zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 15.06.1993, 92/14/0183

VwGH vom 15.06.1993, 92/14/0183

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

92/14/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerden der MM und des HM in L, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom , 6/324/1-BK/Gr-1991 und 6/326/1-BK/Gr-1991, beide betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Ehegatten und waren je zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft. Diese verkauften sie am um 4 Mio S.

Anläßlich auch das Streitjahr umfassender abgabenbehördlicher Prüfungen bei den Beschwerdeführern stellte der Prüfer unter anderem fest, die Liegenschaft sei laut dem dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern vorgelegten Kaufvertrag am von den Beschwerdeführern je zur Hälfte erworben worden. Durch die Veräußerung dieser sich stets im Privatvermögen der Beschwerdeführer befindlichen Liegenschaft sei daher der Tatbestand des § 30 Abs 1 EStG 1972 verwirklicht worden. Der Prüfer rechnete den Beschwerdeführern je 1 Mio S als Einkünfte aus dem Spekulationsgeschäft zu.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers in den gemäß § 151 Abs 3 BAO erstatteten Berichten und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren Bescheide betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1987.

In den Berufungen gegen diese Bescheide führten die Beschwerdeführer aus, die Anschaffung der Liegenschaft sei nicht erst am , sondern bereits am erfolgt. (Die Beschwerdeführer legten der Berufung eine Kopie des Kaufvertrages mit dem ebenfalls in Kopie darauf befindlichen handschriftlichen Datum bei.) Am sei überdies eine Anzahlung von 500.000 S geleistet worden. (Zum Beweis dafür wurde bereits dem Prüfer ein fotokopierter Zettel vorgelegt, auf dem der Ehegatte der Verkäuferin den Erhalt dieses Betrages am genannten Tag bestätigt.) Am sei die Inventarliste unterschrieben und das Inventar übergeben worden. Die Liegenschaft sei von den Beschwerdeführern bereits vor dem genutzt worden. Deshalb sei von dem (mit der Errichtung des Kaufvertrages beauftragten) Rechtsanwalt als Stichtag für den Übergang aller Nutzen, Lasten und Gefahren auch der festgelegt worden. (Das vom Rechtsanwalt am verfaßte Schreiben ua bezüglich des Stichtages für den Übergang aller Nutzen, Lasten und Gefahren wurde der Berufung ebenfalls in Kopie beigelegt.) Für den Bereich des Abgabenrechtes seien nicht zivilrechtliche Gesichtspunkte, wie etwa die Eintragung ins Grundbuch, sondern der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums maßgebend. Entscheidend sei somit, ob die Erwerber über die Liegenschaft bereits wie Eigentümer hätten verfügen können. Unabhängig davon, ob der Zeitpunkt der Vertragserrichtung oder der Zeitpunkt des Beginnes der Nutzung durch die Erwerber als für das Steuerrecht maßgebend angesehen werde, sei der Berufung stattzugeben, weil beide Kriterien bereits Ende Juni 1982 erfüllt worden seien. Der ursprünglich am unterzeichnete Kaufvertrag sei lediglich aus Gründen der Rechtssicherheit Anfang Juli 1982 durch einen Rechtsanwalt nochmals modifiziert worden, wobei die wesentlichen Vertragspunkte jedoch nicht mehr geändert worden seien. Abschließend führten die Beschwerdeführer aus, sie hätten keine Spekulationsabsicht gehabt, sondern die Liegenschaft auf Grund ihrer wirtschaftlichen Notlage verkaufen müssen.

In einer Stellungnahme zu diesen Ausführungen entgegnete der Prüfer, er sei bei der Beurteilung des Falles von dem dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern vorgelegten Vertrag ausgegangen. Dem mit Datum versehenen Vertrag halte er für nachträglich erstellt, weil darin auf eine Inventarliste vom Bezug genommen werde. Diesem Vertrag fehle im übrigen auch der Punkt VIII, weshalb er erst den als Zeitpunkt der endgültigen Willensübereinkunft ansehe. Zu berichtigen sei jedoch die Höhe der Einkünfte aus dem Spekulationsgeschäft auf 853.055 S je Beschwerdeführer, weil beim Verkauf der Liegenschaft Spesen in entsprechender Höhe angefallen seien.

