VwGH vom 24.10.1990, 89/03/0268
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerden des N gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung 1.) vom , Zl. 11-75 Ha 3-89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 und 2.) vom , Zl. 11-75 Ha 3-89, betreffend Bescheidberichtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit mündlich erlassenem Straferkenntnis der Erstbehörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 00.15 Uhr an dem nach Ortschaft, Straßenzug und Kreuzung bezeichneten Tatort einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines von der Behörde ermächtigten Organs geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die Berufung
abgewiesen.
Dagegen richtet sich die unter der hg. Zl. 89/03/0268 protokollierte Beschwerde.
In dem in Ansehung dieser Beschwerde eingeleiten Vorverfahren legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete sie eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Mit Beschluß vom hat der Verwaltungsgerichtshof an die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Anfrage nach § 41 VwGG betreffend die Angabe der Tatzeit im Spruch des Straferkenntnisses gerichtet.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der erstangefochtene Bescheid in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) dahin berichtigt, "daß die auf Grund eines Schreibfehlers unrichtig wiedergegebene Tatzeit der Verweigerung des Alkotests anstatt ', um 00.15 Uhr' ', um 01.15 Uhr' zu lauten hat".
Dagegen richtet sich die unter der hg. Zl. 90/03/0227 protokollierte Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Anzeige wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt am um 01.15 Uhr verweigert habe. Ferner wurde das von der Erstbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren, wie sich aus der am um 08.05 Uhr begonnenen Zeugeneinvernahme ergibt, auf einen am nach 01.00 Uhr gelegenen Zeitpunkt bezogen, und zwar, wie sich im Zusammenhang mit den am aufgenommenen weiteren Zeugenaussagen ergibt, auf den etwa um 01.00 Uhr begonnenen Geschehensablauf einer Fahrt mit dem Pkw, die zumindest in ihrer Schlußphase vom Beschwerdeführer als Lenker vorgenommen worden sei, und einer anschließenden Amtshandlung mit der Aufforderung, sich die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, was der Beschwerdeführer verweigert habe. Die betreffende von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Verweigerung am um 01.15 Uhr wurde im Wege der Zeugeneinvernahmen vom im Sinne des § 31 Abs. 2 VStG 1950 rechtzeitig verfolgt. Eben die betreffende Tat war Gegenstand sowohl des erstbehördlichen Straferkenntnisses als auch des erstangefochtenen Bescheides. Es gab und gibt nämlich weder Anhaltspunkte dafür, daß von einer Verwaltungsbehörde in Betracht gezogen wäre, den Beschwerdeführer über die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt um 01.15 Uhr hinaus wegen einer schon eine Stunde früher, nämlich um 00.15 Uhr, verwirklichten Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zur Verantwortung zu ziehen, noch Anhaltspunkte dafür, daß Anlaß auch nur für eine bloße Vermutung, der Beschwerdeführer könnte schon um 00.15 Uhr eine solche Verweigerung verwirklicht haben, bestanden hätte.
Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden kann die Behörde gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Auch Tatort und Tatzeit können Gegenstand einer Berichtigung sein, wenn das Versehen für die Partei ohne weiteres erkennbar war (siehe die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 82/03/0184, 0194, und vom , Slg. N.F. Nr. 11.775/A).
Ansonsten aber wird in der unter der hg. Zl. 90/03/0227 protokollierten Beschwerde nicht dargetan, daß die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Bescheidberichtigung im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950 im vorliegenden Fall nicht vorgelegen gewesen wären.
Bei der vorstehend dargelegten Sachlage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Ansehung der Tatzeit von einem für den Beschwerdeführer erkennbaren und seitens der Behörde vermeidbaren und sohin im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950 berichtigungsfähigen Fehler ausging.
Bereits der Inhalt der unter der hg. Zl. 90/03/0227 protokollierten Beschwerde läßt somit erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Diese Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Der Meldungsleger führte, worauf der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine unter der hg. Zl. 89/03/0268 protokollierte Beschwerde hinzuweisen ist, in seiner am abgelegten Zeugenaussage aus, er habe einwandfrei feststellen können, daß eine männliche Person beim Lenkrad bzw. auf der Fahrerseite und eine zweite, kleinere, nicht so stark gebaute weibliche Person am Beifahrersitz gesessen sei; während der sodann vorgenommenen anderweitigen Amtshandlung habe er wahrnehmen können, daß der Beschwerdeführer aus dem Pkw ausgestiegen sei und sich im Freien aufgehalten habe; nach Beendigung der anderweitigen Amtshandlung sei sodann der Beschwerdeführer auf dem Beifahrersitz gesessen. Auch der zweite Gendarmeriebeamte bekundete in der von ihm am abgelegten Zeugenaussage, er habe am Ende der Strecke des Nachfahrens eindeutig sehen können, daß ein Mann auf der Lenkerseite im Pkw gesessen sei; nach Beendigung der anderweitigen Amtshandlung sei plötzlich der Beschwerdeführer am Beifahrersitz gesessen; es sei eindeutig die männliche Person, die kräftiger gebaut gewesen sei als die Ehegattin des Beschwerdeführers, der Lenker des Pkw's gewesen.
Die als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten hielten somit ausdrücklich fest, daß ihre Aussage über die Person, die zunächst den Lenker- und später den Beifahrersitz eingenommen hatte, ihren Wahrnehmungen entspreche. Beide Gendarmeriebeamten beurteilten in ihrer Zeugenaussage diese ihre Wahrnehmungen abschließend als eindeutig. Mit dem in der Beschwerde enthaltenen, diesen Zeugenaussagen widersprechenden Hinweis, "daß den erhebenden Beamten ein Beobachtungs- bzw. Wahrnehmungsfehler unterlaufen sein dürfte" vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der von der belangten Behörde im Verwaltungsrechtszug bestätigte Schuldspruch bezog sich hinsichtlich des Lenkens auf eben jenen Straßenzug und jene Kreuzung, wo die Gendarmeriebeamten die bei ihrer Zeugeneinvernahme dargelegten Wahrnehmungen gemacht hatten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde den von ihr im Verwaltungsrechtszug bestätigten Schuldspruch auf eben diese Zeugenaussage gründete, ohne Ermittlungen darüber anzustellen, wer die Fahrt als Lenker des Fahrzeuges des Beschwerdeführers vorgenommen hatte, bevor die Gendarmeriebeamten diesem Fahrzeug nachfuhren.
Mit dem Vorbringen, es hätte im Zweifel für den Beschwerdeführer entschieden werden müssen, verkennt der Beschwerdeführer das Wesen der freien Beweiswürdigung und die Grenzen der gegenüber dieser freien Beweiswürdigung möglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Der Grundsatz "in dubio pro reo" greift nur Platz, wo die für und gegen den Beschuldigten sprechenden Umstände gleiches Gewicht haben, was jedoch im Sinne der von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides vorgenommenen Beweiswürdigung im vorliegenden Beschwerdefall zu verneinen ist.
Weder daraus, daß das erstbehördliche Strafverfahren innerhalb eines Zeitraumes von nur einer Woche durchgeführt wurde, noch daraus, daß über den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung der Möglichkeit der Akteneinsicht nicht formell entschieden wurde, ergibt sich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise fest, daß dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Beweisverfahrens am zur Kenntnis gebracht worden sei und daß darüber hinaus im Berufungsverfahren jederzeit die Möglichkeit der Akteneinsicht bestanden hätte; von dieser Möglichkeit sei allerdings kein Gebrauch gemacht worden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren die Vorschrift des § 17 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) verletzt worden wäre.
Die unter der hg. Zl. 89/03/0268 protokollierte Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.