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VwGH vom 17.09.1997, 95/13/0034

VwGH vom 17.09.1997, 95/13/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien VIII, Laudongasse 25/6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat Ia, vom , Zl. 6/1-1176/93-02, betreffend Einkommensteuer 1986 bis 1991 sowie Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1993 und Folgejahre, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1912 geborene Beschwerdeführer bezog in den Streitjahren eine Pension von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten. Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift war er neben einem Angestelltenverhältnis seit dem Jahre 1945 schriftstellerisch, und zwar im wesentlichen als Lyriker, tätig gewesen.

Wie unter anderem einer Eingabe des Beschwerdeführers vom zu entnehmen ist, erhielt er in den Streitjahren neben der genannten Pension Zuwendungen aus dem Sozialfonds der Verwertungsgesellschaft "Staatlich genehmigte Literarische Verwertungsgesellschaft (L.V.G.) registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung" (in der Folge: LVG).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wertete die belangte Behörde die Zuwendungen seitens der LVG als im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit zugeflossene (Betriebs)Einnahmen, während der Beschwerdeführer der Auffassung war, die Zuwendungen unterlägen nicht der Einkommensteuer. Im Hinblick auf die Pensionseinkünfte des Beschwerdeführers, die deutlich über den Mindestpensionen i. S.d. der Richtwerte des § 293 Abs. 1 ASVG gelegen seien, vertrat die belangte Behörde überdies die Ansicht, daß eine Steuerfreiheit der Zuwendungen wegen Hilfsbedürfigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben sei.

Entgegen der Auffassung der Abgabenbehörde erster Instanz stand nach Meinung der belangten Behörde auch ein ermäßigter Steuersatz im Sinne des § 37 EStG 1972 bzw. 1988 nicht zu.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Richtlinien des Sozialfonds der Verwertungsgesellschaft LVG lauten auszugsweise (vgl. Dittrich, Urheberrecht2, 909 ff):

"Allgemeine Bedingungen

1. Die LVG verwaltet einen Sozialfonds, der aus Mitteln des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport finanziert wird. Diesem obliegt die Unterstützung von Schriftstellern und Übersetzern. Er verfolgt diesen Zweck sowohl durch einmalige, als auch durch wiederkehrende Leistungen an Personen (Punkt 2 bis 9) und allgemeine Maßnahmen zugunsten des begünstigten Personenkreises (Punkt 10).

Die Bemessung von Leistungen an Personen erfolgt unter Bedachtnahme auf deren Sorgepflichten und auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Leistungswerbers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen.

2. Leistungen können an Personen erbracht werden, die

a) einen beträchtlichen Teil ihres Lebens als Autoren oder Übersetzer urheberrechtlich geschützter Werke, die in Form von Büchern oder diesen gleichzustellenden Publikationsformen (z.B. Theateraufführungen, Fernsehspielen, Hörspielen, Drehbüchern) veröffentlicht worden sind, tätig waren, und an deren Hinterbliebene oder

b) die ungeachtet der zeitlichen Dauer ihrer schriftstellerischen Tätigkeit durch ihr schriftstellerisches Werk einen erheblichen Beitrag zur österreichischen Gegenwartsliteratur geleistet haben, und an deren Hinterbliebene.

...

Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung

5. Voraussetzung für die Gewährung eines Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuschusses ist, daß das monatliche Einkommen des Leistungswerbers den zweieinhalbfachen Betrag des für ihn in Betracht kommenden Richtsatzes der Ausgleichszulage nach § 293 Abs. 1 ASVG nicht übersteigt; hinsichtlich der Ermittlung des Einkommens sind die Bestimmungen über das Nettoeinkommen und die über die Unterhaltsansprüche der §§ 292 ff ASVG entsprechend anzuwenden.