In zu dieser Stellungnahme abgegebenen Gegenäußerungen erwiderten die Beschwerdeführer, es sei unrichtig, daß der mit Datum versehene Vertrag nachträglich erstellt worden sei. Das Fehlen des Punktes VIII ergebe sich aus der vorläufigen Vertragsunterzeichnung am . Die Beschwerdeführer beantragten, die Verkäuferin der Liegenschaft als Zeugin einzuvernehmen.

Sowohl die Verkäuferin der Liegenschaft, als auch ihr Ehegatte gaben anläßlich ihrer Befragung am an, sie könnten sich weder an Einzelheiten der Verkaufsabwicklung, noch an die Zahlungsmodalitäten erinnern.

Die Beschwerdeführer wurden von der belangten Behörde telefonisch und schriftlich aufgefordert, die der Berufung angeschlossenen Schriftstücke im Original vorzulegen, weil diese zu den im Akt befindlichen Urkunden teilweise im Widerspruch stünden. Weiters wurden die Beschwerdeführer ersucht, den dem Prüfer in Fotokopie vorgelegten Beleg über die Akontozahlung sowie sämtliche Zahlungs- und Überweisungsbelege im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft im Original vorzulegen und die in der Berufung angeführten Beweise für die Nutzung der Liegenschaft durch die Beschwerdeführer im Juni 1982 zu erbringen. Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde den Beschwerdeführern die Aussage der Verkäuferin der Liegenschaft und ihres Ehegatten vorgehalten.

Diese Vorhalte wurden von den Beschwerdeführern nicht beantwortet.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden setzte die belangte Behörde die Einkünfte der Beschwerdeführer aus dem Spekulationsgeschäft im Sinn der Ausführungen des Prüfers in dessen Stellungnahme mit jeweils 853.055 S fest. Der förmliche Kaufvertrag (damit ist offensichtlich jener gemeint, der dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern vorgelegt wurde) sei unbestrittenermaßen erst am abgeschlossen worden. Der Abschluß des Kaufvertrages bereits am sei nicht glaubwürdig, weil in dem von den Beschwerdeführern in Kopie vorgelegten Vertrag auf eine beiliegende Inventarliste vom verwiesen werde. Gegen den Abschluß des Kaufvertrages am spreche auch das Schreiben des Rechtsanwaltes vom . Darin habe dieser ausgeführt, ihm käme eine ausführliche Inventarliste sehr zustatten, obwohl in dem angeblich am abgeschlossenen Vertrag bereits auf eine beiliegende Inventarliste verwiesen werde. Abschließend habe dieser von einer beabsichtigten Veräußerung gesprochen und die Beschwerdeführer aufgefordert: "Wenn Sie mit diesen Bedingungen einverstanden sind, bitte ich um einen kurzen Anruf und Bekanntgabe allfälliger Änderungs- und Ergänzungswünsche." Die Ausführungen in Punkt III des Vertrages betreffend die Zahlungsmodalitäten stünden überdies in Widerspruch zu den Behauptungen des Beschwerdeführers, sie hätten am eine Baranzahlung von 500.000 S geleistet. Diese Anzahlung sei von der Verkäuferin der Liegenschaft bzw ihrem Ehegatten nicht bestätigt worden. Bei dem von den Beschwerdeführern in Kopie vorgelegten Vertrag mit dem Datum handle es sich möglicherweise um eine Fotomontage. Das Original sei trotz mehrfacher Aufforderung nicht beigebracht worden. Vor Abschluß des Kaufvertrages am seien die Beschwerdeführer auch nicht wirtschaftliche Eigentümer der Liegenschaft gewesen. Dagegen spreche vor allem die Formulierung des Rechtsanwaltes, die Liegenschaft sei am vorläufig prekaristisch übergeben worden. Ein Prekarist habe einen schwächeren Rechtstitel als ein Mieter und sei somit keinesfalls wirtschaftlicher Eigentümer. Abschließend wurde ausgeführt, auf die Spekulationsabsicht der Beschwerdeführer komme es nicht an.

