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VwGH vom 15.03.1995, 95/13/0012

VwGH vom 15.03.1995, 95/13/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom , Zl. 6/1 - 1238/94-06, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1989 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie sich den Beschwerdeschriften und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides entnehmen läßt, steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Frage in Streit, ob einem Rechtsanwalt, der in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen von der im § 4 Abs. 4 UStG 1972 eröffneten Möglichkeit des pauschalierenden Abzuges durchlaufender Posten nicht Gebrauch gemacht, sondern das steuerpflichtige Entgelt und die tatsächlich refundierten durchlaufenden Posten nach seinen Aufzeichnungen getrennt hat, dessen ungeachtet das Recht zusteht, in der Jahresumsatzsteuererklärung den im § 4 Abs. 4 UStG 1972 vorgesehenen Pauschalabzug geltend zu machen.

Gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid, in welchem die belangte Behörde eine solche, vom Beschwerdeführer für sich reklamierte Möglichkeit verneint hatte, erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom , B 2024/94, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Erklärung, sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Pauschalierung nach § 4 Abs. 4 UStG 1972 als verletzt zu erachten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 UStG 1972 sind Rechtsanwälte und Notare befugt, zur Abgeltung der zahlreichen kleinen Beträge an durchlaufenden Posten, insbesondere der Gerichtsgebühren und Stempelkosten, einen Pauschalabzug von 10 von Hundert der gesamten vereinnahmten Beträge nach Abzug der anderen Beträge an durchlaufenden Posten wie der Streit- oder Vergleichssummen und der Hypothekengelder vorzunehmen.

Die dem Beschwerdefall zugrundeliegende Streitfrage des rechtlichen Bestehens einer Möglichkeit des Rechtsanwaltes, diesen Pauschalabzug nach vorerst aufzeichnungsgemäß ausgewiesenen durchlaufenden Posten in den Umsatzsteuervoranmeldungen erst nachträglich in der Jahresumsatzsteuererklärung vorzunehmen, wurde vom Verwaltungsgerichtshof in seinen, im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnissen vom , 85/15/0204, und vom , 90/15/0183, bereits im Sinne der Verneinung einer solchen Möglichkeit mit der Begründung entschieden, daß ein Rechtsanwalt die in der ersten Umsatzsteuervoranmeldung eines Jahres getroffene Entscheidung für den aufzeichnungsgemäßen Ansatz der durchlaufenden Posten und damit gegen die Vornahme des im § 4 Abs. 4 UStG 1972 ermöglichten Pauschalabzuges in bezug auf die Umsatzsteuer dieses Jahres gegen sich gelten lassen muß. Auf die Begründung dieser Erkenntnisse, deren letzterem die im Beschwerdefall gegebene Fallkonstellation vollständig gleicht, wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen. Von dieser Rechtsprechung, der auch im Schrifttum (vgl. hiezu die auch in die Begründung des angefochtenen Bescheides ohne Zitierung aufgenommenen Ausführungen von Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer III, Anm. 209a zu § 4 UStG 1972) beigepflichtet wurde, im Beschwerdefall abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch durch die vom Beschwerdeführer erstatteten Ausführungen aus folgenden Überlegungen nicht veranlaßt:

Daß die Bestimmung des § 4 Abs. 4 UStG 1972 über die Erforderlichkeit der Vornahme des dort eingeräumten Pauschalabzuges schon in den Umsatzsteuervoranmeldungen nichts aussagt und die Bestimmung des § 21 UStG 1972 auf die genannte Pauschalierungsbefugnis ebenso nicht Bezug nimmt, spricht deswegen nicht für den vom Beschwerdeführer eingenommenen Rechtsstandpunkt, weil die Unterschiedlichkeit des Regelungsgegenstandes dieser beiden gesetzlichen Bestimmungen eine solche wechselseitige Bezugnahme weder erforderte noch legistisch sinnvoll erscheinen ließ. Während die Bestimmung des § 4 Abs. 4 UStG 1972 nämlich Teil jener gesetzlichen Regelungen ist, welche die Bemessungsgrundlage für die Höhe dieser Abgabe festlegen, trifft § 21 UStG 1972 inhaltlich in der Sache Anordnungen über Fälligkeit, Erklärungspflicht und Entrichtungsweise der Abgabe.

Daß § 20 Abs. 1 UStG 1972 das Kalenderjahr als den Veranlagungszeitraum festlegt, trifft zu. Dies steht zum einen aber schon der vom Beschwerdeführer betonten periodenübergreifenden Betrachtungsweise seines von der Abgabenbehörde jahrelang akzeptierten Vorgehens entgegen. Die für einen Veranlagungszeitraum getroffene Entscheidung des Beschwerdeführers für oder gegen die Vornahme des Pauschalabzuges nach § 4 Abs. 4 UStG 1972 konnte für die Beurteilung der rechtlichen Wirksamkeit der Vornahme eines solchen Pauschalabzuges für einen nachfolgenden Veranlagungszeitraum im Lichte der Bestimmung des § 20 Abs. 1 UStG 1972 demnach nicht bedeutsam sein. Mit der von ihm vorgetragenen Auffassung, daß nur die Jahresumsatzsteuererklärung Grundlage eines Bescheides und nur sie "der Rechtskraft fähig" sein könne, verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Er läßt mit dieser Ansicht außer acht, daß zum einen eine bescheidmäßige Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung in der Bestimmung des § 21 Abs. 3 UStG 1972 unter den dort genannten Voraussetzungen ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist, und daß zum anderen die Umsatzsteuervoranmeldung gemäß § 21 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1972 als Steuererklärung gilt. Mit der Abgabe der ersten solchen Steuererklärung für eine Veranlagungsperiode durch Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung wird durch den Inhalt dieser Erklärung die dem Rechtsanwalt im § 4 Abs. 4 UStG 1972 eröffnete Wahlmöglichkeit zwischen aufzeichnungsgemäßer und pauschalierter Berücksichtigung der dort genannten durchlaufenden Posten für ein bestimmtes Jahr ausgeübt. Ein späteres Abgehen von dieser in der ersten Umsatzsteuervoranmeldung eines Veranlagungszeitraumes getroffenen Entscheidung in der Jahresumsatzsteuererklärung ist deswegen nicht mehr möglich, weil das im § 4 Abs. 4 UStG 1972 eingeräumte Wahlrecht bereits konsumiert wurde (vgl. hiezu die Erwägungen des Gerichtshofes zur vergleichbaren Fallkonstellation des Verbrauches des im § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 eingeräumten Wahlrechtes im hg. Erkenntnis vom , 91/13/0062).

Am Ergebnis der von der belangten Behörde ins Treffen geführten, oben zitierten hg. Vorjudikatur ist aus den dargelegten Erwägungen damit festzuhalten, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit jenen Argumenten des Beschwerdeführers bedurfte, mit denen er dem in der Vorjudikatur enthaltenen Begründungselement des Vorliegens einer schlüssigen Willenserklärung des Abgabepflichtigen entgegentritt.

Den wiederholten Hinweisen des Beschwerdeführers darauf, daß die Abgabenbehörde die von ihm gepflogene Vorgangsweise jahrelang akzeptiert habe, ist zu erwidern, daß im Abgehen der Behörde von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung in den Vorjahren keine Rechtswidrigkeit liegen kann, wenn ein Abgabepflichtiger, was der Beschwerdeführer für sich aber nicht behaupten konnte, von der Abgabenbehörde nicht ausdrücklich zu einer nachträglich als unrichtig erkannten Vorgangsweise aufgefordert worden war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/14/0013).

Da somit der Inhalt der Beschwerde schon erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.