VwGH vom 23.03.2000, 97/15/0164
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des J B in F, vertreten durch Dr. Richard Kempf, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Kaiserstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , Zl 898-6/95, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1990 bis 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war als Kreditvermittler tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.
Im Rahmen einer den Zeitraum 1990 bis 1992 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung traf die Prüferin die Feststellung, der Beschwerdeführer habe in den Jahren 1988 bis 1992 Darlehen aufgenommen, deren betriebliche Notwendigkeit nicht habe nachgewiesen werden können. Der gewinnmindernd geltend gemachte Zinsaufwand (1990: 439.680 S 1991: 406.792 S 1992: 390.799 S) sei daher um folgende Beträge zu kürzen: 1990: 142.537 S 1991: 149.712 S 1992: 143.566 S. Eine entsprechende Kürzung sei bei den Bankspesen vorzunehmen. Durch eine im Jahre 1991 vorgenommene Umschuldung auf die Länderbank (Kreditaufnahme von 5,7 Mio S) seien Geldbeschaffungskosten von 129.826 S angefallen; diese könnten nicht sofort, sondern nur verteilt auf die Laufzeit der Verbindlichkeit abgesetzt werden.
In der Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1990 bis 1992 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe, wenn sich günstigere Kreditmöglichkeiten ergeben hätten, stets Umschuldungen vorgenommen und somit bei seinen Schulden das Ende der vereinbarten Laufzeit nicht abgewartet. Der Prüfer habe in jedem einzelnen Fall einen direkten Zusammenhang zwischen dem neu aufgenommenen Kredit und dem entsprechenden Geldbedarf des Beschwerdeführers nachvollziehen wollen. Die Methode der Schuldaufnahme des Beschwerdeführers unterliege aber nicht irgendeiner Kritik durch die Betriebsprüfung. Die beim Beschwerdeführer vorgefundenen Verhältnisse seien zu berücksichtigen; sie seien im Übrigen bei der vorangegangenen abgabenbehördlichen Prüfung nicht beanstandet worden. Der Beschwerdeführer habe sohin seine Schuldaufnahmen in völlig unüblicher Art und Weise gehandhabt. Aus diesem Grund sei es nicht richtig, das das Finanzamt die Geldbeschaffungskosten auf die Vertragsdauer verteilt habe. Die Verteilung hätte vielmehr nach den tatsächlichen Verhältnissen erfolgen müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung. Eine Verbindlichkeit sei dann dem Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn ihre Aufnahme betrieblich veranlasst gewesen sei, die Valuta also der Finanzierung betrieblicher Aufwendungen oder Wirtschaftsgüter gedient habe. Die Prüferin habe den Beschwerdeführer ersucht, die einzelnen Kredite dem privaten bzw. dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Anlass dieses Ersuchens sei die Umschuldung im Jahr 1991 gewesen, bei welcher der Beschwerdeführer mit der Länderbank einen Kreditvertrag über 5,7 Mio. S abgeschlossen und mit der Kreditvaluta teilweise betriebliche Schulden abgedeckt habe. Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers habe den Kredit von 5,7 Mio. S mit dem Betrag von
3,850.717 S dem privaten Bereich zugeordnet und den Restbetrag von 1,849.283 S dem Betriebsvermögen zugeschlagen. Insgesamt habe der Beschwerdeführer dem betrieblichen Bereich Verbindlichkeiten in folgender Höhe zugeordnet: zum : 3,682.041 S, zum : 3,591.042 S und zum :
3,449.668 S. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung habe der Beschwerdeführer die betrieblich veranlassten Fremdmittel sodann in folgender Höhe angegeben: für 1990: 3,315.000 S,
für 1991: 3,499.000 S, für 1992: 3,273.000 S. Nach Ansicht der Prüferin sei es unklar geblieben, welchen Zwecken die bei diversen Banken im Laufe mehrerer Jahre vor der Umschuldung auf die Länderbank aufgenommenen Fremdmittel zugeführt worden seien. Der Beschwerdeführer habe nämlich im Prüfungszeitraum wie auch in den Jahren zuvor keine einzige betrieblich veranlasste Investition in nennenswerter Höhe getätigt. Zur Klärung des Fremdmitttelbedarfes habe er lediglich vorgebracht, die Kredite für die Überbrückung von Provisionsforderungen benötigt zu haben. Er habe einige wenige Kreditverträge vorgelegt, jedoch kommentarlos und ohne die gewünschte Aufteilung in betriebliche und private Veranlassung. Im Zuge der Schlussbesprechung über die abgabenbehördliche Prüfung habe er hiezu eingewendet, die Kreditverträge seien teilweise zehn oder mehr Jahre alt, die Verwendung der Kreditvaluta kenne er nicht mehr. Mangels eines Nachweises der betrieblichen Verwendung habe die Prüferin die von 1988 bis 1992 bei verschiedenen Banken aufgenommenen Kredite der Privatsphäre des Beschwerdeführers zugeordnet. Der Beschwerdeführer habe dagegen eingewendet, die Frage nach der betrieblichen Bedingtheit der Kredite stelle sich nicht mehr, weil das Finanzamt anlässlich einer im Jahr 1985 durchgeführten Prüfung die damalige Zuordnung zu betrieblicher und privater Sphäre nicht in Frage gestellt habe, und jetzt kein anderer Aufteilungsmechnismus angebracht sei, als der bereits 1985 angewendete.
