VwGH vom 09.07.1997, 95/13/0002

VwGH vom 09.07.1997, 95/13/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dipl.Ing. Dr. H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom , Zl. 6/3-3001/92-08, betreffend Umsatzsteuer 1989 und 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Universitäts-Dozent war in den Streitjahren als Universitätsassistent an der Technischen Universität Wien tätig.

Bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer für 1989 und 1990 bezog das Finanzamt die dem Beschwerdeführer in diesen Jahren zugeflossenen Kollegiengeldabgeltungen in die Bemessungsgrundlage ein.

In der Berufung gegen diese Bescheide wurde ausgeführt, es handle sich bei den Kollegiengeldabgeltungen um lohnsteuerpflichtige Einkünfte.

Auf eine entsprechende Anfrage der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer mit einer Eingabe vom eine Darstellung der Art und Dauer der jeweiligen in den Streitjahren von ihm abgehaltenen Lehrveranstaltungen. Diese Lehrveranstaltungen seien im Rahmen seiner Lehrbefugnis als Universitätsdozent abgehalten worden. In den strittigen Beträgen seien tatsächlich auch Prüfungstaxen enthalten (1989 S 14.745,-- Prüfungstaxen und S 35.429,60 Kollegiengeld; 1990 S 20.077,-- Prüfungstaxen und S 36.457,20 Kolliegengeld). Die Prüfungstaxen enthielten auch Abgeltungen für Prüfungen, die der Beschwerdeführer in Vertretung und auf Weisung des damaligen Institutsvorstandes Prof. G. für dessen Lehrveranstaltungen abgenommen habe (1989 S 3.562,-- und 1990 S 10.834,--). Der Beschwerdeführer habe die Lehrveranstaltungen durchwegs im Rahmen seiner Tätigkeit als Universitätsdozent und im Auftrag des Institutsvorstandes abgehalten; es seien dafür keine gesonderten nichtremunerierten Lehraufträge erteilt worden, sondern es sei dafür die Lehrbefugnis Voraussetzung gewesen. Für einen habilitierten Assistenten, der in einem Dienstverhältnis zur Universität steht, sei eine feste Eingliederung in den Institutsbetrieb und Weisungsgebundenheit gegeben. Dem Beschwerdeführer stünden am Institut ein eigenes Büro sowie Laborräumlichkeiten und Geräte zur Verfügung. Die Vorbereitung der im Rahmen der Lehrbefugnis angekündigten Lehrveranstaltungen sei am Arbeitsplatz unter Benützung der an der Universität zur Verfügung stehenden Literatur und sonstigen Mittel erfolgt. Die Vorlesungsinhalte müßten dem Institutsvorstand vorgelegt bzw. mit ihm abgesprochen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, daß eine persönliche Weisungsgebundenheit des Beschwerdeführers, die mit der Stellung eines Dienstnehmers vergleichbar ist, nicht gegeben sei. Dementsprechende Weisungen seien nicht erteilt worden. Der Beschwerdeführer agiere in bezug auf die strittigen Lehrveranstaltungen selbständig und weisungsungebunden. Der Beschwerdeführer nehme zwar an Institutsbesprechungen und Institutskonferenzen teil und wirke an der allgemeinen Institutsverwaltung mit; er habe jedoch nicht nachweisen können, daß diese Tätigkeiten auf die strittigen Lehraufträge bezogen seien. Diese Tätigkeiten seien offensichtlich ein Ausfluß der nichtselbständigen Tätigkeit als Universitätsassistent. Das Ausmaß der vom Beschwerdeführer für die Vorbereitung seiner für die Lehrveranstaltungen aufzuwendenden Zeit wie auch der Umfang der mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Aufwendungen stehe in seinem Belieben. Er könne solcherart die Höhe der Ausgaben beeinflussen. Es stehe aber auch im freien geschäftlichen Willen des Beschwerdeführers, Lehraufträge abzulehnen oder anzunehmen und derart die Höhe seiner Einnahmen zu bestimmen. Der Beschwerdeführer trage daher das Unternehmerrisiko. Der Beschwerdeführer sei deswegen selbständig tätig, weil er in den Institutsbetrieb nicht wie ein Dienstnehmer eingegliedert sei und damit weisungsgebunden und mit Unternehmerrisiko agiere. Die Beurteilung der Prüfungstaxen folge jener der Lehrveranstaltungen. Daran ändere der Umstand nichts, daß es sich teilweise um Prüfungen in Vertretung des Institutsvorstandes handelte, sei doch der Beschwerdeführer auch in diesen Fällen als eigenverantwortlicher Prüfer tätig gewesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

