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VwGH vom 15.09.2004, 2001/09/0101

VwGH vom 15.09.2004, 2001/09/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der S & Co. KEG in W, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice von , Zl. 10/13114/107.8652/2000, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin (S & Co. KEG) beantragte am beim Arbeitsmarktservice Angestellte Ost Wien die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zur Anwerbung der ukrainischen Staatsangehörigen Z (geboren am ) für die berufliche Tätigkeit "Sales Managerin" als voraussichtliche Dauerbeschäftigung mit monatlicher Bruttoentlohnung in Höhe von S 28.000,--. Als spezielles Bildungserfordernis führte sie in ihrem Antrag "Wirtschaftsstudium, russische Sprachkenntnisse, Kontakte zu russischen Geschäftspartnern, siehe Beiblatt" an. In dem (ihrem Antrag angeschlossenen) Beiblatt führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie habe einen inländischen Arbeitnehmer (im Angestelltenverhältnis), sei ein Elektroinstallationsbetrieb und betreibe einen Handel mit medizinischen Geräten (Beleuchtungskörper für Ärzte). Für den genannten Handel wäre die Ausländerin die ideale Arbeitnehmerin. Das gesamtwirtschaftliche Interesse (an der Beschäftigung der Ausländerin) liege darin, dass der inländische Arbeitsplatz (gemeint: der Arbeitsplatz des inländischen Angestellten) gesichert werde. Ein inländischer Wirtschaftsakademiker ohne ukrainische Sprachkenntnisse bzw. Kontakte könne den Handel mit Elektrogeräten nicht betreiben.

Diesen Antrag lehnte das Arbeitsmarktservice Angestellte Ost Wien mit Bescheid vom gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG ab.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Sie brachte im Berufungsverfahren - aufgrund der ihr von der belangten Behörde mit Schreiben vom zur Kenntnis gebrachten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - mit Schriftsatz vom im Wesentlichen vor, die beantragte Ausländerin habe zu vielen medizinisch technischen Firmen ihrer Heimat Geschäftskontakte und es sei beabsichtigt, zum Unternehmen der Beschwerdeführerin entsprechende Geschäftsverbindungen herzustellen. Dadurch werde nicht nur der Arbeitsplatz des österreichischen Angestellten gesichert, sondern es sei eine Umsatzerweiterung von etwa 3 Millionen Schilling im Jahr zu erwarten und dadurch müssten auch österreichische Servicekräfte angestellt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 11 und § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, die beantragte ausländische Arbeitskraft gehöre nicht zu den in § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG bevorzugten Personengruppen. Insbesondere gehöre sie nicht der Personengruppe nach § 4 Abs. 6 Z 3 lit. b AuslBG an und sie sei auch keine Schlüsselkraft, weil die Beschwerdeführerin als "Ein-Mann-Betrieb" ein Klein(st)betrieb sei. Auf das Tätigwerden der beantragten Ausländerin komme es nicht an, damit der Betrieb der Beschwerdeführerin bestehen könne bzw. Arbeitsplätze gesichert würden. Vielmehr sei die Beschwerdeführerin schon bisher ohne die beantragte Ausländerin tätig gewesen und für den Bestand ihres Unternehmens sei ein Tätigwerden der Ausländerin nicht erforderlich. Gründe, die eine Beschäftigung der beantragten Ausländerin (nach § 1 Z 3 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) als im gesamtwirtschaftlichen Interesse gelegen erscheinen ließe, seien nicht festgestellt worden. Die Beschäftigung der beantragten Ausländerin liege nur im betrieblichen Interesse der Beschwerdeführerin. Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG seien nicht erfüllt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 11 Abs. 1 AuslBG (BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999) ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.

Nach Abs. 2 leg. cit. darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Sicherungsbescheinigung auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Dass das erschwerte Verfahren (nach der genannten Gesetzesstelle) im Beschwerdefall zum Tragen kommt, ist unbestritten.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn

