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VwGH vom 18.10.2000, 95/12/0367

VwGH vom 18.10.2000, 95/12/0367

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Günter Tews, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz Vizebürgermeister Adolf Schauberger vom , Zl. 001-5-6/5, betreffend Untersagung einer Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Linz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Linz. Seine Dienststelle ist das Tiefbauamt.

Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom wurde die mit Schreiben vom gemeldete Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers "nicht zur Kenntnis genommen" und ihre Ausübung untersagt.

Diese Erledigung trägt folgenden Kopf (Namen wurden anonymisiert):

"Dr. G.

Präsidialdirektor

der Landeshauptstadt Linz"

Weiters lautet die Erledigung vom (auszugsweise):

"Bescheid

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergeht gemäß § 24 Abs. 2 StGBG, LGBl. Nr. 37/1956 i.d.g.F., i.V.m. § 24 Abs. 1 leg. cit. sowie den §§ 1, 2, 8 und 11 DVG 1984 i.d.g.F. nachstehender Spruch

Ihre mit Schreiben vom gemeldete Nebenbeschäftigung, wonach Sie in Ihrer Freizeit selbständig in Partnerschaft im Rahmen eines Planungsbüros die Beratung, Planung, Ausschreibung und andere Tätigkeiten bei kleineren und mittleren Hochbauvorhaben übernehmen wollen, wird nicht zur Kenntnis genommen und Ihnen die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung untersagt.

Begründung

..."

Die Fertigungsklausel lautet:

"Der Präsidialdirektor:

(unleserliche Unterschrift)"

In seiner Berufung vom brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, dass gemäß § 18 Abs. 4 AVG alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten müssten. Behörde in der vorliegenden Angelegenheit sei gemäß § 51 Abs. 2 des Statuts der Stadt Linz 1992 (StL 1992) der Magistrat. Weder in der Präambel noch im Spruch noch in der Begründung sei ein Hinweis auf die Behörde, welcher der Bescheid zuzurechnen sei, enthalten. Da nach § 113 Abs. 4 lit. b der Geschäftsordnung des Magistrates (GOM) die Unterschriftsklausel "Der Präsidialdirektor" auch im übertragenen Wirkungsbereich der Stadt vorgesehen sei, könne den städtischen Vorschriften nicht abgeleitet werden, welches Organ in vorliegender Angelegenheit entschieden habe. Es liege demzufolge ein Verstoß gegen § 18 Abs. 4 AVG vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG sowie § 64 Abs. 1 StL 1992 und § 24 Abs. 1 und 2 StGBG "der Berufung gegen den Bescheid des Magistrates Linz, Präsidialdirektion, vom , GZ 001-5-6/5", mit dem die vom Beschwerdeführer beantragte Ausübung einer Nebenbeschäftigung untersagt wurde, keine Folge gegeben. Zum Berufungsvorbringen betreffend das "Fehlen der Bezeichnung der Behörde" führte die belangte Behörde begründend aus, dass am Beginn des erstinstanzlichen Bescheides § 24 Abs. 2 StGBG zitiert werde. Diese Bestimmung normiere, dass der Magistrat die Ausübung einer Nebenbeschäftigung zu untersagen habe, wenn sie nach Abs. 1 des § 24 unstatthaft sei. Es gehe sohin aus dem Bescheid eindeutig hervor, dass der Magistrat als Behörde erster Instanz entschieden habe. Die Fertigungsklausel "Der Präsidialdirektor:" gemäß § 113 Abs. 3 lit. d GOM sei nur bei Angelegenheiten möglich, die in den Kompetenzbereich des Magistrates fielen. Mit "MD-Verfügung" vom sei verfügt worden, dass Nebenbeschäftigungen der Mitarbeiter des Magistrates mit Ausnahme der Dienststellen- und Gruppenleiter vom Herrn Präsidialdirektor zur Kenntnis genommen und untersagt werden. Die in der Berufung zitierte Bestimmung des § 113 Abs. 4 lit. d GOM, wonach auch im übertragenen Wirkungsbereich der Stadt die Fertigungsklausel "Der Präsidialdirektor:" vorgesehen sei, sei durch "B-Verfügung" vom , die unter Bedachtnahme auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/04/0209, ergangen sei, dahingehend modifiziert worden, dass schriftliche Ausfertigungen von Entscheidungen und Verfügungen im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereiches der Stadt mit der Fertigungsklausel "Für den Bürgermeister:" beispielsweise "Der Präsidialdirektor:" zu versehen seien. Es sei dem Beschwerdeführer daher eindeutig erkennbar gewesen, dass im gegenständlichen Fall der Magistrat der Landeshauptstadt Linz bescheiderlassende Behörde gewesen sei. Der erstinstanzliche Bescheid entspreche daher auch der Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiv-öffentlichen Recht, dass "bei der gegebenen Sach- und Rechtslage" ihm die gemeldete Nebenbeschäftigung nicht untersagt werde, verletzt.

