zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 06.02.1990, 89/04/0115

VwGH vom 06.02.1990, 89/04/0115

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte

Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes

von Tirol vom , Zl. IIa-20.350/2, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über Strafart und Strafausmaß sowie die Kosten des Strafverfahrens abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der "A-Ges.m.b.H. & Co KG" schuldig erkannt, daß durch die genannte Unternehmung in der Zeit vom bis in X, eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich der Gastbetrieb "Y", welche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 geeignet gewesen sei bzw. sei, die Nachbarn durch Lärm, welcher durch die Lüftungsanlage des Gastbetriebes hervorgerufen worden sei bzw. werde, zu belästigen, ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 betrieben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 begangen zu haben. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe 30 Tage) verhängt.

Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, in seiner Berufung bringe der Beschwerdeführer vor, daß er sich in Ansehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung in einer Notstandssituation befunden habe. Er hätte einer Bestrafung nur dadurch entgehen können, daß er den Gastgewerbebetrieb bis zur rechtskräftigen Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung schließe. Dies wäre allerdings für ihn und für alle Mitarbeiter existenzgefährdend bzw. existenzvernichtend. Der Beschwerdeführer habe weiters vorgebracht, daß auf Grund der Lärmmessungen, die im Zuge des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens durchgeführt worden seien, der Betrieb der Lüftungsanlage des Gastgewerbebetriebes keineswegs geeignet sei, die Nachbarn durch unzumutbaren Lärm zu belästigen. Deshalb habe auch der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck mit Bescheid vom die schon im Jahre 1983 beantragte gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erteilt. Aus diesem Grund sei es unbegreiflich, wenn der Betrieb des gegenständlichen Gastgewerbes eingestellt werden müßte, nur um die formelle Rechtskraft dieses im Jahre 1986 ergangenen Bescheides abzuwarten. Auch die vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführten Lärmmessungen hätten dasselbe Ergebnis gebracht. Daraus folge, daß es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung lediglich um ein sogenanntes "Formaldelikt" handle, weil der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid lediglich formell noch nicht rechtskräftig sei. Dies rechtfertige jedenfalls nicht die Verhängung der Höchststrafe. Diese Umstände hätten daher von der Erstbehörde auch als mildernde Umstände berücksichtigt werden müssen, weil auf Grund der Feststellung, daß die Lüftungsanlage technisch einwandfrei und ohne störenden Lärm arbeite, der Betrieb ohne formell rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung nur einen geringfügigen Verstoß darstelle. Der Beschwerdeführer habe im Nachhang zur Berufung den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom vorgelegt, mit dem die Betriebsanlagengenehmigung rechtskräftig erteilt worden sei. In einem weiteren Vorbringen habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, daß während des angenommenen Tatzeitraumes (1. Jänner bis ) die Betriebsanlagengenehmigung schon erteilt gewesen sei und auch schon rechtskräftig gewesen wäre, wenn über die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom in der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist von sechs Monaten entschieden worden wäre. Man sei gezwungen gewesen, sowohl einen Devolutionsantrag als auch eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu stellen, was nicht zu seinem Nachteil gereichen könne. Aus all dem ergebe sich auch, daß der Beginn der Verjährungsfrist fiktiv mit Ablauf von sechs Monaten ab Einbringung der Berufung gegen den erstbehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid berechnet werden könne, was ebenfalls zur Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens führen müßte. Auf Grund des von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie auf Grund der von der Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen stehe folgender Sachverhalt als erwiesen fest: Der Beschwerdeführer sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der "A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG". Diese Gesellschaft habe in der Zeit vom bis in X, eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich den Gastgewerbebetrieb "Y" betrieben. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom sei der genannten Gesellschaft die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Restaurantes erteilt worden. Dieser Betriebsanlagengenehmigungsbescheid sei in der Folge angefochten worden. In Stattgebung zweier Devolutionsanträge habe der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verbindung mit einem Augenschein mit Bescheid vom rechtskräftig die Betriebsanlagengenehmigung erteilt. Noch vor Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung habe B vor der Erstbehörde am eine Beschwerde über den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb vorgebracht, wobei er sich besonders über den von der Lüftungsanlage ausgehenden Lärm beklagt habe. Der Beschwerdeführer sei bereits dreimal wegen derselben wie im gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfenen Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft worden, und zwar

1. mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom für den Tatzeitraum vom bis zum mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzarreststrafe vier Tage), 2. mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom für den Tatzeitraum vom bis zum zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 18.000,-- (Ersatzarreststrafe 18 Tage) und 3. mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom für den Tatzeitraum vom bis zum zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzarreststrafe zwanzig Tage). Der Beschwerdeführer sei für seine Gattin und für zwei Kinder sorgepflichtig. Seine Einkommmens- und Vermögensverhältnisse hätten nicht erhoben werden können, weil er keine diesbezüglichen Angaben gemacht habe. Rechtlich sei der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen: Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner ständigen Judikatur festgestellt, daß die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage schon dann gegeben sei, wenn sie geeignet sei, die im Gesetz näher bezeichneten Immissionen hervorzurufen. Die Genehmigungspflicht sei daher schon dann gegeben, wenn solche Immissionen nicht auszuschließen seien. Bezüglich der gegenständlichen Betriebsanlage habe der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom , Zl. 82/04/0212, die Genehmigungspflicht festgestellt. An dieser theoretischen Eignung der gegenständlichen Betriebsanlage, Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 hervorzurufen, habe sich seither nichts geändert. Auch wenn der Beschwerdeführer vorbringe, die im Zuge des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens durchgeführten Lärmmessungen hätten keine unzumutbare Lärmbelästigung der Nachbarn erbracht, so ändere dies nichts an der grundsätzlichen Genehmigungspflicht der gegenständlichen Anlage. Die Tatsache, daß die Nachbarn durch den Betrieb nicht unzumutbar belästigt würden, sei eine Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung, hebe aber nicht die Genehmigungspflicht der gegenständlichen Betriebsanlage auf. Der Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage in dem dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatzeitraum sei nicht bestritten worden. Was das Nichtvorliegen der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung betreffe, so vertrete der Beschwerdeführer die Ansicht, daß eine solche vorgelegen sei, sie sei lediglich noch nicht in formelle Rechtskraft erwachsen. Diese Ansicht des Beschwerdeführers finde im Gesetz keine Deckung. Die "erforderliche Genehmigung" einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage im Sinne der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 liege erst dann vor, wenn die Rechtskraft des Genehmigungsbescheides eingetreten sei. Die Ansicht des Beschwerdeführers, die Betriebsanlagengenehmigung sei bereits mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom als erteilt anzusehen, sie sei jedoch nur nicht formell rechtskräftig, weil gegen diesen Bescheid Berufung erhoben worden sei, könne die Berufungsbehörde nicht teilen. Da gegen den erstinstanzlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid ein Nachbar Berufung erhoben habe, könne auch die Ausnahmebestimmung des § 78 Abs. 1 GewO 1973 nicht zur Anwendung gelangen. Hieraus ergebe sich, daß der Straftatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 in objektiver Hinsicht verwirklicht sei. Was die subjektive Tatseite betreffe, so habe die erste Instanz zutreffend festgestellt, daß im gegenständlichen Fall als Schuldform Vorsatz vorliege. Wie bereits ausgeführt, sei der Beschwerdeführer bereits dreimal wegen des Betriebes der gegenständlichen Betriebsanlage ohne die erforderliche Betriebsanlagenenehmigung rechtskräftig bestraft worden. Er habe demnach gewußt, daß der Betrieb der Anlage ohne Erlangung einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung einen Verwaltungsstraftatbestand darstelle. Der Betrieb der gegenständlichen Anlage in dem dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatzeitraum sei daher im Bewußtsein erfolgt, eine Verwaltungsübertretung zu begehen; das Betreiben sei daher vorsätzlich erfolgt. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, er habe sich in einer Notstandslage befunden, weil die Schließung des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes sowohl für ihn selbst als auch für seine Mitarbeiter existenzgefährdend wäre, so sei hiezu auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Zl. 84/04/0180, verwiesen. Demnach sei ein strafbefreiender Notstand nur dann gegeben, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung einer dem Beschuldigten unmittelbar drohenden Gefahr erfolge, die so groß sei, daß er sich im unwiderstehlichen Zwang befinde, eher die in Betracht kommende Vorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel über sich ergeben zu lassen. Eine derartige Notstandssituation erachte die Berufungsbehörde nicht als gegeben. Überdies müsse grundsätzlich darauf hingewiesen werden, daß man nicht gleichzeitig in gesetzwidriger Weise eine nicht genehmigte Betriebsanlage betreiben und die Strafbarkeit dann mit Notstandsgründen ausschließen könne. Wirtschaftliche Überlegungen rechtfertigten keine "Quasiumgehung" der Gesetze. Was die Strafbemessung betreffe, so sei im Hinblick auf § 19 Abs. 1 und 2 VStG 1950 auszuführen, daß der Unrechtsgehalt der Tat infolge des berechtigten Interesses der Nachbarn auf Schutz vor Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 sowie im Hinblick auf den langen Zeitraum des strafbaren Verhaltens als erheblich zu beurteilen. Bei der Strafbemessung seien die bisherigen drei einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers als erschwerend beurteilt worden. Mildernd sei dem nichts gegenübergestanden. Unter Berücksichtigung des Verschuldensausmaßes, des Grades des Unrechtsgehaltes der Tat sowie unter Berücksichtigung eines geschätzten monatlichen Einkommens des Beschwerdeführers in der Höhe von S 50.000,-- sei die Berufungsbehörde der Ansicht, daß die von der Erstbehörde verhängte Höchststrafe von S 30.000,-- zumutbar und angemessen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, wegen einer durch Notstand gerechfertigten Verwaltungsübertretung, deren Strafbarkeit überdies wegen Mangels an Tatbestand bzw. Verjährung nicht gegeben