VwGH vom 23.05.1996, 92/15/0036
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des Dr. W in Z, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat I, vom , 83-GA3BK-DLei/90, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 12.860 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der im Streitjahr ein Einkommen gemäß § 2 Abs 2 EStG 1972 von rund 1,9 Mio S bezog, machte aus dem Titel der Hingabe einer Heiratsausstattung an seinen seit dem verheirateten Sohn einen Betrag von insgesamt 250.000 S als außergewöhnliche Belastung geltend. Zum Beweis der Übergabe des Geldbetrages legte der Beschwerdeführer eine dementsprechede Bestätigung des Sohnes vor.
Das Finanzamt hielt dem Beschwerdeführer vor, es genüge nicht, eine Bestätigung über die Hingabe einer Heiratsausstattung vorzulegen. Vielmehr müsse zwecks Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung aus dem Titel der Hingabe einer Heiratsausstattung der Geldfluß belegt werden, wobei ersichtlich sein müsse, der hingegebene Betrag sei aus dem laufenden Einkommen geleistet worden.
In Beantwortung des Vorhaltes gab der Beschwerdeführer bekannt, er habe dem Sohn am einen Betrag von 60.000 S übergeben, wovon 50.000 S aus einer Abhebung von seinem Sparbuch stammten. Am habe er dem Sohn einen Betrag von 40.000 S übergeben, wovon 20.000 S aus einer Abhebung aus seinem Girokonto bei der S Sparkasse stammten. Am habe er dem Sohn einen Betrag von 50.000 S aus seinem Girokonto bei der Raiffeisenkasse U übergeben. Den Restbetrag von 100.000 S habe er dem Sohn am Hochzeitstag mittels Schecks auf sein Girokonto bei der Raiffeisenkasse Z übergeben. Die dementsprechenden Belege (Auszug aus dem Sparbuch, Auszug aus den Girokonten und eine Fotokopie des vom Sohn eingelösten Schecks) legte der Beschwerdeführer vor.
Das Finanzamt berücksichtigte eine außergewöhnliche Belastung aus dem Titel der Hingabe der Heiratsausstattung im wesentlichen mit der Begründung nicht, durch den bloßen Nachweis der Abhebung von Beträgen von dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Konten sei nicht dargetan, diese Beträge seien dem Sohn auch zugeflossen. Ein Nachweis über die Verwendung des insgesamt hingegebenen Betrages von 250.000 S durch den Sohn sei nicht erfolgt.
In der Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Meinung er sei zwar zur Hingabe einer Heiratsausstattung verpflichtet, habe jedoch auf deren Verwendung durch den Sohn keinen Einfluß. Er habe die Heiratsausstattung unmittelbar vor bzw anläßlich der Verehelichung des Sohnes aus seinem laufenden Einkommen hingegeben. Nur wenn kein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Verehelichung und der Hingabe einer Heiratsausstattung bestünde, sei die Abgabenbehörde - insbesondere beim behaupteten Erwerb von längerfristig zu beschaffenden Wirtschaftsgütern wie Einrichtungsgegenständen und Wohnung - berechtigt, einen Nachweis über die Verwendung des hingegebenen Betrages zu verlangen.
In der Berufungsvorentscheidung vertrat das Finanzamt die Ansicht, bei Barübergabe eines Betrages aus dem Titel der Hingabe einer Heiratsausstattung reiche eine schriftliche Bestätigung des Sohnes nicht aus. Vielmehr sei diesfalls der Geldfluß zumindest mittelbar, etwa durch Rechnungen über den Kauf von Einrichtungsgegenständen, Adaptierung oder Kauf einer Wohnung, Einzahlung auf ein Sparbuch des Sohnes etc zu dokumentieren. Mangels eines derartigen Nachweises könne eine außergewöhnliche Belastung aus dem Titel der Hingabe einer Heiratsausstattung nicht berücksichtigt werden.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies der Beschwerdeführer auf die von ihm bereits vorgelegten Belege hin, aus denen seiner Meinung nach ersichtlich sei, er habe dem Sohn einen Betrag von insgesamt 250.000 S übergeben. Es sei ihm nicht zuzumuten, vom im Zeitpunkt der Eheschließung 27-jährigen Sohn einen Nachweis zu verlangen, wie er den in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung hingegebenen Betrag verwendet habe.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid nahm die belangte Behörde als erwiesen an, der mittels Schecks am Hochzeitstag übergebene Betrag von 100.000 S sei dem Sohn tatsächlich zugeflossen, weil er diesen Scheck eingelöst habe. Hinsichtlich der kurz vorher übergebenen Beträge von insgesamt 150.000 S sei jedoch nicht erwiesen, diese seien dem Sohn tatsächlich zugeflossen. Diese Beträge seien zwar großteils von Konten des Beschwerdeführers abgebucht, dann jedoch bar übergeben worden. Die vorgelegte Bestätigung des Sohnes über den Empfang der gesamten Heiratsausstattung reiche nicht aus, einen Geldfluß von 250.000 S nachzuweisen. Vielmehr hätte der Beschwerdeführer etwa durch Rechnungen über erworbene Einrichtungsgegenstände zu dokumentieren gehabt, es seien Beträge von weiteren 150.000 S hingegeben worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer insofern in seinem Recht verletzt, als die belangte Behörde nicht den insgesamt hingegebenen Betrag von 250.000 S als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt habe. Unter teilweiser Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren macht er inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß die Heiratsausstattung aus dem laufenden Einkommen des Beschwerdeführers geleistet worden und der Höhe nach angemessen ist, weswegen sie grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1972 zu berücksichtigen ist. Strittig ist, ob die belangte Behörde zu Recht annehmen durfte, der Beschwerdeführer habe nur einen Geldfluß von 100.000 S, nicht jedoch einen weiteren von 150.000 S an den Sohn nachgewiesen.
