftsquelle vorliege.

Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, ihre Tätigkeit stelle Liebhaberei im steuerlichen Sinn dar. Die von der belangten Behörde für die Liebhabereibeurteilung herangezogene LVO habe in den Streitjahren noch nicht existiert, weshalb ihre Anwendung rechtswidrig sei. Für die Liebhabereiberurteilung sei beachtlich, daß ihr Gesellschaftszweck ausschließlich darin bestehe, die Erhöhung der Lustbarkeitsabgaben von einer gemeinsamen Plattform aus rechtlich zu bekämpfen. Sie sei nach ihrer Konstruktion und ihrem Gesellschaftszweck nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, weil mit den Automateneigentümern vertraglich festgelegt worden sei, welche Beträge aus den Automatenabrechnungen ihr verblieben. Würden Lustbarkeitsabgaben im Rechtsweg zurückerlangt, so seien diese an Gastwirte und Automateneigentümer zurückzuzahlen. Die ihr verbleibenden Beträge dienten einzig und allein der Abdeckung der Kosten für ihre Tätigkeit bzw zur Erreichung ihres Gesellschaftszweckes. Somit sei sie objektiv nicht in der Lage, Gewinne zu erzielen, zumal bisher keine Lustbarkeitsabgaben im Rechtsweg zurückerlangt hätten werden können bzw zukünftig im Rechtsweg zurückerlangte Lustbarkeitsabgaben an Gastwirte und Automateneigentümer weitergeleitet werden müßten. Überdies sei darauf hinzuweisen, daß auch in den Jahren 1989 und 1990 Verluste erzielt worden seien.

Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit Erkenntnis vom , V 53/91 ua, Slg Nr 12943, hat der Verfassungsgerichtshof die Rückwirkungsbestimmung des Art II LVO als verfassungswidrig aufgehoben. Auf Grund der am erfolgten Kundmachung der Aufhebung im BGBl Nr 106/1992 war die LVO ab diesem Tag nicht mehr auf den dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Sachverhalt anzuwenden. Die maßgebliche Rechtslage ist somit jene, die vor der LVO gegolten hat, weshalb die Einkunftsquelleneigenschaft der Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht auf § 2 Abs 2 LVO gestützt werden kann.

Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der LVO gelten nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen positive Einkünfte erwarten lassen, als Einkunftsquelle, wobei es in erster Linie auf die objektive Möglichkeit, positive Einkünfte zu erzielen, auf die (subjektive) Einkünfteerzielungsabsicht hingegen nur im Zweifel ankommt (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/14/0017, mwA). Ob nun eine Tätigkeit einer bestimmten Einkunftsart zuzuordnen oder als Liebhaberei im steuerlichen Sinn zu werten ist, kann regelmäßig erst nach einem gewissen Zeitraum beurteilt werden. Bei einer gewerblichen Tätigkeit ist in der Regel ein Beobachtungszeitraum von acht Jahren erforderlich (vgl die hg Erkenntnisse vom , 87/14/0038, Slg Nr 6498/F, und vom , 89/14/0187, beide mwA). Ein kürzerer Beobachtungszeitraum ist zulässig, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die objektive Ertragsfähigkeit einer Tätigkeit als gegeben (zB Gewinne bereits in den ersten Jahren ab Beginn der Tätigkeit) oder nicht gegeben (zB nach der Art der Tätigkeit können niemals Gewinne in der Periode oder ein Gesamtgewinn erzielt werden) angesehen werden kann.

Nach der Aktenlage, insbesondere unter Beachtung der in den Streitjahren von der Beschwerdeführerin erzielten (unstrittigen) Verluste, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Basis eines nur die Streitjahre umfassenden Beobachtungszeitraumes nicht erkennen, daß deren Tätigkeit objektiv ertragsfähig ist. Die Beschwerführerin behauptet auch, mit ihrer Tätigkeit niemals Gewinne erzielen zu können. Die belangte Behörde hat diesbezüglich nichts Gegenteiliges festgestellt.

Da die belangte Behörde, ausgehend von der im Beschwerdefall nicht anzuwendenden LVO, im Sinn der obigen Ausführungen nicht geprüft hat, ob die Tätigkeit der Beschwerdeführerin objektiv ertragsfähig ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Verfahren unter Berücksichtigung der bis dahin vorliegenden Betriebsergebnisse festzustellen haben, ob die Beschwerdeführerin innerhalb eines bestimmten Beobachtungszeitraumes Periodengewinne erzielt. Nimmt sie vor Ablauf des Beobachtungszeitraumes an, die Beschwerdeführerin werde innerhalb dieses Zeitraumes solche Gewinne erzielen, so wird sie dies schlüssig zu begründen haben. Stellt die belangte Behörde Periodengewinne fest, so wird sie weiters an Hand einer Grobprognose zu beurteilen haben, ob die Beschwerdeführerin innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes einen Gesamtgewinn erzielen kann.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.