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VwGH vom 25.01.1993, 92/15/0020

VwGH vom 25.01.1993, 92/15/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom , Zl. 6/4-4255/91-07, betreffend Einkommensteuer 1989 der mitbeteiligten Partei G in E, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Rechtsfrage strittig, ob die der mitbeteiligten Partei mit Abgabenbescheid vom von der Gemeinde S vorgeschriebenen und am bezahlten Kanalanschlußgebühren (Teilbetrag von S 10.000,--) abzugsfähige Sonderausgaben i.S. des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 sind oder nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde in teilweiser Abänderung des Bescheides der ersten Instanz (der übrige Teil des Bescheides ist nicht Gegenstand der Beschwerde) die Abzugsfähigkeit auch von Aufwendungen für den nachträglichen Anschluß an das öffentliche Wasser- oder Kanalnetz als Sanierungsaufwand, wozu auch die an die Gemeinde zu entrichtenden Kanalanschlußgebühren gehörten. Es handle sich dabei um Aufwendungen, die ebenso wie die Herstellung des Hauskanals unmittelbar eine Verbesserung im bisher vorhandenen Wohnraum bewirkten. Es wäre widersprüchlich, zwar die Kosten für die Errichtung des Hauskanals zum Abzug zuzulassen, nicht aber die zur Inbetriebnahme eben dieses Kanals erforderliche Anschlußgebühr. Der gegenteiligen Meinung von Werner-Schuch (Kommentar zur Lohnsteuer, Rz 176 zu § 18 EStG) folgte die belangte Behörde nicht, weil, abgesehen davon, daß durch den Kanalanschluß der Wert des Hauses steige und die Wohnqualität verbessert werde, nicht übersehen werden dürfe, daß einerseits aus Gründen des Umweltschutzes ein öffentliches Interesse daran bestehe, einen möglichst umfassenden Anschlußgrad an das Kanalisationsnetz zu erreichen, und andererseits die Hauseigentümer bei Zutreffen bestimmter Voraussetzungen zum Anschluß an das Kanalnetz gesetzlich verpflichtet seien. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, auf der einen Seite berechtigte Umweltschutzinteressen zu fördern und auf der anderen Seite konkrete Umweltschutzmaßnahmen nicht zum Sonderausgabenabzug zuzulassen. Zwar setze der Sonderausgabentatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. c leg. cit. voraus, daß die Sanierung durch befugte Unternehmer vorgenommen werde, doch sei die Gemeinde hinsichtlich der zu entrichtenden Kanalanschlußgebühren ebenfalls als Unternehmer im Sinne der zitierten Bestimmung anzusehen, zumal sie sich ihrerseits befugter Unternehmer zur Errichtung des auf öffentlichen Gut befindlichen Kanalnetzes bediene und ratio legis der zitierten Bestimmung der Ausschluß von nicht sachgerecht durchgeführten Arbeiten vom Sonderausgabenabzug und nicht die Benachteiligung von Zahlungen an Gemeinden sei. Im übrigen wäre eine Differenzierung des Sonderausgabenabzuges von Kanalanschlußgebühren gegenüber den Kanalerrichtungskosten in den Tatbeständen der lit. a und lit. b einerseits und der lit. c andererseits nicht begründbar.

Dagegen richtet sich die vorliegende Präsidentenbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der beschwerdeführende Präsident vermeint einerseits, aus der zitierten Gesetzesstelle, die nur auf den Wohnraum abstelle, ergebe sich - im Gegensatz zu den Tatbeständen der lit. a und lit. b des § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG (die auch Räume beträfen, die keine Wohnräume darstellten, wie z.B. Stiegenhaus und Keller) - eine Eingrenzung des Sondertatbestandes auf den Wohnraum, nicht jedoch auf jene Sanierungsarbeiten, die dem gesamten Objekt dienten. Bei den Anschlußgebühren handle es sich überdies um eine Abgabe an die öffentliche Hand; die Gemeinde sei nicht befugter Unternehmer i.S. der maßgeblichen Gesetzesstelle. Auch deshalb, weil es sich bei den Anschlußgebühren um Aufwendungen handle, die nur mittelbar eine Verbesserung im bisher vorhandenen Wohnraum bewirkten, seien sie nicht unter die lit. c subsumierbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind: Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung: Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum durch befugte Unternehmer, und zwar


