VwGH vom 25.02.2004, 2001/09/0180
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Gerhard Renner und Dr. Gerd Höllerl, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Mariahilferstraße 76/10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/26/210/1998/10, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk) vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber in Wien am in einer näher bezeichneten Wohnung in Wien fünf namentlich genannte Ausländer mit Renovierungsarbeiten (Bauschutt beseitigen) beschäftigt, obwohl für diese fünf Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe § 28 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, idF BGBl. Nr. 257/1995, zuletzt geändert durch das Antimissbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, Art. I und das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, Art. 32 (AuslBG), verletzt. Er wurde mit fünf Geldstrafen zu je S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je vier Tagen) und Kostenersatz bestraft.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage keine Folge gegeben, in der Straffrage insofern, als die Geldstrafen auf je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe auf je zwei Tage) herabgesetzt wurden. Der Kostenersatz für das erstinstanzliche Verfahren wurde entsprechend reduziert und gemäß § 65 VStG wurde dem Beschwerdeführer kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Hinweis auf die durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlungen vor der belangten Behörde am und am und Hinweis auf die Verlesung des Inhaltes des Parallelaktes UVS-06/V/42/17/1998 samt Beilagen, führte die belangte Behörde nach Darstellung der wesentlichen Rechtslage begründend aus, dass die Feststellung im Parallelverfahren nach dem ASVG, dass nicht der Beschwerdeführer, sondern N.K. die Arbeiter eingestellt habe, den Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren nicht entlasten könne. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, einen Auftrag an eine Firma P glaubhaft zu machen, geschweige denn zu beweisen. Im Parallelverfahren sei dieses Unternehmen dem Zeugen P.K., bei dem es sich immerhin um den Sohn des angeblichen Werkunternehmens gehandelt habe, gänzlich unbekannt gewesen. Auch habe der Beschwerdeführer eingeräumt, die Arbeiter selbst bezahlt zu haben und seien deren Namen dem Zeugen P.K. gänzlich unbekannt gewesen. Mit Fax vom habe das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten mitgeteilt, dass für die genannten Ausländer keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorgelegen sei. Es werde daher als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich aller im Straferkenntnis genannten Ausländer Arbeitgeber im Sinne des AuslBG gewesen sei und das Straferkenntnis daher in seinem Schuldspruch zu bestätigen gewesen sei. Grundsätzlich schädige jede Verletzung der zwingenden Bestimmungen des AuslBG in erheblichem Ausmaß staatliche und privatwirtschaftliche Interessen, da sie eine Verzerrung des Wettbewerbs und des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitskräfteangebotes bewirkten, Lohndumping und die Hinterziehung von Steuern und Abgaben ermöglichten und den primären Zugang inländischer Arbeitskräfte und eine generelle Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt verhinderten. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat könne daher nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden führe. Die Herabsetzung der Strafe sei im Hinblick auf die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers erfolgt, sowie im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die Arbeiter nicht im gewerblichen Bereich, sondern zur Renovierung der eigenen Wohnung, somit ohne dauernde Gewinnabsichten, eingesetzt habe. Sowohl der Unrechtsgehalt der Taten als auch die Wiederholungsgefahr erschienen daher erheblich geringer als bei der typischen Tatbildverwirklichung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. Nr. 895/1995, lauten wie folgt:
"§ 2. ...
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern
die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger
Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der
Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
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d) | nach den Bestimmungen des § 18 oder | |||||||||
e) | überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. | |||||||||
... |
§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
...
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. wer
a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 oder 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und § 4c) ausgestellt wurde, ...
...
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S;
..."
Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde unbestritten, dass die genannten Ausländer in der gegenständlichen Wohnung Arbeiten durchgeführt haben, die ihm zu Gute gekommen sind, weiters auch, dass sie nicht im Besitz von gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG erforderlichen Papieren gewesen sind. Er führt jedoch aus, dass seine Einvernahme in der Berufungsverhandlung zur Ermittlung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes notwendig gewesen wäre, und dass er persönlich hätte geladen werden müssen. Es sei im vorliegenden Fall Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs. 3 VStG eingetreten, die dreijährige Frist dieser Bestimmung sei am abgelaufen. Der angefochtene Bescheid sei zwar in der Verhandlung am mündlich verkündet worden, doch sei der Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung nicht ordnungsgemäß geladen worden, da er zu dieser ebenso wie zu den vorangehenden Verhandlungen am und am nicht persönlich geladen worden sei, sondern es seien die Ladungen ausschließlich zu Handen seines ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreters per Rsb-Brief zugestellt worden. Der gewillkürte Vertreter des Beschwerdeführers könne auch nicht wirksam auf die Ladung des Beschwerdeführers zur mündlichen Berufungsverhandlung verzichten, da das Recht des Beschwerdeführers auf Ladung und Einvernahme in der Berufungsverhandlung ein höchstpersönliches Recht sei. Deshalb habe die mündliche Verkündung in seiner Abwesenheit nicht ausgereicht, um den Eintritt der Strafbarkeitsverjährung auszuschließen. Die schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides sei am seinen rechtsfreundlichen Vertretern zugestellt worden. Die Fällung des angefochtenen Bescheides sei daher zu Folge eingetretener Strafbarkeitsverjährung unzulässig gewesen.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eine Ladung zu einer mündlichen Verhandlung an den Vertreter nicht zulässig sei, sondern er selbst höchstpersönlich zu laden sei, steht jedoch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach Ladungsbescheide grundsätzlich gemäß § 9 ZustellG dem Parteienvertreter zuzustellen sind, weil eine allgemeine, einem berufsmäßigen Parteienvertreter erteilte Vertretungsvollmacht im Allgemeinen, d.h. wenn nicht der Empfang von Schriftstücken ausdrücklich ausgeschlossen wurde, die Zustellungsbevollmächtigung einschließt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0182, und die dortigen Hinweise, v.a. auch auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2253/63, VwSlg. 6634 A/1965). Dass der Empfang von Schriftstücken im gegenständlichen Fall ausgeschlossen wurde, hat der Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebracht und ist auch dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.
Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, dass der von seinem gewillkürten Vertreter in der Berufungsverhandlung vom abgegebene Ladungsverzicht nur den gewillkürten Vertreter binde, nicht jedoch den Beschwerdeführer, da der Vertreter auf das höchstpersönliche Recht des Beschwerdeführers zur Ladung und Einvernahme in der Berufungsverhandlung nicht mit Wirkung gegen den Beschwerdeführer verzichten könne, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil der Beschwerdeführer seine Einvernahme vor der belangten Behörde gar nicht beantragt hatte und daher seine persönliche Ladung nicht erforderlich war.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der behaupteten Strafbarkeitsverjährung wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach die Verjährungsfristen des § 31 Abs. 3 VStG durch die mündliche Verkündung eines Bescheides auch in Abwesenheit der Parteien gewahrt werden, sofern die Parteien ordnungsgemäß geladen waren. Im Fall der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses ist der Zeitpunkt der Zustellung von dessen Ausfertigung für den Ablauf der in § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG genannten Frist ohne Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0061, m.w.N.). Im Übrigen erfolgte die Verkündung des angefochtenen Bescheides in Anwesenheit des Vertreters des Beschwerdeführers und waren auch dem Beschwerdeführer selbst beide Verhandlungstermine bekannt, er hat sich nach der Aktenlage für beide selbst mittels Telefax entschuldigt. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Strafbarkeitsverjährung liegt somit nicht vor.
Mit dem Vorbringen, er habe den Ausländern für ihre Arbeit kein Entgelt bezahlt, kann der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Daraus folgt nicht, dass er die Ausländer nicht gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG beschäftigt habe. Auch der Umstand, dass das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 111 iVm 11 ASVG vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien mit Erkenntnis vom eingestellt wurde, lässt den angefochtenen Bescheid aus demselben Grund nicht rechtswidrig erscheinen.
Hinsichtlich der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die Beschäftigung der Ausländer im Grunde des § 2 Abs. 2 AuslBG zu verantworten, ist darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung sind aber nicht aufgekommen.
Auch die Strafbemessung ist nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am