VwGH vom 18.04.1997, 97/16/0020

VwGH vom 18.04.1997, 97/16/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg vom , Zl. Jv 1709-33a/96, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift, ihrer Ergänzung und dem Inhalt der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war im Verfahren 7 Cga 2/96 v vor dem LG Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht beklagte Partei und hatte das gegen ihn ergangene Versäumungsurteil vom mit Berufung bekämpft. Dafür hatte er gemäß TP 2 GGG Pauschalgebühr in Höhe von S 10.600,-- entrichtet.

Über die Berufung wurde in der Folge aber nicht entschieden, weil die klagende Partei die Klage noch vor Zustellung der Berufung an sie unter Anspruchsverzicht wieder zurückgezogen hatte (§ 483 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Daraufhin begehrte der Beschwerdeführer die Rückzahlung der für die Berufung entrichteten Pauschalgebühr mit der Begründung, daß sich zufolge der Klagsrückziehung eine Entscheidung über die Berufung erübrigt habe.

Die belangte Behörde wies den Rückzahlungsantrag unter Hinweis auf Anm. 3 letzter Satz zu TP 2 GGG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß ihm die entrichtete Pauschalgebühr zumindest zum Teil (zwei Drittel bzw. zur Hälfte) zurückzuerstatten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Anm. 3 zur TP 2 GGG lautet:

"Die Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühr nach Tarifpost 2 wird dadurch nicht berührt, daß eine im Verfahren zweiter Instanz ergangene Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird. Die Gebührenpflicht erlischt auch dann nicht, wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden wird."

Die Beschwerde argumentiert damit, daß auf den Beschwerdefall (mit Rücksicht darauf, daß das Berufungsgericht gar nicht beansprucht worden und ein Gerichtsaufwand daher nicht entstanden sei) die Bestimmungen der Anm. 3 zur TP 1 GGG bzw. der Anm. 2 zur TP 3 leg. cit. analog anzuwenden seien.

Dabei übersieht die Beschwerde allerdings grundlegend, daß der Gebührentatbestand der TP 2 GGG in Gestalt der von der belangten Behörde angewendeten Vorschrift des 2. Satzes der Anm. 3 gerade zur Frage, daß über ein erhobenes Rechtsmittel vom Gericht zweiter Instanz (warum auch immer) gar nicht entschieden wird, eine spezielle Regelung enthält, die von den oben zitierten Bestimmungen, deren analoge Anwendung der Beschwerdeführer anstrebt, durchaus abweicht. Mit Rücksicht darauf, daß der Fall, daß über ein Rechtsmittel, welches gemäß § 2 Z. 1 lit. c GGG mit seiner Überreichung die Gebührenpflicht ausgelöst hat, in der Folge vom Gericht zweiter Instanz gar nicht entschieden wird, gemäß Satz 2 der Anm. 3 zu TP 2 GGG ausdrücklich kein Erlöschen der Gebührenpflicht bewirkt, ist das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit im Gesetz zu verneinen. Gerade diesen Fall hat ja der Gesetzgeber explicit geregelt. Damit fehlt es aber an der Grundvoraussetzung für den von der Beschwerde angestrebten Analogieschluß (vgl. z.B. F. Bydlinski in Rummel, ABGB I2 Rz 2 zu § 7 ABGB). Im Beschwerdefall hat somit die gemäß § 483 Abs. 3 Satz 2 ZPO zulässigerweise erfolgte Klagsrücknahme dazu geführt, daß die vom Beschwerdeführer gegen das wider ihn ergangene Versäumungsurteil erhobene Berufung in der Folge unerledigt blieb. Nach der dafür bestehenden zitierten Spezialvorschrift der Anm. 3 Satz 2 zu TP 2 GGG kann dies aber an der mit der Überreichung des Rechtsmittels begründeten Gebührenpflicht für die erhobene Berufung nichts mehr ändern.

Insoweit der Beschwerdeführer sich auf den Wortlaut des Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 2346/96-3, zu stützen sucht, ist darauf hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer angesprochene Passage aus dem Abs. 2 der Seite 2 des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes nur einen im Konjunktiv gehaltenen Stehsatz darstellt, der einerseits lediglich eine bedingte Aussage enthält (arg.: allenfalls) und der andererseits keine den Verwaltungsgerichtshof bindende Wirkung dahin erzeugen kann, daß der angefochtene Bescheid tatsächlich "grob rechtswidrig" ist. Dazu kommt, daß der Verfassungsgerichtshof z. B. selbst schon ausgesprochen hat, daß der Umstand, daß die Anmerkung zur TP 2 GGG keine Ermäßigung der Pauschalgebühr für den Fall der Rückziehung einer Berufung vorsieht (in welchem Fall über die Berufung ja auch nicht mehr entschieden werden muß) keinen Anlaß für die meritorische Behandlung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde darstellt (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 unter E 6 zur TP 2 GGG angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Mit Rücksicht auf die gegebene Rechtslage kann auch der erhobenen Verfahrensrüge (betreffend das Unterbleiben von Feststellungen im angefochtenen Bescheid über einzelne Aktenvorgänge nach der Klagsrücknahme) von vornherein kein Erfolg beschieden sein, weil - wie oben schon ausgeführt - die maßgebliche Gesetzesstelle die Gebührenpflicht ohne Rücksicht auf den Grund, warum über das Rechtsmittel nicht entschieden wurde, aufrecht erhält.

Somit ergab sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.