1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird und


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2.
die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
3. a)
der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder
b) die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder
c) überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder
d)
die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder
e)
die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll."
Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 3 müssen kumulativ vorliegen.
Der in Z. 1 der vorgenannten Bestimmung genannte § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG nennt folgende Personengruppen:
"3. Ausländer, die einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben haben;
4. a) jugendliche Ausländer, sofern sie das letzte Schuljahr vor Beendigung ihrer Schulpflicht gemäß dem Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in Österreich absolviert haben und wenigstens ein Elternteil, der nach dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen ist, während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet erwerbstätig war, oder
b) Ausländer, die seit mindestens acht Jahren in Österreich gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sind;
5. Ausländer, die, sofern sie nicht bereits einer der vorgenannten Personengruppen zuzurechnen sind, von einer Verordndung gemäß § 12 a Abs. 2 erfasst sind und für eine Vermittlung in Betracht kommen;
6. Ausländer, die nach mindestens dreijähriger erlaubter Beschäftigung im Inland einen Leistungsanspruch gemäß Z 3 erschöpft haben und seitdem durchgehend beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkt sind;
7. Ausländer, die sich länger als drei Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhaltes von Ehegatten und minderjährigen Kindern, die von ihnen wirtschaftlich abhängig sind und sich ebenso lang im Bundesgebiet rechtmäßig aufhalten, notwendig ist;
8. Ausländer, die sich länger als fünf Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Vermittlung auf offene Stellen nicht aussichtslos erscheint;
9. Asylwerber gemäß den §§ 7 a und 8 des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 76/1997."
Die aufgrund des § 12a Abs. 2 AuslBG erlassene Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV, BGBl. Nr. 278/1995 und 256/1997) erfasst nach § 1 der genannten Verordnung folgende Ausländer:
1. integrierte jugendliche Ausländer bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres, sofern sie das letzte volle Schuljahr vor Beendigung ihrer Schulpflicht gemäß dem Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 768/1996, in Österreich absolviert haben und wenigstens ein Elternteil, der nach dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, niedergelassen ist, während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet erwerbstätig war;
eine Überschreitung der genannten Altersgrenze wegen Absolvierung einer anschließenden schulischen oder universitären Ausbildung im Bundesgebiet ist zulässig;
2. Ausländer, die gemäß einer Verordnung auf Grund des § 29 des Fremdengesetzes 1997 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind;
3. Ausländer, an deren Beschäftigung
a) im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder
b) im Hinblick auf den mit der Beschäftigung verbundenen Transfer von Investitionskapital gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen;
4. Ausländer, für die zwischenstaatliche Abkommen zwingend Erleichterungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt vorsehen;
5. Ausländer, für die die Voraussetzungen zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach einer Verordnung aufgrund des § 9 des Fremdengesetzes 1997 vorliegen;
6. Ausländer, für die bereits eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, vorliegt;
7. Ausländer, für deren Beschäftigung die Voraussetzungen des § 18 AuslBG vorliegen;
8. Grenzgänger, im Sinne des § 1 Abs. 11 des Fremdengesetzes 1997 für eine Beschäftigung bei jenem Arbeitgeber, der sie innerhalb der letzten 12 Monate mindestens sechs Monate nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erlaubt beschäftigt hat;
9. integrierte Ausländer, die sich mindestens acht Jahren vor der Antragstellung im Bundesgebiet gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sind;
10. gemäß dem Fremdengesetz 1997 in Österreich niedergelassene Ausländer, denen wegen eines gegen sie oder ihr minderjähriges Kind gerichteten körperlichen Angriffs, einer Drohung mit einem solchen oder wegen eines ihre psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigenden Verhaltens ihres Ehegatten ein weiteres Zusammenleben mit diesem nicht zumutbar ist und aus einem der genannten Gründe
a) der Ehegatte rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt wurde oder
b) eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, in der Fassung des Bundesgesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie - GeSchG, BGBl. Nr. 759/1996, oder ein gerichtlicher Beschluß auf gesonderte Wohnungnahme gemäß § 92 Abs. 3 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches - ABGB, JGS Nr. 946/1811, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 412/1975, erwirkt wurde oder
c) die Ehe gemäß den §§ 49 oder 50 des Ehegesetzes, dRGBl. I
S 807/1938, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 25/1995, geschieden wurde;
11. Asylwerber, die gemäß den §§ 8 und 15 des Asylgesetzes 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind."
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG würden deshalb vorliegen, weil die beantragte Ausländerin (wie im Schriftsatz vom vorgebracht worden sei) zum Personenkreis der unter § 1 Z 3 BHZÜV erfassten Ausländer gehöre.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Das gesamtwirtschaftliche Interesse im Sinne des § 1 Z 3 der BHZÜV an der künftigen Beschäftigung der beantragten Ausländerin (die objektive Komponente) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung seines Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/09/0160, und vom , Zl. 2001/09/0164).
Die Beschwerdeführerin hat (in ihrer Stellungnahme vom und in ihrer Beschwerde) zwar spezielle Kenntnisse bzw. besondere Erfahrungen der Ausländerin dargetan, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist aber nicht zu entnehmen, dass ihr Betrieb (der unbestrittenermaßen ein Kleinbetrieb ist) auf die gesamte Wirtschaft in der Region, in der er betrieben wird, wesentlichen Einfluss hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/09/0061, und vom , Zl. 2000/09/0045). Von daher ist aber die nach den Beschwerdebehauptungen erwartete Umsatzsteigerung und die daraus abgeleitete Einstellung österreichischer Servicekräfte, nicht geeignet, ein (über ein einzelbetriebliches Interesse hinausgehendes) gesamtwirtschaftliches Interesse an der Anwerbung der beantragten Ausländerin darzutun.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG verneint hat und demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass eine Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden darf.
Liegt einer der in § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG genannten Fälle nicht vor, sind die weiteren (kumulativen) Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z 2 und 3 leg. cit. nicht mehr zu prüfen. Dementsprechend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Versagungsgründe des § 4 Abs. 6 Z 2 oder 3 AuslBG auch nicht herangezogen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/09/0089, und vom , Zl. 2001/09/0223). Auf das Beschwerdevorbringen zur Anhörung des Regionalbeirates, das sich auf § 4 Abs. 6 Z 3 AuslBG bezieht, braucht daher nicht näher eingegangen zu werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 BGBl. II Nr. 333.
Wien, am