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VwGH vom 18.04.1997, 97/16/0074

VwGH vom 18.04.1997, 97/16/0074

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Arbeiterbetriebsrates der Firma Z-GesmbH in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Leoben vom , Zl. Jv 2141-33/96, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf den hg. Beschluß vom , Zl. 96/16/0211-7, verwiesen. Nunmehr wurde dem Beschwerdeführer am ein Bescheid zugestellt, der den Mindestanforderungen eines rechtsstaatlichen Standards entspricht.

Aus der Beschwerdeschrift und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der beschwerdeführende Betriebsrat hatte zur Zl. 22 Cga N1/95b des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht gegen die Z-GesmbH (als Arbeitgeber) eine sog. besondere Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 ASGG mit folgendem Urteilsbegehren erhoben:

"Festgestellt wird, daß die beklagte Partei verpflichtet ist, den Arbeitern und Arbeiterinnen der beklagten Partei im Betrieb T für die Jahre 1993 und 1994 eine Prämie nach den für das Jahr 1992 geltenden Kriterien zuzüglich 50 %, sowie weiters allen Arbeitern und Arbeiterinnen für das Jahr 1994 ein Entgelt zur Abgeltung von Naturalbezügen in der für dieses Jahr maßgeblichen Höhe, zumindest aber S 1.224,--, zu bezahlen."

Für diese Klage fielen keine Pauschalgebühren an, weil gemäß § 16 Z. 1 lit. a GGG dafür eine Bemessungsgrundlage von S 7.950,-- maßgeblich war und nach Anm. 8 zu TP 1 GGG arbeitsrechtliche Streitigkeiten bei einem Wert des Streitgegenstandes bis S 20.000,-- gebührenfrei sind.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom wurde zwischen den Streitparteien ein Vergleich folgenden Inhaltes geschlossen:

"1) Die beklagte Partei verpflichtet sich, ihren Lohnempfänger/innen zur Abgeltung der Produktionsprämie und des Kohlendeputats nachstehende Leistungen zu erbringen:

a) einen Betrag von S 17.000,--, der in Raten von S 5.000,-- mit dem Maientgelt 1996

von S 6.000,-- mit dem Novemberentgelt 1996 und

von S 6.000,-- mit dem Märzentgelt 1997

zu bezahlen ist;

b) eine monatliche Zulage zum Lohn ab im Betrage von

S 500,-- brutto, die den Ist-Lohnerhöhungen unterliegt.

2) Endet ein Dienstverhältnis eines(r) Lohnempfängers/in vor Fälligkeit der einzelnen Beträge, so stehen die Restbeträge bei gerechtfertigter Entlassung, ungerechtfertigtem Austritt und Kündigung durch den Arbeitnehmer (mit Ausnahme einer unverschuldeten Kündigung und Pensionierung) nicht zu.

3) Mit diesem Vergleich sind sämtliche Ansprüche der Lohnempfänger/innen aus der Produktionsprämie und dem Kohlendeputat auch für die Zukunft bereinigt und verglichen.

4) Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

5) Dieser Vergleich erlangt Rechtswirksamkeit, wenn er nicht mittels Schriftsatz von einer der Parteien, zur Post gegeben bis spätestens , widerrufen wird."

Daraufhin erließ der Kostenbeamte des Landesgerichtes Leoben am einen Zahlungsauftrag und forderte vom beschwerdeführenden Betriebsrat ausgehend von der Tatsache, daß in der Klage die Anzahl der Dienstnehmer mit 63 bezeichnet war, Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von S 67.620,-- zuzüglich S 100,-- Einhebungsgebühr an.

Die belangte Behörde gab dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag keine Folge und vertrat die Auffassung, durch den abgeschlossenen Vergleich sei (ungeachtet der Frage, ob ein solcher Vergleichsabschluß überhaupt zulässig war) eine Erweiterung des Streitgegenstandes erfolgt. Auszugehen sei von der in der Klage genannten Anzahl der Dienstnehmer.

Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gebührenfreiheit verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Wird jedoch der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

§ 54 Abs. 1 ASGG bestimmt:

"(1) In Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 1 können die parteifähigen Organe der Arbeitnehmerschaft im Rahmen ihres Wirkungsbereiches sowie der jeweilige Arbeitgeber auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen, die mindestens drei Arbeitnehmer ihres Betriebes oder Unternehmens betreffen, klagen oder geklagt werden. ..."

Gemäß Abs. 5 der letztgenannten Gesetzesstelle können Feststellungsklagen nach Abs. 1 auch dann erhoben werden, wenn der Berechtigte eine Leistungsklage erheben könnte.

§ 7 Abs. 3 GEG lautet:

"(3) Dem Berichtigungsantrag kann der Kostenbeamte selbst stattgeben, wenn es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt. In allen übrigen Fällen entscheidet der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz, wenn aber der Zahlungsauftrag von einem Oberlandesgericht erlassen wurde, der Präsident dieses Gerichtshofes im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid. Er ist an die gestellten Anträge nicht gebunden, sondern kann den Zahlungsauftrag auch zum Nachteil des Zahlungspflichtigen ändern. In Fragen von grundsätzlicher Bedeutung kann er die Akten dem Bundesministerium für Justiz zur Entscheidung vorlegen. Dieses kann unrichtige Entscheidungen über Gebühren und Kosten innerhalb der Verjährungsfrist (§ 8) auch von Amts wegen aufheben oder abändern."

