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VwGH vom 29.01.1997, 97/16/0002

VwGH vom 29.01.1997, 97/16/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Ludmilla G in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-1275/94, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist mit einem Anteil von 2/3 Miterbin nach ihrem am verstorbenen Ehegatten Gottfried G. Im eidesstättigen Vermögensbekenntnis wurde unter den Aktiven unter anderem ein Personenkraftwagen der Marke Mercedes 300 SE mit einem Wert

"lt. Sachverständigengutachten" von S 640.000,-- ausgewiesen.

Gegen den in der Folge an die Beschwerdeführerin ergangenen Erbschaftssteuerbescheid wurde Berufung erhoben. Darin wurde unter anderem die Meinung vertreten, es sei der Wert des Nachlaßvermögens nicht im Zeitpunkt des Todestages des Erblassers, sondern erst im Zeitpunkt der Einantwortung entscheidend. Der Personenkraftwagen sei daher mit dem im November 1993 erzielten Kaufpreis von S 400.000,-- anzusetzen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung hinsichtlich der Bewertung des Personenkraftwagens als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde verwies in der Begründung auf das Gutachten des Sachverständigen H.P. vom , wonach der Schätzwert des Personenkraftwagens S 640.000,-- betragen habe.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich insoferne in ihren Rechten verletzt, als die "Nachlaßaktiva in bezug auf den PKW überhöht angesetzt" worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.

Nach ständiger Rechtsprechung entsteht die Steuerschuld im Sinne des § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG bei Erwerben von Todes wegen durch den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten, soferne er vom Anfall durch Abgabe der Erbserklärung Gebrauch macht (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern,

4. Teil8, § 12 ErbStG, Rz 7 und die dort angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes).

Infolge der in § 18 ErbStG normierten Stichtagsbewertung können nach dem Stichtag liegende Wertänderungen nicht berücksichtigt werden. Es führt also eine nachträgliche Entwertung nicht zu einer Minderung der Steuer, wie auch eine nachträgliche Wertsteigerung nicht zu einer Erhöhung der Steuer führt (vgl. Fellner, a.a.O., § 18 ErbStG, Rz 5 und die dort angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes). Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde, die sich allein gegen die Bewertung des erworbenen Personenkraftwagens nach seinem am Todestag des Erblassers unbestrittenermaßen bestandenen Wert wendet, bereits entschieden.

Die Beschwerdeführerin sieht demgegenüber einen Gegensatz zwischen den erbschaftssteuerrechtlichen Bestimmungen im § 18 i. V.m. § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG einerseits und den erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB. Die Beschwerdeführerin vertritt dabei die Meinung, eine Bereicherung des Erben - i.S.d. § 20 ErbStG - trete erst mit der Einantwortung ein. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Sicht des Beschwerdepunktes allein nach den abgabenrechtlichen Bestimmungen des § 12 Abs. 1 Z. 1 und des § 18 ErbStG zu beurteilen ist. Dabei beruht gerade § 12 ErbStG auf dem Bereicherungsprinzip, wonach die Erbschaftssteuerschuld jeweils in dem Zeitpunkt entsteht, zu dem die Bereicherung des Erwerbers tatsächlich eingetreten ist. Nur diese soll der Besteuerung unterworfen werden, nicht dagegen schon die bloße Aussicht auf eine erste in Zukunft mutmaßlich oder möglicherweise eingetretene Bereicherung. Dementsprechend wird auch die Grundregel, daß die Steuerschuld beim Erwerb von Todes wegen mit dem Tod des Erblassers entsteht, durch die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a bis h leg. cit. durchbrochen. Es handelt sich bei diesen Ausnahmsfällen um Erwerbsvorgänge, bei denen infolge eines der im Gesetz aufgezählten Ereignisse eine Bereicherung noch nicht eingetreten ist oder noch nicht mit voller Sicherheit feststeht (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 83/15/0005, Slg. Nr. 5981/F).

Darüberhinaus entspricht die Auffassung der Beschwerdeführerin auch in zivilrechtlicher Hinsicht nicht der Rechtslage. Das in § 532 ABGB näher umschriebene Erbrecht zählt nach § 537 ABGB zu den vererblichen und gemäß § 1278 ABGB zu den veräußerlichen Vermögensrechten (vgl. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 5 Ob 506/94, NZ 1994, 234). Nach § 536 ABGB tritt das Erbrecht mit dem Tod des Erblassers ein. Mit dem Erbanfall, also regelmäßig mit dem Tode des Erblassers, besteht für den Erben schon mehr als die bloße Anwartschaft auf sein Erbrecht. Bereits die Möglichkeit etwa i. S.d. § 726 ABGB der Erbschaft zu entsagen oder sie auf Grund des § 805 ABGB (unbedingt bzw. einfach) auszuschlagen, spricht für einen echten Vermögensvorteil des Erben im Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Die Möglichkeit, die Erbschaft oder einen Teil derselben vor Abgabe der Erbserklärung entgeltlich (Erbschaftskauf) oder unentgeltlich (Erbschaftsschenkung) veräußern zu können, zeigt eindeutig, daß der Erbe bereits durch den Erbanfall bzw. mit dem Tod des Erblassers durch den Erwerb seines Erbrechts von Todes wegen bereichert ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 90/16/0167, Slg. Nr. 6690/F). Im Gegensatz zur Meinung der Beschwerdeführerin besteht somit ein Gleichklang der steuerlichen und der bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick auf die Abweisung der Beschwerde nach § 35 Abs. 1 VwGG erübrigte es sich, die Beschwerde zur Behebung des ihr anhaftenden Mangels (Fehlen einer Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen, vgl. § 29 VwGG) zurückzustellen.