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VwGH vom 20.10.1992, 92/14/0163

VwGH vom 20.10.1992, 92/14/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des K in N, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 104/3-5/Se-1992, betreffend Rückzahlung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer für das Kalenderjahr 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand beginnend mit in Österreich in einem auf Dauer von 5 Jahren vereinbarten unkündbaren Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber mit einer Betriebsstätte im Inland. Das Dienstverhältnis wurde mit einvernehmlich aufgelöst. Laut Auflösungsvereinbarung von diesem Tag erhielt der Beschwerdeführer für seine Bereitschaft zur vorzeitigen Auflösung einen Betrag in Höhe von 12 Monatsgehältern, wogegen auf seine weitere Arbeitsleistung verzichtet wurde. Der Beschwerdeführer war in der Zeit des erwähnten Dienstverhältnisses unbeschränkt steuerpflichtig. Der Arbeitgeber kam hinsichtlich des erwähnten Betrages seiner Lohnsteuerabzugspflicht durch Anwendung des Belastungsprozentsatzes gemäß § 67 Abs. 8 erster Fall EStG 1988 nach (Einbehalt eines Betrages von S 453.460,64).

Der Beschwerdeführer beantragte beim Finanzamt die Rückzahlung dieses Betrages mit der Begründung, das letzte volle Kalenderjahr sei 1989 gewesen. In diesem habe er vom erwähnten Arbeitgeber und überdies im Inland überhaupt keinen Arbeitslohn bezogen. Aus diesem Grund betrage der Belastungsprozentsatz Null.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, bei nicht ganzjährigem Zufluß von Arbeitslohn sei der Arbeitslohn der kürzeren Lohnzahlungszeiträume auf ein Kalenderjahr umzurechnen. Dies tat das Finanzamt daher hinsichtlich des vom Beschwerdeführer für den Zeitraum 1. Jänner bis bezogenen laufenden Arbeitslohnes und wendete den daraus ermittelten Belastungsprozentsatz (39,43) auf den Abfindungsbetrag (12 Monatsgehälter) an, woraus sich eine rückzuerstattende Lohnsteuer von S 2.060,67 ergab.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung als unbegründet ab. Sie billigte die vom Finanzamt vorgenommene Umrechnung auf ein Kalenderjahr als gesetzmäßig, weil es Zweck der Regelung nur sei, den Arbeitnehmer vor unverhältnismäßiger Besteuerung zu schützen, nicht aber, ihn ohne sachlichen Grund gegenüber Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn zeitgerecht bezahlt wurde, durch Steuerfreiheit zu bevorzugen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anwendung eines Belastungsprozentsatzes von Null und damit auf vollständige Rückzahlung der Lohnsteuer für die erwähnte Abfindung verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich verschiedener, erschöpfend aufgezählter sonstiger Bezüge - darunter (als erster Fall) die Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume - normiert § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 die Besteuerung mit dem Steuersatz, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht.

Auch bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine solche über die Berechnung der Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber. Unter Arbeitslohn kann daher nur der gemeint sein, der aus dem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber entspringt, mit dem die in § 67 Abs. 8 aufgezählten sonstigen Bezüge im Zusammenhang stehen (vgl. auch § 71 EStG 1988). Arbeitslohn aus Dienstverhältnissen zu anderen Arbeitgebern sind daher für den Steuersatz gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 ebenso unmaßgeblich wie das Fehlen von Arbeitslohn in Ermangelung eines Dienstverhältnisses überhaupt.

Daraus folgt für den Beschwerdefall aber nicht nur, daß der Arbeitslohn des Beschwerdeführers aus 1989, der ihm nach seiner eigenen Darstellung nur aus Dienstverhältnissen zu ANDEREN Arbeitgebern bezahlt wurde, schon deshalb im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung ist, sondern auch, daß ein Arbeitslohn des Kalenderjahres 1989, der gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 zur Ermittlung eines Belastungsprozentsatzes herangezogen werden könnte, überhaupt fehlt. Es kann ihm daher auch kein für die betreffende Abfindung relevanter Steuersatz entsprechen. Der nach dieser Gesetzesstelle zum Vergleich heranzuziehende Arbeitslohn war daher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers im vollen Kalenderjahr 1989 nicht Null, sondern es fehlte in diesem Kalenderjahr der vom Gesetz als Vergleichsmaßstab geforderte Wert. In Ermangelung eines solchen gibt es auch keinen entsprechenden Steuersatz Null. Der Beschwerdeführer irrt deshalb auch, wenn er meint, allein seine Ansicht finde im äußersten Wortsinn des Gesetzes Deckung. Das Gegenteil ist der Fall.