Die Klage nach § 54 Abs. 1 ASGG ist ein nach seinem Schutzzweck den sogenannten Verbandsklagen verwandtes Instrument (vgl. Gamerith, Die besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG, DRdA 1988, 303ff, 305), mit der Rechtsnatur einer Feststellungsklage iS des § 228 ZPO (Gamerith a.a.O. 307), allerdings ohne Subsidiarität gegenüber der Leistungsklage eines der materiell Betroffenen (§ 54 Abs. 5 ASGG; Gamerith a.a.O. 308 und 315). Die Urteilswirkungen in einem Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 ASGG erstrecken sich nur auf die Prozeßparteien (also den Arbeitgeber und das betreffende Organ der Arbeitnehmerschaft), nicht aber auf die einzelnen Arbeitnehmer. Beachtet z.B. ein Arbeitgeber ein positives Feststellungsurteil nicht, so müßten die einzelnen Arbeitnehmr zur Durchsetzung ihrer Ansprüche Leistungsklagen erheben (Gamerith a.a.O. 310).

Gegenüber dem oben dargestellten, mit der Klage nach § 54 Abs. 1 ASGG erhobenen Feststellungsbegehren, wurde im vorliegenden Fall im Wege des am geschlossenen Vergleiches in Gestalt einer Vereinbarung zugunsten Dritter (nämlich der in der Klage mit der Anzahl 63 bezeichneten Arbeitnehmer der beklagten Partei) ein konkreter Leistungsanspruch begründet, der gegenüber dem (im Falle einer klagsstattgebenden Urteilsfällung) nur zwischen den Prozeßparteien wirksamen Feststellungsspruch als höherwertig anzusehen ist, wobei es für die Frage der Gerichtsgebührenpflicht nicht darauf ankommt, ob mit dem abgeschlossenen Vergleich auch ein vollstreckbarer Titel geschaffen wird oder nicht (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5, unter E 18 Abs. 3 zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur). Demgegenüber muß das Argument der Beschwerde scheitern, der abgeschlossene Vergleich sei nicht durchsetzbar und entfalte nur deklarative Wirkung. Insoweit der Beschwerdeführer vermeint, auch die Wirkungen des Vergleiches erstreckten sich nur auf die vergleichschließenden Prozeßparteien, ist ihm zu entgegnen, daß dem einerseits nicht so ist (weil die - jedenfalls bestimmbaren - Arbeitnehmer der beklagten Partei im Vergleich ausdrücklich als Berechtigte der im Vergleich vereinbarten Leistungen genannt sind) und daß andererseits der Vergleich auch dann, wenn er nur einen sogenannten unechten Vertrag zugunsten Dritter, also eine Vereinbarung der vergleichschließenden Streitteile auf Leistung an Dritte (nämlich die Arbeitnehmer) darstellte, eine Erweiterung des Klagebegehrens bewirkte, weil es dafür allein auf die Frage ankommt, zu welchen Leistungen sich die vergleichschließenden Prozeßparteien verpflichten (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher a.a.O. unter E 25 zu § 18 GGG angeführte hg. Judikatur), nicht aber darauf, wer aus der vergleichsweise übernommenen Verpflichtung forderungsberechtigt bzw. begünstigt ist.

Was die Frage der Berechnung der Pauschalgebühr der Höhe nach anlangt, ist maßgeblich, daß die Beschwerde der Feststellung, wonach die Klage die Zahl der Dienstnehmer mit 63 bezeichnet hat, nicht entgegentritt. Demzufolge erweist sich auch die vom angefochtenen Bescheid durchgeführte Berechnung als richtig, weil auch diesbezüglich an den mit der Klage geschaffenen formalen äußeren Tatbestand anzuknüpfen war und nicht an das vom beschwerdeführenden Betriebsrat erst im Rahmen des Berichtigungsbegehrens vorgetragene Argument, in der Folge hätten nur 55 von 60 Arbeitnehmern nach dem Abschluß des in Rede stehenden Vergleiches einzelvertragliche Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber geschlossen, um den Konflikt tatsächlich zu bereinigen.

Schließlich rügt die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde im Hinblick auf § 7 Abs. 3 GEG die Sache dem Bundesministerium für Justiz zur Entscheidung vorlegen hätte müssen, weil es sich um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung handle. Dazu ist der beschwerdeführende Betriebsrat darauf hinzuweisen, daß die zitierte Gesetzesstelle betreffend die Vorlage von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung an das Bundesministerium für Justiz nur eine sog. "Kannbestimmung" darstellt und daß die Unterlassung einer solchen Vorlage durch die an sich zur Entscheidung berufene Behörde (im vorliegenden Fall durch den Präsidenten des Landesgerichtes) deren Entscheidung weder mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit noch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belasten kann.

Sohin ergab sich insgesamt bereits aus dem Inhalt der Beschwerde, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.