Im Rahmen der Verfahrensrüge wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass schon der "erstinstanzliche Bescheid mangelhaft" gewesen sei. Weder in der Präambel, noch im Spruch des "erstinstanzlichen Bescheides", noch in der Begründung sei ein Hinweis auf die Behörde enthalten, der der Bescheid zuzurechnen sei. Da nach § 113 Abs. 4 lit. b GOM die Unterschriftsklausel "Der Präsidialdirektor:" auch im übertragenen Wirkungsbereich der Stadt vorgesehen sei, könne aus diesen städtischen Vorschriften nicht abgeleitet werden, welches Organ nun tatsächlich in der vorliegenden dienstrechtlichen Angelegenheit entschieden habe. Es sei daher ein Verstoß gegen § 18 Abs. 4 AVG gegeben, der durch den angefochtenen Bescheid bestätigt und fortgetragen worden sei, sodass auch der angefochtene Bescheid der belangten Behörde an einer "Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" leide.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis berechtigt.

Gemäß § 24 Abs. 1 des Statutargemeinde-Beamtengesetzes (StGBG), (oberösterreichisches) LGBl Nr. 37/1956, sind Nebenbeschäftigungen, die die pflichtgemäße Erfüllung des Dienstes oder die Unbefangenheit im Dienste beeinträchtigen könnten oder das Standesansehen verletzen, unstatthaft.

Eine ausdrückliche Bewilligung ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung zur Ausübung einer Nebenbeschäftigung nicht erforderlich, doch ist der Beamte verpflichtet, vor Übernahme einer Nebenbeschäftigung dem Magistrat hievon schriftlich Mitteilung zu machen. Dieser hat die Ausübung zu untersagen, wenn sie nach Abs. 1 unstatthaft ist.

Nach § 51 Abs. 2 des Statutes für die Landeshauptstadt Linz 1992 (StL), LGBl Nr. 7, verfügt und entscheidet der Magistrat in allen behördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadt in erster Instanz, soweit diese nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten sind.

Organe der Stadt sind nach § 7 StL 1. der Gemeinderat; 2. der (die) Bürgermeister (Bürgermeisterin); 3. der Stadtsenat (Verwaltungsausschuss); 4. die einzelnen Mitglieder des Stadtsenates; 5. der Magistrat.

Nach § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG muss jede schriftliche Ausfertigung eines Bescheides u.a. die Bezeichnung der Behörde enthalten, die die Entscheidung getroffen hat.

Der Ausgang des vorliegenden Beschwerdeverfahrens hängt davon ab, wem die "erstinstanzliche" Erledigung zuzuordnen (zuzurechnen) ist. Daraus ergibt sich nämlich, ob überhaupt ein Bescheid vorliegt, bejahendenfalls, ob (hier: in erster Instanz) die zuständige Behörde (Magistrat) entschieden hat.

Die Frage, welcher Stelle ein behördlicher Abspruch zuzurechnen ist, ist an Hand des äußeren Erscheinungsbildes nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen (vgl. dazu z.B. die hg. Beschlüsse vom , 95/12/0142, vom , 92/12/0267 oder vom , 96/12/0244). Von welcher Behörde die als Bescheid bezeichnete Erledigung ausgeht, ist nicht allein aus der Kopfbezeichnung des Bescheides zu entnehmen. Wenn im Übrigen im Zusammenhalt mit dem Bescheidabspruch - so insbesondere mit der Fertigungsklausel - die bescheiderlassende Behörde eindeutig zu entnehmen ist, ist dies ausreichend.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann es aber nach der maßgebenden äußeren Erscheinungsform der "erstinstanzlichen" Erledigung keinem Zweifel unterliegen, dass diese ausschließlich dem "Präsidialdirektor der Landeshauptstadt Linz" zugeordnet werden kann. Dies ergibt sich aus der mit dem Kopf dieser Erledigung übereinstimmenden Fertigungsklausel. In der Erledigung fehlt jeder Hinweis darauf, dass der Präsidialdirektor für den Magistrat oder ein sonstiges Organ der Stadt tätig geworden ist, dem Behördenfunktion zukommt.