Zum selben Ergebnis führt der dem § 67 Abs. 8 EStG 1988 entnehmbare Zweck des Gesetzes. Dieser besteht darin, bestimmten sonstigen Bezügen, die bei typischer Betrachtung einen Zusammenhang mit längeren Zeiträumen des Dienstverhältnisses als einem Kalenderjahr haben und deren Auszahlung daher ohne diese Ausnahme nach dem Zuflußprinzip zu einer Erhöhung des laufenden Arbeitslohnes eines Kalenderjahres und damit zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Steuerprozentsatzes führen würde, diese Erhöhung zu ersparen. Die Einbeziehung eines Kalenderjahres, in dem mangels eines Dienstverhältnisses zum selben Arbeitgeber überhaupt kein Arbeitslohn entstanden sein kann, in den durch das Gesetz gebotenen Vergleich (arg: "entspricht") widerspräche, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, diesem Zweck des Gesetzes.

Für den vom Beschwerdepunkt allein umfaßten Rückzahlungsanspruch auf Grund eines Belastungsprozentsatzes Null ist es unwesentlich, wie § 67 Abs. 8 EStG 1988 für Fälle vorgesorgt hat, in denen es im Jahr des Zufließens eines der darin aufgezählten sonstigen Bezüge an einem "Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres" in dem Sinn fehlt, daß noch in keinem vollen Kalenderjahr Arbeitslohn (auf Grund des Dienstverhältnisses zum selben Arbeitgeber) ausbezahlt wurde. Die betreffende Vorschrift läßt nämlich unter Zugrundelegung ihres weitesten Wortsinnes nur folgende Deutungen zu:

1. Es fehlt überhaupt an dem in § 67 Abs. 8 EStG 1988 umschriebenen Tatbestand, weil ein Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres im Sinne dieser Gesetzesstelle fehlt, sodaß gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 die Besteuerung wie ein laufender Bezug zu erfolgen hätte;

2. es ist unter dem "letzten vollen Kalenderjahr" - was mit dem äußersten Wortsinn vereinbar wäre - jenes Kalenderjahr zu verstehen, in dem zuletzt (laufender) Arbeitslohn bezahlt wurde, und der diesem Arbeitslohn im vollen Kalenderjahr entsprechende Steuersatz zu ermitteln. Dies könnte nur, wie es die belangte Behörde getan hat, auf Grund eines auf das volle Kalenderjahr umgerechneten - also fiktiven - Arbeitslohnes des Kalenderjahres geschehen, weil es keine sachliche Rechtfertigung dafür gäbe, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe Arbeitslohn unterjähriger Lohnzahlungszeiträume dem Arbeitslohn für das volle Kalenderjahr gleichstellen und solcherart den Gleichheitsgrundsatz mißachten wollen. Auch das Abstellen auf einen auf das volle Kalenderjahr umgerechneten Arbeitslohn wäre mit dem Wortsinn vereinbar, zumal das Gesetz an anderer Stelle (§ 76 EStG 1988) auch den Begriff des "gezahlten Arbeitslohnes" kennt, hier aber lediglich das Wort "Arbeitslohn" ohne derartige Einschränkung verwendet wird.

Ob dem Gesetzgeber bei Beachtung des Grundsatzes verfassungskonformer Interpretation die erstgenannte Auslegungsvariante unterstellt werden dürfte, kann im Hinblick auf den Beschwerdepunkt dahingestellt bleiben. In beiden Fällen bestand der vom Beschwerdepunkt umfaßte Rückzahlungsanspruch nämlich nicht zu Recht.

Es ließ daher bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, der Beschwerdeführer also durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.