VwGH vom 15.12.1994, 92/15/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat I, vom , 12-GA3BK-DLei/90, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1984 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis zum Jahr 1989 einer der beiden Gesellschafter einer OHG, deren Einkünfte gemäß § 188 BAO einheitlich und gesondert festgestellt wurden. Auf Grund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden ua für die Jahre 1981 und 1983 negative Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb der OHG von 2,596.216 S und 233.560 S festgestellt, wovon 1,038.486 S und 93.494 S auf den Beschwerdeführer entfielen. Im Spruch dieser in Rechtskraft erwachsenen Feststellungsbescheide wurde ua folgendes ausgeführt:
"Der Verlust wurde nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt und ist daher nicht vortragsfähig."
In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1984 und 1986 machte der Beschwerdeführer die ihm zurechenbaren bescheidmäßig festgestellten Verluste der Jahre 1981 und 1983 aus der OHG als Sonderausgaben geltend.
Strittig ist, ob die der Höhe nach unbestrittenen Verluste als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind.
Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf die im Spruch der Feststellungsbescheide enthaltene Feststellung, der jeweilige Verlust sei nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt worden und daher nicht vortragsfähig, die Ansicht, diese Feststellung sei für die Zulässigkeit des Verlustvortrages maßgeblich. Darüber könne daher im jeweiligen Einkommensteuerverfahren nicht mehr entschieden werden.
Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, über die Vortragsfähigkeit von Verlusten sei im jeweiligen Einkommensteuerverfahren, in dem Verluste als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen seien, zu entscheiden.
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für .... Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.
Nach § 252 Abs 1 BAO kann ein Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, nicht mit der Begründung angefochten werden, daß die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
Eine Anfechtung eines Steuerbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Steuerbescheid zugrunde liegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom , 91/14/0138, mwA).
Die gegenüber der OHG für die Jahre 1981 und 1983 gemäß § 188 BAO erlassenen Feststellungsbescheide stellen Grundlagenbescheide ua für die Einkommensteuer der Gesellschafter dar und sprechen - wie jeder derartige Bescheid - über die Art der Einkünfte, die Höhe der gemeinschaftlichen Einkünfte, den Feststellungszeitraum, die Namen der Beteiligten und die Höhe ihrer Anteile ab. Ergänzend sprechen sie auch noch über die Nichtvortragsfähigkeit des jeweilig festgestellten Verlustes ab. Damit besteht aber eine Bindungswirkung hinsichtlich der Nichtvortragsfähigkeit der Verluste, weswegen in Einkommensteuerverfahren über die Frage, ob die Verluste aus den Jahren 1981 und 1983 als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte überhaupt abzuziehen sind, nicht mehr entschieden werden durfte (vgl Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Tz 6b zu § 188).
Daran vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers, es sei nicht geregelt, auf welche Weise im Rahmen von gemäß § 188 BAO erlassenen Feststellungsbescheiden über die Vortragsfähigkeit von Verlusten abzusprechen sei, nichts zu ändern. Abgesehen davon, daß im Spruch von Feststellungsbescheiden enthaltene Feststellungen sogar dann für (abgeleitete) Abgabenbescheide von Bedeutung sind, wenn sie sich als unrichtig oder unzulässig erweisen, hat der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 88/13/0240, und vom , 91/13/0113, ausgeführt, aus dem Normengefüge und der Systematik der BAO betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ist auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen, daß alle Feststellungen, die gemeinschaftlich erzielte Einkünfte betreffen, in Feststellungsverfahren getroffen werden sollen, und zwar mit Bindungswirkung für die Abgabenbescheide aller Beteiligten. Für diese verfahrensrechtliche Vorgangsweise spricht vor allem, daß abgabenrechtlich relevante Feststellungen zweckmäßigerweise in jenen Verfahren getroffen werden sollen, in denen der maßgebende Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher ausgesprochen, daß über die Fragen, ob Einkunftsteile den begünstigten Steuersätzen (insbesondere gemäß § 37 EStG 1988) unterliegen, ob zunächst nach § 23a EStG 1972 nicht ausgleichsfähige Einkunftsteile spätere Gewinne mindern, ob in Einkunftsteilen auch ein Veräußerungsgewinn(-verlust) enthalten ist, ob Vergütungen nach § 23 Z 2 EStG 1988 vorliegen etc (vgl Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Tz 10 und 11 zu § 188), im Spruch von Feststellungsbescheiden abzusprechen ist. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt daher im Sinn der Ausführungen von Stoll, aaO, Tz 6b zu § 188, Ritz, aaO, Tz 6 zu § 192, sowie Zorn, ÖStZ 1988, 51, die Ansicht, daß in Feststellungsbescheiden fakultativ auch über die Nichtvortragsfähigkeit von Verlusten abgesprochen werden darf. Umsoweniger besteht Grund zu zweifeln, daß in Feststellungsbescheiden - nach dem Gesagten zulässigerweise - enthaltene Absprüche über die Vortragsfähigkeit von Verlusten Bindungswirkung in Einkommensteuerverfahren zukommt.
Mit den Ausführungen über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung der OHG in den Jahren 1981 und 1983, dem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 170 - 172/86, sowie auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, in denen ausgeführt worden ist, über die Vortragsfähigkeit von Verlusten ist im jeweiligen Einkommensteuerverfahren zu entscheiden, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil in den von ihm zitierten Verfahren keine Feststellungs- und damit Grundlagenbescheide ergangen sind, in denen eine Feststellung über die Nichtvortragsfähigkeit von Verlusten getroffen wurde; die Frage der Bindungswirkung eines solchen Abspruches stellte sich daher nicht.
Der Vorwurf, die belangte Behörde habe sich auf Grund der "falschen" rechtlichen Beurteilung in keiner Weise mit dem übrigen Berufungsvorbringen beschäftigt, weswegen gesetzliche Verfahrensvorschriften verletzt worden seien, entbehrt jeder Konkretisierung, weshalb er sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.