Die bloße Zitierung des § 24 Abs. 2 StGBG im Spruch der als Bescheid bezeichneten erstinstanzlichen Erledigung erfüllt diese Voraussetzung entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht. Abgesehen davon, dass diese Bestimmung nicht bloß eine Zuständigkeitsbestimmung ist, sondern (in Form eines Verweises auf den Abs. 1) auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen, die für die Untersagung einer Nebenbeschäftigung maßgebend sind, enthält, wird damit nicht mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck gebracht, dass der Magistrat oder eine andere Stelle als der Unterfertigende als entscheidende Behörde in Betracht kommt. Benennen Bestandteile einer als Bescheid intendierten Erledigung (hier: Kopf und Fertigungsklausel) ausdrücklich diesselbe Stelle, die (bei unbefangener Betrachtung) nach objektiven Gesichtspunkten als bescheiderlassende Behörde zu werten ist, wird das aus diesem äußeren Erscheinungsbild abgeleitete Ergebnis nicht schon durch ein bloßes Gesetzeszitat im Spruch in Frage gestellt, das zudem seinem Inhalt nach mehrere Anordnungen enthält. Vielmehr bedarf es in diesem Fall zur "Korrektur" des (durch Kopf und Fertigungsklausel begründeten) äußeren Erscheinungsbildes eines ebenso deutlichen "Signals" (hier: durch ausdrückliche Anführung des Magistrates) in der Richtung, dass eine andere Stelle als die im Kopf und in der Fertigungsklausel übereinstimmend angeführte als bescheiderlassende Stelle in Frage kommt. Eine bloß "verschlüsselte Botschaft" in Form eines Gesetzeszitates reicht hiefür nicht aus. Erst wenn ein solcher möglicher "Widerspruch" aus dem äußeren Erscheinungsbild der Erledigung selbst ohne weiteres hinreichend erkennbar ist, kann er allenfalls in gesetzeskonformer Auslegung aufgelöst werden, indem zB aufgrund der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften eine der angeführten Stellen als Hilfsapparat der gleichfalls in der Erledigung angeführten Behörde gedeutet wird (vgl. dazu z. B. das hg. Erkenntnis vom , 96/05/0112, in dem ein solcher "Widerspruch" in diesem Sinne aufgelöst wurde. In diesem Fall wurde ein Bescheid, der in einer Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches - hier: Androhung einer Ersatzvornahme nach dem VVG - ergangen war, dessen Kopf die Bezeichnung "Landeshauptstadt Linz Magistrat Baurechtsamt als Bezirksverwaltungsbehörde" trug, der aber "Für den Bürgermeister" gefertigt war, in verfassungskonformer Auslegung dem Bürgermeister zugerechnet, wobei der Magistrat als dessen Hilfsapparat eingeordnet wurde. Hingegen wurde im hg Erkenntnis vom , 86/04/0048, ein solcher "Widerspruch" nicht angenommen. In diesem Fall wurde ein gleichfalls in einer Vollstreckungsangelegenheit erlassener Bescheid mit der Bezeichnung "Landeshauptstadt Linz - Der Magistrat - Baurechtsamt", der die Fertigungsklausel "Der Amtsleiter iA" trug, dem genannten Magistrat zugerechnet, weil sich offenbar auch sonst kein Hinweis auf eine andere Behörde fand und die Fertigung in Verbindung mit dem Kopf und den Fertigungsbestimmungen nicht den äußeren Anschein erweckte, der für den Amtsleiter handelnde Organwalter habe sich auf dessen Eigenschaft als monokratische Spitze der Behörde "Bauamt" berufen und nicht bloß auf dessen Funktion als Abteilungsleiter des Bauamtes als einer Organisationseinheit des ausdrücklich genannten Magistrates). Es kann nicht dem Spürsinn des jeweiligen durch einen solchen "Bescheid" betroffenen Adressaten überlassen bleiben, erst durch weitere Nachforschungen einen möglichen "Widerspruch" aufzudecken. Vor diesem Hintergrund führt auch die in der erstinstanzlichen Erledigung in der Rechtsmittelbelehrung gewählte Formulierung betreffend die Benennung der Einbringungsstelle ("Gegen diesen Bescheid kann binnen zwei Wochen ab dem Tag der Zustellung beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz, p.A. Präsidialdirektion, Gruberstraße 6,4010 Linz, schriftlich Berufung eingebracht werden") zu keinem anderen Ergebnis. Die Angabe der Einbringungsstelle für ein offenstehendes Rechtsmittel lässt keinen Rückschluss darauf zu, wer die anfechtbare Erledigung erlassen hat.

Aus diesen Gründen kann die erstinstanzliche Erledigung weder dem Magistrat noch einem anderen Organ der Landeshauptstadt Linz zugerechnet werden, der Behördenfunktion zukommt. Dem Präsidialdirektor selbst kommt aber nach der Rechtslage, insbesondere nach dem StL oder dem StGBG, nicht die Stellung als Leiter einer Behörde "Präsidialdirektion" zu.

Kommt aber dem Präsidialdirektor nicht die Eigenschaft als Leiter einer (monokratischen) Behörde der Landeshauptstadt Linz zu und mangelt es daher an der (selbstständigen) Bescheidfähigkeit, ist seine ihm zuzurechnende in der Sache ergangene Erledigung vom ungeachtet ihrer Bezeichnung kein Bescheid (vgl. in diesem Zusammenhang zu einer im Ergebnis ähnlichen Fallkonstellation - keine Bescheidfähigkeit des für die Parlamentsdirektion ohne Berufung auf den Präsidenten des Nationalrates handelnden Parlamentsdirektors - den hg Beschluss vom , 92/12/0267).

Da die belangte Behörde demnach über die Berufung gegen einen Nichtbescheid in der Sache entscheiden hat, anstatt dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom , 92/11/0238), ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47, 48 Abs. 1 Z 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl Nr. 416/1994.

Wien, am