sei, nicht bestraft zu werden. Auch erachte er sich in dem Recht auf angemessene Bestrafung unter Berücksichtigung der mit der Tat verbundenen Schädigung bzw. Gefährdung der geschützten Interessen sowie der sonstigen nachteiligen Folgen verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, im angenommenen Tatzeitraum sei die Betriebsanlagengenehmigung schon erteilt gewesen. Der Bescheid vom sei nur formell noch nicht rechtskräftig gewesen, weil über die Berufung der C erst mit Berufungsbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom abgesprochen worden sei. Da die Betriebsanlagengenehmigung nur erteilt worden sei, weil die durchgeführten Lärmmessungen ergeben hätten, daß die Lüftungsanlage entgegen den Behauptungen des B keinen störenden Lärm erzeuge, hätte der Beschwerdeführer den Betrieb stillegen und die Belegschaft auf die Straße setzen müssen, nur weil die Berufungsbehörde nicht in der Lage gewesen sei, innerhalb eines halben Jahres über die Berufung zu entscheiden. Der Weiterbetrieb sei daher durch Notstand gerechtfertigt bzw. wegen fehlender Tatbildlichkeit überhaupt nicht strafbar. Auf jeden Fall könnte der Beginn der Verjährungsfrist fiktiv mit Ablauf von sechs Monaten ab Einbringung der Berufung der C gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom gerechnet werden. Im Zeitraum ab sei Mangel am Tatbestand bzw. ab Verjährung gegeben, denn die Einleitung des Strafverfahrens sei erst mit erfolgt. Vor allem aber werde das Berufungserkenntnis durch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und durch inhaltliche Rechtswidrigkeit belastet, weil die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von S 30.000,-- bestätigt worden sei, wobei sein Einkommen einfach mit S 50.000,-- monatlich "geschätzt" worden sei. Nach § 19 VStG 1950 sei Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe. Die Betriebsanlagengenehmigung diene dem Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen. Wer sich darüber hinwegsetze und ungeachtet der von seinem Betrieb ausgehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Gestank und Staub usw. nichts dagegen unternehme und die Belästigungen seiner Nachbarn in Kauf nehme, der solle gewiß die volle Strenge des Gesetzes spüren, wer aber - wie er selbst - für den nach dem liegenden Zeitraum genau wisse, daß sein Betrieb keinen störenden Lärm erzeuge und auch sonst die Nachbarn nicht unzumutbar belästige und wer schon im Besitz einer Betriebsanlagengenehmigung sei, der müsse mit Verständnis seitens der Behörde rechnen können. Dies umso mehr, wenn die am erteilte Betriebsanlagengenehmigung nur deshalb am Beginn des Tatzeitraumes noch nicht rechtskräftig gewesen sei, weil die belangte Behörde selbst ihrer Pflicht, über die am eingebrachte Berufung der C innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden, nicht nachgekommen sei. Es bleibe daher allein der Umstand, daß die Betriebsanlagengenehmigung formell noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Der Umstand, daß er sich darüber hinweggesetzt habe, lasse höchstens eine ganz geringfügige Geldstrafe als angemessen erscheinen, niemals aber die Höchststrafe von S 30.000,--. Auch die einschlägigen Verurteilungen ließen angesichts des überaus geringen Verschuldens nur eine geringfügige Geldstrafe als gerechtfertigt erscheinen. Dazu komme, daß gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950 auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen seien. Gewiß sei der belangten Behörde bei der Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage der Weg der Schätzung offengestanden, weil er sich ja damit einverstanden erklärt habe. Auch in Schätzungsfällen sei aber anzuführen, von welchen Ermittlungsergebnissen die Behörde bei der Schätzung ausgegangen sei und auf welche Weise sie zu den Ermittlungsergebnissen gekommen sei, welche ihre Schlüsse rechtfertigen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Das Fehlen einer solchen Begründung belastet den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 366 Abs. 2 Z. 3 GewO 1973 in seiner im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG 1950 anzuwendenden Fassung vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, begeht eine Verwaltungsübertretung - die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle u.a. mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist - wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Sofern der Beschwerdeführer - der das Betreiben der in Rede stehenden gewerblichen Betriebsanlage in den ihm angelasteten Zeitraum nicht in Abrede stellt - in Ansehung der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 vermeint, daß seine Bestrafung wegen des genehmigungslosen Betriebes einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 während eines anhängigen Genehmigungsverfahrens im Hinblick auf die im Ergebnis eingetretene Rechtskraft dieses Bescheides nicht hätte erfolgen dürfen, so ist er - wie dies schon in dem im angefochtenen Bescheid bezeichneten hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/04/0180, dargelegt worden ist - darauf hinzuweisen, daß der in Rede stehende Verwaltungsstraftatbestand eine derartige Einschränkung nicht kennt. Die "erforderliche Genehmigung" einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage im Sinne der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO liegt aber im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 1 GewO 1973 - der dort normierte Ausnahmetatbestand kommt weder nach den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid noch auch nach dem Beschwerdevorbringen selbst in Betracht - erst dann vor, wenn die Rechtskraft des Genehmigungsbescheides eingetreten ist. Die Wirkung der Rechtskraft beginnt mit der Erlassung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden letztinstanzlichen, in der Sache ergangenen Bescheides, weshalb - da nach den behördlichen Feststellungen im Zusammenhang mit der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens über die Berufung einer Nachbarin der Betriebsanlage seitens des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom meritorisch entschieden wurde - Anhaltspunkte dafür nicht vorliegen, daß die Rechtswirksamkeit des erstbehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides bereits im Zeitpunkt dessen Erlassung eingetreten wäre.

