VwGH vom 27.06.1990, 89/03/0293
Betreff
S gegen Tiroler Landesregierung vom , Zl. IIb2-V-7417/3-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom wurde der - inzwischen verstorbene - Beschwerdeführer schuldig erkannt, am , um 17.43 Uhr, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer durch die Ortsgemeinde und durch den Straßenkilometer bezeichneten Stelle einer Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen überschritten zu haben. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 20 Abs. 2 StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 900,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt.
Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seinen Einspruch gegen die zunächst ergangene Strafverfügung im wesentlichen damit begründet, daß er sich durch das knappe Auffahren des Zivilstreifenfahrzeuges genötigt gefühlt und deshalb die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe. Selbst wenn jedoch die Angaben darüber, daß das Zivilstreifenfahrzeug in geringem Abstand nachgefahren sei, den Tatsachen entsprechen sollten, vermöge dieser Umstand das Überschreiten der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht zu entschuldigen bzw. zu rechtfertigen. Von einer Nötigung könne im vorliegenden Fall in keiner Weise gesprochen werden.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Im Hinblick auf das Ableben des Beschwerdeführers teilte die belangte Behörde mit Schriftsatz vom mit, daß sowohl die Geldstrafe in der Höhe von S 900,-- als auch die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz am eingezahlt worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Gendarmerieanzeige; Rechtfertigung des Beschwerdeführers, insbesondere im Einspruch gegen die Strafverfügung; Zeugenaussage des Meldungslegers) durfte die belangte Behörde die im Schuldspruch festgestellte Tatsache einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen als objektiv verwirklicht feststellen.
Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG 1950 kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/03/0112). Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde auf Grund des vom Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erstatteten Vorbringens anläßlich der gegenständlichen Fahrt das Vorliegen einer Notstandssituation ins Auge hätte fassen müssen (siehe zum Nachfahren durch einen anderen PKW, ohne daß eine Notstandssituation begründet würde, u.a. das
hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/03/0261). Mit dem in der vorliegenden Beschwerde aufgeworfenen Fragen (befand sich zwischen dem Beschwerdeführer und dem Gendarmeriefahrzeug ein weiteres Fahrzeug? Warum wurde gegen den Beschwerdeführer von den Gendarmerieorganen keine Amtshandlung durchgeführt?) vermag der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der Verwaltungsgerichtshof vermag schließlich nicht zu erkennen, daß der Zweck des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 AVG 1950, 24 VStG 1950) eine Gegenüberstellung zwischen dem Beschwerdeführer und dem als Zeugen einvernommenen Meldungsleger erforderlich gemacht hätte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.