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VwGH vom 22.10.1996, 92/14/0210

VwGH vom 22.10.1996, 92/14/0210

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl 492/7-10/F-1992, betreffend Ablehnung als Vertreter gemäß § 84 Abs 1 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der EM auf Gewährung von Familienbeihilfe ab. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin rechtzeitig Berufung. Am wurde dem Finanzamt eine Vollmacht vom vorgelegt, mit welcher der Beschwerdeführer als Sektretär der Arbeiterkammer bevollmächtigt wurde, EM in ihrer Sozialrechtsangelegenheit zu vertreten. Die Vollmacht diene


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1.
zur Intervention und Akteneinsicht beim Versicherungsträger bzw. der Verwaltungsbehörde,
2.
zur Klagsführung vor dem Arbeits- und Sozialgericht erster Instanz,
3.
zur Vertretung vor den Verwaltungsbehörden in Sozialrechtsangelegenheiten, und zwar inhaltlich in vollem Umfang des § 31 ZPO.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab und stellte die Entscheidung der Berufungswerberin am zu.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer "die ordnungsgemäße Zustellung der Berufungsvorentscheidung". Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid ab und lehnte gleichzeitig den Beschwerdeführer als Vertreter der EM gemäß § 84 Abs 1 BAO ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen eingebrachte Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der von der Arbeiterkammer zu gewährende Rechtsschutz beschränke sich nach dem Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG) nur auf die Vertretung vor Gerichten in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten. Zu deren Aufgaben gehöre es nicht, kammerzugehörige Arbeitnehmer vor den Abgabenbehörden des Bundes zu vertreten. Die geschäftsmäßige Vertretungstätigkeit des Beschwerdeführers als Sekretär der Arbeiterkammer bewege sich daher nicht im Rahmen des Aufgabenbereiches der von ihm repräsentierten berufsständischen Vereinigung. Die Bestimmung des § 107a Abs 3 Z 7 der Abgabenordnung iVm § 71 WTBO und § 321 BAO könnten daher im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer erkennbar in seinem Recht, nicht als Vertreter abgelehnt zu werden, verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 84 Abs 1 BAO solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein.

Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung in Abgabensachen ergibt sich, soweit sie den Wirtschaftstreuhändern, das sind Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer und Steuerberater, vorbehalten sind, aus den §§ 31 bis 33 der Wirtschaftstreuhänderberufsordnung (WTBO). Andere Personen und Gesellschaften als die eben Genannten sind nur nach Maßgabe des § 71 WTBO befugt, vor Abgabenbehörden aufzutreten. Nach Abs 1 dieser Norm werden die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt. Gleiches gilt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie der im § 107a Abs 3 Z 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen. Berufsvertretungskörperschaften des öffentlichen Rechts sind auch befugt, Hilfe und Beistand auf dem Gebiet des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens für ihre Mitglieder zu leisten.

Nach § 321 Abs 2 BAO erfahren die gemäß § 71 WTBO unberührt gebliebenen Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden bzw zur Hilfe- oder Beistandsleistung in Abgabensachen durch das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes keine Änderung; dies gilt auch für die im § 107a Abs 3 Z 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen und Stellen.

Gemäß § 107a Abs 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO), dRGBl 1931 I 161, idF dRGB 1935 I, 1479 f, bedürfen Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere Rat in Steuersachen erteilen, dazu der vorherigen Erlaubnis des Finanzamtes. Abs 1 gilt nach Abs 3 Z 7 nicht für auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten.

Unter Hilfe in Steuersachen ist jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 93/16/0119, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit ausführlicher Begründung klargestellt hat, nicht die Vertretung vor den Abgabenbehörden umfaßt.

Der Beschwerdeführer, welcher unbestritten kein Angehöriger der in § 71 Abs. 1 Satz 1 WTBO genannten Berufsgruppen ist, wäre daher - vorausgesetzt, die Hilfe in Steuersachen gehörten zum Aufgabenbereich der Arbeiterkammer - maximal nur zu dieser Hilfe in Steuersachen bzw. unter Berücksichtigung des § 2 BAO in Beihilfensachen, keinesfalls aber zur Vertretung vor Abgabenbehörden befugt. Wenn der Beschwerdeführer demgegenüber meint, aus § 1 AKG und insbesondere § 7 AKG 1992 sei abzuleiten, daß zur Vertretung vor Abgabenbehörden (zumindest) in Familienbeilhilfenangelegenheiten befugt sei, ist folgendes zu sagen: Der jeweilige Programmsatz des § 1 AKG, BGBl. Nr. 105/1954, und § 1 AKG 1992 betrifft nicht die Befugnis zur Vertretung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden, sondern die "Vertretung" u.a. der sozialen Interessen der Dienstnehmer bzw. Arbeitnehmer. Soweit zu § 7 Abs. 1 AKG 1992 als zum Aufgabenbereich der Arbeiterkammern gehörend die gerichtliche Vertretung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten angesprochen wird, sind unter diesen Angelegenheiten jene der §§ 50 und 65 ASGG zu verstehen, in welchen nach § 40 ASGG vor den Gerichten erster und zweiter Instanz neben Rechtsanwälten u. a. auch Funktionäre und Arbeitnehmer einer gesetzlichen Interessensvertretung zur Vertretung befugt sind. Dazu gehören aber nicht Familienbeihilfenangelegenheiten. Dies ungeachtet der Frage, ob die Normen, welche die Familienbeihilfen regeln, zu den österreichischen Sozialgesetzen zu zählen sind. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer daher zu Recht mit Bescheid gemäß § 84 Abs 2 BAO als Bevollmächtigten abgelehnt.

Da der Beschwerdeführer in dem behaupteten Recht somit nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.