Nach Auffassung der belangten Behörde stehe fest, dass der Beschwerdeführer seit Jahren über kein nennenswertes Anlagevermögen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Kreditvermittler (er sei nicht selber Darlehensgeber) verfüge. Der Gesamtschuldenstand des Beschwerdeführers habe sich laufend erhöht
(: 3,347.578 S : 4,150.005 S : 7,663.560 S). Als Grund für eine betriebliche Veranlassung laufend höherer Fremdmittel habe der Beschwerdeführer angeführt, bis zum Eingang ausstehender Provisionen entsprechende Gelder benötigt zu haben. Diese Behauptung sei nicht konkretisiert und nicht überzeugend. Der Beschwerdeführer hätte im Abgabenverfahren die Verwendung der durch die Kreditaufnahmen der Jahre 1988 bis 1992 erhaltenen Mittel nachvollziehbar zuordnen und darstellen können. Die Provisionseinnahmen des Beschwerdeführers seien linear angewachsen (1986: 613.000 S 1987: 470.000 S 1988: 786.000 S 1989: 806.000 S 1990: 1,023.000 S 1991: 1,115.000 S 1992: 2,022.000 S). Die Provisionseinnahmen des Beschwerdeführers stützten seine Behauptung, er habe ausständige Provisionen mit Krediten überbrückt, in keiner Weise. Die Umsätze seien nämlich gleichmäßig angewachsen und wiesen keine Sprünge auf. Für die Zinsenbetrachtung sei im gegenständlichen Fall das Jahr 1990 maßgeblich. Von 1990 auf 1991 seien die Provisionseinnahmen um ca. 9 % gestiegen. Ein rasches Ansteigen von Provisionserträgen sei mit dem Jahr 1992 verbunden gewesen, der Beschwerdeführer habe aber nie behauptet, Provisionsansprüche aus dem Jahr 1990 erst im Jahr 1992 vereinnahmt zu haben. Zudem erklärte auch dieses Vorbringen nicht, weshalb die betrieblich veranlassten Zinsen sich innerhalb eines Jahres beinahe verdoppelt haben sollten (1989: 231.000 S 1990: 440.000 S). Entscheidend sei, dass die Zinsaufwendungen ab 1990 nachdrücklich angestiegen seien, der Beschwerdeführer aber die Erklärung schuldig geblieben sei, aus welchem Grund die zusätzlichen Kredite (und die damit verbundenen Zinsen) betrieblich veranlasst sein sollten. Die Neuaufnahme von Krediten in diesen Jahren hätte den Beschwerdeführer verpflichtet, mit einer entsprechenden Dokumentation Herkunft und Verwendung der Geldmittel darzustellen. Die bloße Behauptung, ein bestimmter Prozentsatz des Gesamtschuldenstandes diene betrieblichen Zwecken, sei nicht geeignet, die Betriebsvermögenseigenschaft bestimmter Kreditteile darzutun. Das Zusammentreffen betrieblicher und privater Ursachen für die Kreditaufnahmen hätte den Beschwerdeführer zu einer exakten Trennung der beiden Bereiche bestimmen müssen. Er habe aber keine Vorsorge dafür getroffen, um in üblicher Weise seine Behauptungen beweisen zu können. In dieses Bild passe, dass er hinsichtlich aller Provisionsgeschäfte keine Unterlagen aufbewahrt habe, sondern über die Vermittlungsprovisionen nur Kassa-Eingangsbelege erstellt habe, aus denen lediglich die Höhe der Provision ersichtlich sei. Die belangte Behörde stimme sohin der Ansicht des Finanzamtes zu, wonach die Neuaufnahme von Krediten in den Jahren 1988 bis 1992 nur insoweit zu Betriebsschulden geführt habe, als eine Umschuldung erfolgt sei. Dem Beschwerdeführer sei es jedoch nicht einmal ansatzweise gelungen, bestimmte Kredite oder Kreditteile, welche in den Jahren 1988 bis 1992 aufgenommen worden seien, mit der Einkünfteerzielung in Verbindung zu bringen. Eine Ausnahme stelle nur die Umschuldung von Verbindlichkeiten auf die Länderbank dar. Der "Modus" der Zuordnung von