In diesem Zusammenhang ist den Beschwerdeausführungen weiters entgegenzuhalten, daß sich im Hinblick auf den Gang des administrativen Verwaltungsverfahrens keine Anhaltspunkte für eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Berechnung der Verjährungsfrist im Verwaltungsstrafverfahren ergaben.

Des weiteren hat aber der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem vorangeführten Erkenntnis vom , Zl. 84/04/0180, darauf hingeweisen, daß ein strafbefreiender Notstand nur dann gegeben ist, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung einer dem Beschuldigten unmittelbar drohenden Gefahr erfolgt, die so groß ist, daß er sich im unwiderstehlichen Zwang befindet, eher die in Betracht kommende Vorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel über sich ergehen zu lassen. Zur Darlegung eines derart zu qualifizierenden "Notstandes" reicht aber auch das dargestellte, im vorliegenden Beschwerdeverfahren in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen nicht aus.

In Ansehung des Schuldspruches vermag sohin der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde noch auch einen ihr unterlaufenen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel zu erkennen.

Zu Recht bemängelt aber der Beschwerdeführer die verwaltungsbehördliche Strafbemessung.

Nach der Anordnung des § 60 AVG 1950 - diese Bestimmung gilt zufolge § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren - sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG 1950 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß oberliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. insbesondere das hg. Erkenntis eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. Nr. 10.077/A).

Diesem Begründungserfordernis kam aber die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht nach. Wenn es nämlich auch zutrifft, daß der Verfahrensgrundsatz, wonach die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei auch im Verwaltungsstrafverfahren nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, befreit, und daß der Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes insbesondere dort Bedeutung zukommt, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenhang mit der Partei geklärt werden kann, wenn also der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, so ergibt sich aus dem erstbehördlichen Straferkenntnis im Zusammenhang mit der Feststellung der Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers lediglich, daß die belangte Behörde ein "geschätztes monatliches Einkommen des Beschwerdeführers in der Höhe von S 50.000,--" bei der Strafbemessung berücksichtigt hat. Eine derartige "Feststellung" ermöglicht aber dem Verwaltungsgerichtshof die ihm in Ansehung der Strafbemessung obliegende Ermessensprüfung nicht. Daß aber - bei Verletzung der Mitwirkungspflicht - eine in bezug auf das Einkommen des Beschwerdeführers ziffernmäßig einschätzbare Höhe etwa auch bei amtswegigem Vorgehen nicht möglich gewesen wäre, ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Sofern aber die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, daß die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers von der belangten Behörde bereits in einem vorher ergangenen Straferkenntnis in gleicher Höhe eingeschätzt worden seien, so vermag dieser Hinweis die im angeführten Zusammenhang fehlende Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu ersetzen bzw. zu ergänzen (vgl. hiezu sinngemäß die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis

vom , Zl. 85/04/0004).

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.