VwGH vom 09.07.1997, 95/13/0038

VwGH vom 09.07.1997, 95/13/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom , Zl. 6/3-3371/94-01, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Rechtsanwalt setzte in einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für 1992 "Anbahnungsspesen" in Höhe von S 18.349,55 als Betriebsausgaben ab. Das Finanzamt anerkannte diesen Aufwand bei der Festsetzung der Einkommensteuer für dieses Jahr nicht als Betriebsausgaben; die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge wurden bei der Ermittlung der Umsatzsteuer für 1992 gleichfalls nicht berücksichtigt.

In der Berufung gegen den Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid für 1992 wurde ausgeführt, es handle sich bei diesen Aufwendungen um Ausgaben für die Bewirtung von Mandanten bzw. potentiellen Mandanten. Da ein beträchtlicher Teil der Tätigkeit des Beschwerdeführers auf das Spezialgebiet des Speditions- und Transportrechts falle, sei es für die Betreuung bestehender Mandate bzw. zur Erlangung neuer Mandate unumgänglich notwendig, die entsprechenden Kontakte zu den Rechtsabteilungen von Speditionsfirmen aufrechtzuerhalten. Der Nichtabzugsfähigkeit der Ausgaben für die eigene Konsumation sei insoferne Rechnung getragen worden, als lediglich 50 % der gesamten aufgezeichneten Ausgaben als Betriebsausgaben geltend gemacht worden sei.

Im Berufungsverfahren legte der Beschwerdeführer Kopien der Belege über die in Rede stehenden Aufwendungen vor. Dabei handelte es sich überwiegend um - regelmäßig mit einem Namen eines Gastes versehene - Rechnungen von Restaurants. Eine Rechnung vom trug den Vermerk "Weinachtsfeier". Einige im Dezember 1992 ausgestellte Belege waren mit dem Vermerk "Weihnachtsgeschenke" versehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Sachverhaltsteil der Begründung führte die belangte Behörde aus:

"Der Berufungswerber (Bw.) ist Rechtsanwalt. Strittig ist die Anerkennung von Bewirtungsspesen und Weihnachtsgeschenken als Betriebsausgaben.

Auf den dieser Entscheidung zugrunde liegenden und dem Bw. bekannten Akteninhalt wird verwiesen:


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1.)
Umsatz- und Einkommensteuererklärung 1992 samt Beilagen
2.)
Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 1992 vom
3.)
Berufung vom
4.)
Schreiben des Finanzamtes vom
5.)
Berufungsvorentscheidung vom
6.)
Vorlageantrag vom samt Beilagen"

Im Erwägungsteil vertrat die belangte Behörde - abgesehen von Zitaten aus Literatur und Rechtsprechung - die Auffassung, bei Gelegenheitsgeschenken mit Werbeeffekt könne es sich nur um solche handeln, die aus dem Produktionsbereich des Abgabepflichtigen stammten. Dies könne bei einem Rechtsanwalt nicht vorkommen. Hinsichtlich der Bewirtungsspesen sei ein Werbezweck nicht nachgewiesen worden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinem Erkenntnis vom , 94/13/0200, unter Hinweis auf zahlreiche Vorjudikatur festgestellt hat, muß die Begründung eines Abgabenbescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Als zentrales Begründungselement hat dabei der Bescheid eine zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung zu enthalten. Eine solche Darstellung kann nicht durch einen bloßen Hinweis auf den Akteninhalt ersetzt werden. Auch im nunmehrigen Beschwerdefall - der angefochtene Bescheid wurde vom selben Berufungssenat wie der im zuletzt angeführten Beschwerdefall aufgehobene Bescheid erlassen - fehlt eine solche Sachverhaltsdarstellung völlig. Die belangte Behörde unterließ es aber auch, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren substantiiert auseinanderzusetzen. Zu den vom Beschwerdeführer mit dem "Vorlageantrag" vorgelegten Beweismitteln hat sich die belangte Behörde in keiner Weise geäußert. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist damit dermaßen mangelhaft, daß seine Übereinstimmung mit dem Gesetz nicht geprüft werden kann. Überdies hat es die belangte Behörde aber auch unterlassen, vorerst überhaupt den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, da mehrere der vom Beschwerdeführer vorgelegten Belege - nämlich jene über eine "Weihnachtsfeier" und über "Weihnachtsgeschenke" - mit seinem Vorbringen, der geltend gemachte Betrag sei für die Bewirtung von Geschäftsfreunden angefallen, nicht im Einklang steht.

Die belangte Behörde hat somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Da der Verwaltungsgerichtshof wesentliche Mängel des Verwaltungsverfahrens auch ohne Antrag in der Beschwerde wahrzunehmen hat (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 591, und die dort angeführte Rechtsprechung), war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.