Gegen diese Bescheide wenden sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragt in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die Beschwerdeführer gehen davon aus, es sei erwiesen, daß der Kaufvertrag bereits am 29. Juni und nicht erst am abgeschlossen worden sei. Dieser Ansicht kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, könne der von den Beschwerdeführern in Kopie vorgelegte Vertrag nicht bereits am abgeschlossen worden sein, weil darin auf eine unbestrittenermaßen erst am erstellte Inventarliste hingewiesen werde. Dieses Argument, das gegen den Abschluß des Kaufvertrages am spricht, haben die Beschwerdeführer nie entkräftet. In der Beschwerde geben sie dazu lediglich an, die Inventarliste sei deshalb mit datiert, weil die schriftliche Fassung des mitverkauften Inventars erst später niedergelegt und dem am unterfertigten Entwurf des Kaufvertrages angeschlossen worden sei. Umfang und Kaufpreis des Inventars seien aber bereits am festgelegt worden. Wie in dem - angeblich - bereits am abgeschlossenen Kaufvertrag jedoch ausdrücklich auf die erst am erstellte Inventarliste hingewiesen werden konnte, bleibt damit ungeklärt.

Die belangte Behörde hat die Möglichkeit, es handle sich bei dem ihr lediglich in Kopie vorgelegten Kaufvertrag vom um eine Fotomontage, nicht ausgeschlossen. Erst im hg Verfahren legten die Beschwerdeführer das Original dieses Kaufvertrages vor. Die Vorlage dieses sowie der übrigen ORIGINALdokumente stellt eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung im Sinn des § 41 VwGG dar.

Die Ausführungen der Beschwerdeführer, sie hätten am eine Anzahlung von 500.000 S geleistet, stehen - wie bereits von der belangten Behörde ausgeführt worden ist - mit Punkt III des Kaufvertrages im Widerspruch, wonach der Kaufpreis am Tag der beglaubigten Unterschrift durch einen bankbestätigten Scheck zu bezahlen ist. Überdies wird der Betrag von 2,3 Mio S im Kaufvertrag ausdrücklich als "Gesamtkaufpreis" bezeichnet, während eine - nach den Angaben der Beschwerdeführer zusätzlich - zu leistende Anzahlung nicht erwähnt wird.

Die belangte Behörde hat sich entgegen dem Vorwurf der Beschwerdeführer mit den in Kopie vorgelegten Schriftstücken umfassend auseinandergesetzt und dabei in freier Beweiswürdigung festgestellt, warum die Behauptung der Beschwerdeführer, der Kaufvertrag sei bereits am abgeschlossen worden, nicht glaubwürdig ist. Da die Beweiswürdigung der belangten Behörde schlüssig ist und sie den Sachverhalt genügend erhoben hat, ist ihr auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorzuwerfen.

Damit ist die Sache bereits entschieden. Die Beschwerdeführer gehen bei Anwendung der unbestrittenen Rechtslage von einem unzutreffenden Sachverhalt aus und meinen, ein Spekulationsgeschäft gemäß § 30 Abs 1 EStG 1972 liege deshalb nicht vor, weil zwischen Kauf und Verkauf der Liegenschaft mehr als 5 Jahre vergangen seien. Da der Kauf der Liegenschaft - wie die belangte Behörde in einem mängelfreien Verfahren festgestellt hat - aber erst am erfolgte, wurden bei den Beschwerdeführern zu Recht der Höhe nach unbestrittene Einkünfte aus einem Spekulationsgeschäft der Einkommensteuer unterworfen.

Die Ansicht, sie hätten bereits vor dem Abschluß des Kaufvertrages wirtschaftliches Eigentum an der Liegenschaft erworben, vertreten die Beschwerdeführer nicht mehr. Mit dem - im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ebenfalls eine unbeachtliche Neuerung gemäß § 41 VwGG darstellenden - Hinweis, sie hätten bereits am die Wasserrechnung für die vorangegangene Periode bezahlt, wollen die Beschwerdeführer lediglich ein Indiz für den Abschluß des Kaufvertrages am schaffen. Die Bezahlung dieser Wasserrechnung spricht aber lediglich für die unbestrittenermaßen bereits vor August 1982 erfolgte Nutzung der Liegenschaft durch die Beschwerdeführer, jedoch weder für den Abschluß des Kaufvertrages, noch für den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums durch die Beschwerdeführer vor diesem Zeitpunkt.

Eine (neuerliche) Einvernahme der Verkäuferin der Liegenschaft, ihres Ehegatten sowie der Beschwerdeführer hatte zu unterbleiben, weil es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, anstelle der belangten Behörde eine von dieser allenfalls versäumte Beweisaufnahme nachzuholen und in Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zur Feststellung des Sachverhaltes selbst Beweise aufzunehmen (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 543). Ein Verfahrensmangel ist der belangten Behörde - wie bereits ausgeführt - jedoch nicht unterlaufen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.