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"-
Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder
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Herstellungsaufwendungen."
Den Beschwerdeargumenten ist folgendes zu entgegnen:
In Ermangelung einer dem Gesetzestext (und dem Willen des Gesetzgebers; vgl. dazu 621 und 673 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP) entnehmbaren Einschränkung der Berücksichtigung von Sanierungsausgaben nur auf Maßnahmen, die unmittelbar dem Sanierungszweck dienen, sind (ebenso wie bei Aufwendungen zur Schaffung von Wohnraum) auch Aufwendungen als Sonderausgaben abzugsfähig, die nur mittelbar zur Erreichung des begünstigten Zweckes getätigt werden (vgl. dazu Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts4 165).
Des weiteren wird der Begriff "Wohnraum" im Sonderausgabentatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 3 leg. cit., wie aus den einleitenden Worten der genannten Z. 3 klar ersichtlich ist, zunächst umfassend verstanden und nur in den lit. a und lit. b einerseits auf Wohnräume, die von den in lit. a genannten Bauträgern geschaffen werden und andererseits auf Eigenheime und Eigentumswohnungen i.S. der lit. b eingeschränkt. Wohnraum i.S. der hier maßgeblichen lit. c ist somit nicht eingeschränkt auf die tatsächlich dem Wohnzweck dienenden Räume eines Gebäudes zu verstehen, sondern umfaßt (ebenso wie der in den lit. a und b in anderer Weise beschränkte Wohnraumbegriff) immer das Gebäude an sich. Von einer gegenüber den lit. a und b der zitierten Gesetzesstelle einschränkenden Differenzierung durch den Gesetzgeber gerade in der lit. c, wie sie der beschwerdeführende Präsident sieht, kann somit keine Rede sein. Dies wird z.B. auch aus den einschlägigen BMF-Richtlinien (vgl. SWK 1989/1, A I 12 ff, insbesondere 14) deutlich: Was dort beispielsweise für Maßnahmen betreffend den nachträglichen Einbau von Wärmepumpen, Solaranlagen, Wärmerückgewinnungs- und Gesamtenergieanlagen, aber auch zur Erhöhung des Wärmeschutzes von Außenwänden, Kellerdecken und Feuermauern, also von Maßnahmen, die nicht notwendigerweise ausschließlich am Wohnraum im engeren Sinn erfolgen, gesagt ist, muß auch für den nachträglichen Anschluß an das öffentliche Kanalnetz gelten.
Da nun Maßnahmen, die dem Ersatz anderer Abwasserbeseitigungsanlagen (meist sogenannter Senk- oder Sickergruben) durch den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz dienen, (nicht nur den gemeinen Wert des gesamten Objektes, sondern) jedenfalls mittelbar auch den Nutzwert des Wohnraumes selbst entscheidend erhöhen, steht einer Berücksichtigung der Vornahme eines nachträglichen Anschlusses des Objektes der mitbeteiligten Partei an das öffentliche Kanalnetz als Sanierungsmaßnahme i.S. der lit. c der zitierten Gesetzesstelle nichts entgegen. Die von Werner-Schuch (aaO. in Rz 176, 177 zu § 18 EStG) im Zusammenhang mit dem Tatbestand der lit. b (Errichtung eines Eigenheims) angestellten Überlegungen erweisen sich als zu eng, weil eine Werterhöhung des Objektes durch den Kanalanschluß nicht nur eintritt, wenn dadurch erst der Einbau z.B. von Sanitäreinrichtungen ermöglicht wird, sondern auch dann, wenn durch den Kanalanschluß bereits vorhandene Sanitäreinrichtungen besser genützt werden können als zuvor.
Für diese Auslegung spricht auch der Umstand, daß z.B. Kosten für den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz im Zuge der Errichtung eines Eigenheimes (§ 18 Abs. 1 Z. 3 lit. b EStG) nach der hg. Judikatur (vgl. das zur insoweit gleichgelagerten Rechtslage nach dem Einkommensteuergesetz 1972 ergangene Erkenntnis vom , Zl. 84/14/0076 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur) als Sonderausgabe abzugsfähig sind, wenn sie vor Erreichen der Benützbarkeit aufgewendet wurden. Mangels einer dem Willen des Gesetzgebers zu entnehmenden Einschränkung muß (seit der Schaffung des Sondertatbestandes des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. c durch das EStG 1988) ein Aufwand, der im Rahmen einer Errichtung i.S. der lit. b der zitierten Gesetzesstelle abzugsfähig ist, auch abzugsfähig sein, wenn er nachträglich als Sanierungsmaßnahme i.S. der lit. c getätigt wird.
Was den Hinweis in der Beschwerde anlangt, es handle sich im Streitfall um eine Abgabe an die öffentliche Hand, ist darauf zu verweisen, daß dies der Berücksichtigung als Ausgabe zur Sanierung von Wohnraum i.S. der hier anzuwendenden Gesetzesstelle nicht entgegensteht.
Schließlich muß auch das letzte, auf den Begriff des "befugten Unternehmers" in der maßgeblichen Gesetzesstelle abgestellte Argument des Beschwerdeführers versagen: Ratio der zitierten Bestimmung ist erklärtermaßen der Ausschluß der Absetzbarkeit bloßer Materialrechnungen (vgl. 621 der Beilagen aaO. 77) sowie der Selbstmontage. Damit soll einerseits Mißbrauch verhindert, andererseits aber auch sichergestellt werden, daß die dem steuerlichen Ziel dienenden Arbeiten unter Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sach- und fachgerecht durchgeführt werden (vgl. Werner-Schuch aaO. Rz 173 zu § 18 EStG). Da nicht erkennbar ist, daß die Anerkennung von im Wege eines Abgabenbescheides der zuständigen Gemeinde vorgeschriebenen Kanaleinmündungsabgaben dieser Ratio zuwiderliefe, steht auch der Begriff des befugten Unternehmers einer Anerkennung der streitgegenständlichen Kanaleinmündungsabgabe als Sonderausgabe nicht entgegen.
Da sich sohin der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.