Weitere Voraussetzung ist

a) im Fall der Altersversorgung, daß der Leistungswerber das 60. Lebensjahr vollendet hat,

b) im Fall der Berufsunfähigkeitsversorgung, daß der Leistungswerber vorübergehend oder dauernd unfähig ist, regelmäßig einem zumutbaren Erwerb nachzugehen,

c) im Fall der Hinterbliebenenversorgung, daß der Verstorbene die Voraussetzungen gemäß Punkt 2 und 4 erfüllt hat oder Alters- oder Berufsunfähigkeitszuschüsse aus den Sozialfonds erhalten hat; im Fall der Witwenversorgung überdies, daß die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Verstorbenen geschlossen worden ist, es sei denn, daß der Altersunterschied zwischen ihm und der Witwe weniger als 30 Jahre beträgt oder daß der Ehe Kinder entstammmen; ferner, daß der Witwe keine eigene Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann.

6. Der Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuschuß darf zusammen mit dem übrigen Einkommen den zweieinhalbfachen Betrag des für den Leistungswerber in Betracht kommenden Richtsatzes der Ausgleichszulage nach § 293 Abs. 1 ASVG nicht übersteigen.

Soweit die Mittel des Sozialfonds es zulassen, erhält der Leistungswerber, dessen monatliches Einkommen den eineinhalbfachen Betrag des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 ASVG übersteigt, einen Zuschuß in der maximalen Höhe des einfachen Betrages des Richtsatzes, wobei die Summe aus monatlichem Einkommen und Zuschuß der LVG den Betrag der Höchstpension gemäß ASVG nicht überschreiten darf. Bei Ehepaaren wird diese Obergrenze (Höchstpension gemäß ASVG) um 15 % erhöht.

...

Aufsichtsrecht des Bundes

20. Die LVG ist verpflichtet, über die Abwicklung der Verteilung mindestens einmal jährlich an das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport zu berichten. Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport steht das Recht der Bucheinsicht zu.

21. Der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport, behält sich die Rückforderung zweckwidrig verwendeter Mittel gegenüber der LVG vor, wobei derartige Beträge vom Tage der Auszahlung an mit 3 vom Hundert über dem jeweils geltenden Zinsfuß für Eskontierungen der Oesterreichischen Nationalbank pro Jahr zu verzinsen sind."

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß der Beschwerdeführer in der Vergangenheit als Schriftsteller - wenn auch geringfügige - Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt hat. Nach Auffassung der belangten Behörde sind die in Rede stehenden Zuwendungen seitens des Sozialfonds der LVG im Zusammenhang mit dieser schriftstellerischen Tätigkeit geleistet worden. Zufolge der ergänzenden Zurechnungsvorschrift des § 32 EStG 1972 bzw. 1988 ordnete die Behörde diese Zuwendungen den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu.

Die dabei vom Beschwerdeführer zunächst vertretene Auffassung, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit setzten einen "Entgeltcharakter" der Zuwendung, wenn auch im weitesten Sinn, voraus, trifft so nicht zu. Eine Einnahme liegt nach der - auch für die Auslegung des Betriebseinnahmenbegriffes heranzuziehenden - Begriffsbestimmung des § 15 Abs. 1 EStG vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der in Betracht kommenden Einkunftsart zufließen. Eine Betriebseinnahme liegt schon dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Betriebes durch diesen veranlaßte geldwerte Vorteile zufließen, wobei auch ein bloß mittelbarer Zusammenhang genügt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/13/0261, m. w.H.). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist demgegenüber ein Merkmal der Entgeltlichkeit für den Begriff einer Betriebseinnahme nicht erforderlich. So liegen insbesondere auch Betriebseinnahmen vor, wenn ein Steuerpflichtiger unmittelbar oder mittelbar Zuwendungen von einem Geschäftspartner erhält, die über bloße Aufmerksamkeiten hinausgehen (vgl. z.B. Doralt, EStG3, § 4 Tz 222). Auch eine Subvention, die nicht als unmittelbares Entgelt für eine bestimmte Leistung hingegeben wird, sondern die der Steuerpflichtige aus betrieblichem Anlaß als Zuschuß erhält, stellt eine Betriebseinnahme dar (vgl. das Erkenntnis vom , 90/14/0034). Nichts anderes kann aber auch für die dem Beschwerdeführer in einem kausalen Zusammenhang mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit zugeflossenen Leistungen des genannten Sozialfonds gelten. Eine solche Auslegung des Betriebseinnahmenbegriffes ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, da aus § 25 Abs. 1 EStG 1972 und 1988 - im Zusammenhalt mit der Klarstellung im Abs. 2 dieser Gesetzesstellen - ersichtlich ist, daß der Gesetzgeber jede Form eines Ruhe- oder Versorgungsbezuges im weiteren Sinne der Steuer unterwerfen wollte.