Ein - die Beurteilung der Tätigkeit als eine unternehmerische ausschließendes - Dienstverhältnis eines Lehrbeauftragten ist dann anzunehmen, wenn der Lehrbeauftragte fest in den Betrieb eines Hochschulinstitutes eingegliedert und dort gleich den anderen am betreffenden Institut als Arbeitnehmer beschäftigten Personen tätig ist. Ist die zeitliche und örtliche Bindung des Lehrbeauftragten an eine bestimmte Arbeitsstätte und seine Abhängigkeit vom Institutsbetrieb bereits so groß, daß sie sich faktisch nicht mehr von der eines Dienstnehmers unterscheidet, so ist sie auch steuerlich nicht anders zu beurteilen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/15/0123, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren als - habilitierter - Universitätsassistent an einem bestimmten Institut der Technischen Universität als Dienstnehmer tätig. Als solcher war er in den Institutsbetrieb eingegliedert. Im Sinne der Bestimmungen des 6. Abschnittes des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 148/1988, war dabei der Beschwerdeführer als Universitätsassistent mit Lehrbefugnis als Universitätsdozent neben der Mitarbeit in Forschung und Verwaltung des Instituts zu einer entsprechenden Lehrtätigkeit verpflichtet. Diesen Verpflichtungen ist der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in der Eingabe vom mit Lehrveranstaltungen im Ausmaß von jeweils mehr als

40 Wochenstunden nachgekommen. Nach der vom Beschwerdeführer gegebenen Sachverhaltsdarstellung - der die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten ist - wurden diese Lehrveranstaltungen im Rahmen seiner Tätigkeit als Universitätsdozent und im Auftrag des Institutsvorstandes abgehalten. Auf Grund dieser Umstände, insbesondere auch auf Grund des Ausmaßes der vom Beschwerdeführer abgehaltenen Lehrveranstaltungen kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Beschwerdeführer damit in den Institutsbetrieb völlig eingegliedert war, ein Merkmal, das im gegebenen Zusammenhang für die Frage der Nichtselbständigkeit der Tätigkeit eines Hochschullehrers wesentlich ist (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 92/13/0089).

Demgegenüber steht die von der belangten Behörde vorgenommene Aufspaltung der (einheitlichen) Tätigkeit des Beschwerdeführers in eine unselbständige Tätigkeit als Universitätsassistent und in eine selbständige Tätigkeit als (habilitierter) Lehrbeauftragter mit dem im Beschwerdefall gegebenen Sachverhalt nicht im Einklang. Daß der Beschwerdeführer für einzelne Leistungen innerhalb seiner Tätigkeit gesondert entlohnt worden ist, steht einer solchen einheitlichen Betrachtung der Tätigkeit nicht entgegen. Auch daß bei einem Hochschullehrer hinsichtlich seiner Lehrtätigkeit die Weisungsgebundenheit geringer ausgebildet sein mag als bei anderen Dienstverhältnissen, kann bei der erforderlichen Gesamtbeurteilung der Tätigkeit nichts daran ändern, daß insgesamt von einer unselbständigen Tätigkeit auszugehen ist.

Im Hinblick darauf, daß Gegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich Umsatzsteuer war, konnte der Umstand, daß der Beschwerdeführer selbst in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre eine Meinung vertreten hat, die von der im Berufungsverfahren hinsichtlich Umsatzsteuer vorgetragenen abwich, auf sich beruhen. Auf die sich mit der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung befassenden Beschwerdeausführungen war ebenso nicht weiter einzugehen.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kosten des Verfahrens (vgl. §§ 47 ff VwGG) waren im angesprochenen Ausmaß zuzuerkennen.