Der Beschwerdeführer bekämpft somit die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese unterliegt der Prüfung durch den Verwaltungsgerichshof nur dahin, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 549). Hievon ausgehend hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Der dem zu entscheidenden Fall zugrunde liegende Sachverhalt wurde ausreichend erhoben und steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens außer Streit. Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Entscheidung - ohne diese zu zitieren - auf die hg Erkenntnisse vom , 87/14/0179, vom , 89/14/0173, und vom , 88/13/0195, gestützt. All diesen Erkenntnissen lag jedoch ein jeweils anderer Sachverhalt zugrunde. Im Fall des Erkenntnisses 87/14/0179 wurde das Heiratsgut mehr als ein Jahr vor der Verehelichung hingegeben. Die (damals) belangte Behörde war daher im Recht, wenn sie die Zwangsläufigkeit der VORZEITIGEN Hingabe des Heiratsgutes mangels Nachweises der Verwendung des hingegebenen Betrages verneint hat. Im vorliegenden Fall wurde die Heiratsausstattung unmittelbar vor bzw anläßlich der Verehelichung hingegeben. Ein Nachweis der für die Zwangsläufigkeit der VORZEITIGEN Hingabe sprechenden Umstände war daher nicht erforderlich. Im Fall des Erkenntnisses 89/14/0173 wurde die Hingabe des - im Verhältnis zum Einkommen der Mutter hohen - Heiratsgutes von der Tochter im nachhinein bestätigt und behauptet, das Heiratsgut sei nach Auflösung eines im Jahr der Verehelichung angelegten Sparbuches übergeben worden. Das Sparbuch sei nicht aufgehoben worden und könnten mangels Kenntnis der Kontonummer auch keine Abschriften mehr vorgelegt werden. Die (damals) belangte Behörde durfte daher zu Recht annehmen, daß das Heiratsgut nicht aus dem laufenden Einkommen stammte bzw auch nicht zu dem behaupteten Zeitpunkt, der kurz nach der Aufhebung des § 34 Abs 2 zweiter Satz EStG 1972 durch den Verfassungsgerichtshof lag, hingegeben wurde. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß die Hingabe der - im Verhältnis zum Einkommen des Beschwerdeführers geringen - Heiratsausstattung aus dem laufenden Einkommen erfolgt ist. Der Zeitpunkt der jeweiligen Abhebung eines Großteiles der Beträge von insgesamt 150.000 S von den Konten des Beschwerdeführers ist aktenkundig. Es widerspricht dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, daß ein gut verdienender Vater seinem Sohn nur eine Heiratsausstattung von etwas mehr als 5 % seines Einkommens hingibt, gegenüber der Abgabenbehörde aber im Einklang mit seinem Sohn, dem dies keineswegs zum Vorteil gereicht, behauptet, er habe eine solche von etwas mehr als 13 % seines Einkommens hingegeben, wobei feststeht, daß ein Großteil der bar übergebenen Beträge von verschiedenen Konten abgehoben wurde. Der Fall des Erkenntnisses 88/13/0195 ist dem Fall des Erkenntnisses 89/14/0173 ähnlich. Hier wurde behauptet, die hingegebene Heiratsausstattung von 150.000 S sei bei einem jährlichen Nettoverdienst von 310.000 S zu Hause angesammelt worden, wobei auf mögliche Zinsen großzügig verzichtet worden sei. Das im Beschwerdefall zum Erkenntnis 89/14/0173 Gesagte gilt sinngemäß.
Der belangten Behörde kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie zu dem Schluß gelangt ist, der Beschwerdeführer habe dem Sohn nur eine Heiratsausstattung von 100.000 S hingegeben.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich somit als unschlüssig, weswegen der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.