Auch die Auffassung des Beschwerdeführers, § 32 Z. 2 EStG 1972 bzw. 1988 habe nur (spätere) Einkünfte aus konkreten Leistungen im Auge, ist unzutreffend: Werden nämlich von einem Steuerpflichtigen (im Rahmen einer hiefür in Betracht kommenden Einkunftsart) konkrete Leistungen erbracht, so handelt es sich begrifflich nicht um eine "ehemalige betriebliche Tätigkeit", sondern um eine aktuelle, der jeweiligen Einkunftsart zuzuordnende Tätigkeit, sodaß schon begrifflich eine Beurteilung anhand der klarstellenden Bestimmung des § 32 Z. 2 EStG nicht in Betracht kommt.

Der Beschwerdeführer meint weiters, selbst im Falle, daß die in Rede stehenden Zuwendungen unter die Einkünfte aus selbständiger Arbeit fallen, sei die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 5 lit. a EStG 1972 bzw. § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 auf diese Einkünfte anzuwenden. Nach diesen Bestimmungen sind Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung wegen Hilfsbedürftigkeit steuerfrei. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übersehen dabei, daß schon das Tatbestandsmerkmal von Bezügen aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung im Beschwerdefall nicht gegeben ist. Als Leistende im Sinne der genannten Befreiungsbestimmungen kommen nur Körperschaften des öffentlichen Rechts in Betracht. Auch Unternehmungen, die im Eigentum öffentlich-rechtlicher Körperschaften stehen, haben keine "öffentlichen Mittel" (vgl. z.B. Hofstätter/Reichel/ Fellner/Fuchs/Zorn, Einkommensteuer-Kommentar, § 3 EStG 1988, Tz 6.1). Im Beschwerdefall wurden die Bezüge aber von einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung, also eine Vereinigung des privaten Rechtes, geleistet, wobei dem Umstand, daß die Mittel der Genossenschaft ihrerseits vorwiegend aus Zuschüssen des Bundes zukommen, keine Bedeutung beizumessen ist.

Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch zu Recht das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales, daß die Bezüge wegen "wirtschaftlicher" Hilfsbedürfigkeit gewährt werden, verneint:

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers obliegt dabei die Beurteilung der Frage, ob eine Hilfsbedürfigkeit im Sinne der abgabenrechtlichen Bestimmungen vorliegt, den Abgabenbehörden. Eine solche Hilfsbedürftigkeit liegt vor, wenn weder Einkommen noch Vermögen des Steuerpflichtigen noch beides zusammen ausreichen, um seinen notwendigen Lebensunterhalt zu gewährleisten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0203, m. w.H.). Zutreffend hat die belangte Behörde im Beschwerdefall auf die Einkünfte aus einer Pension seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten hingewiesen, wonach eine derartige Hilfsbedürftigkeit des Beschwerdeführers nicht vorlag. Soweit aber eine sogenannte "gesundheitlich bedingte" Hilfsbedürfigkeit des Beschwerdeführers geltend gemacht wurde, ist die belangte Behörde gleichfalls zutreffend davon ausgegangen, daß in den Leistungen der LVG ein Bezug wegen derartiger Hilfsbedürfigkeit überhaupt nicht vorgesehen ist.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich rügt, daß die belangte Behörde hinsichtlich der Jahre 1986 bis 1988 nicht die Steuerermäßigung gemäß § 37 Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 4 EStG 1972 für Einkünfte aus der Verwertung selbstgeschaffener literarischer Urheberrechte angewendet hat, so zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deswegen nicht auf, weil selbst in der Beschwerde sachverhaltsbezogen nicht behauptet wird, daß es sich bei den in Rede stehenden Zuwendungen um solche aus der Verwertung von Urheberrechten gehandelt habe.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.