Verbindlichkeiten zur Privat- bzw. Betriebssphäre im Zuge einer früheren abgabenbehördlichen Prüfung stehe dem nicht entgegen. In gleicher Weise wie die Zinsen seien auch die entsprechenden Bankspesen dem Privatbereich zuzuordnen. Geldbeschaffungskosten seien Kosten, die mit einer Verbindlichkeit unmittelbar zusammenhängen und die steuerlich so behandelt werden müssten wie ein Damnum. Es sei daher zwingend, für Geldbeschaffungskosten aus der Umschuldung 1991 einen Aktivposten anzusetzen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Auf das Wesentliche zusammengefasst ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 1992 Kredite aufgenommen (und einen Teil davon im Jahr 1991 umgeschuldet) und in der Folge als betrieblich veranlasst behandelt hat, dass aber die betriebliche Verwendung der Valuta in keiner Weise nachweisbar gewesen ist. Der vom Beschwerdeführer behauptete Verwendungszweck, nämlich die Finanzierung von Provisionszahlungen, ist von der belangten Behörde als unglaubwürdig erachtet worden.
Die belangte Behörde hat daher die in den Jahren 1988 bis 1992 neu aufgenommenen Kredite nur insoweit dem betrieblichen Bereich zugeordnet, als mit ihnen eine Umschuldung (alter betrieblicher Schulden) vorgenommen worden ist.
Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte nicht auf Umstände abstellen dürfen, die vor dem Prüfungszeitraum, also vor 1990, eingetreten seien, ist entgegenzuhalten, dass sich die betriebliche Bedingtheit von Schulden aus der tatsächlichen Verwendung der Fremdmittel ergibt. Für die Frage, ob Fremdmittelzinsen als Betriebsausgaben anerkannt werden dürfen, muss daher geprüft werden, welcher Verwendung die Fremdmittel im Zeitpunkt ihrer Aufnahme zugeführt worden sind. Aus einer für frühere Zeiträume (Zeiträume der Schuldaufnahme) durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung ergibt sich hinsichtlich der Zuordnung der Schulden zum Betrieb bzw. zum Privatbereich keine Bindung für nachfolgende Zeiträume, in denen die Zinsaufwendungen anfallen.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde habe aktenwidrig angenommen, er habe das Ausmaß der als betrieblich behandelten Bankschulden vor allem im Jahr 1991 anlässlich einer Umschuldung auf die Länderbank erhöht. Tatsächlich sei aber das Ausmaß der betrieblichen Schulden durch die Umschuldung auf die Länderbank unverändert geblieben.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der angefochtene Bescheid eine Feststellung, der Beschwerdeführer habe im Jahr 1991 (im Zuge der Umschuldung) das Ausmaß der dem Betrieb zugeordneten Schulden erhöht, nicht enthält. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass das Jahr 1990 für den Schuldenanstieg entscheidend sei. Die belangte Behörde verweist darauf, dass die Zinsaufwendungen von 1989 (231.000 S) auf 1990 (440.000 S) äußerst stark angestiegen, in den Folgejahren 1990 (407.000 S) und 1991 (407.000 S, richtig allerdings 390.000 S) im Wesentlichen gleich geblieben seien (Seite 11 des angefochtenen Bescheides). Die Beschwerde zeigt zwar zutreffend auf, dass der angefochtene Bescheid in diesem Teil der Begründung die betrieblich geltend gemachten Zinsen des Jahres 1992 irrtümlich mit 407.000 S anstatt richtig mit 390.000 S angibt, dieses Versehen in der Bescheidbegründung ändert aber nichts daran, dass die belangte Behörde aus der Zinsentwicklung ein starkes Ansteigen der dem Betrieb zugeordneten Schulden im Jahre 1990 ableiten durfte. Dieses Ansteigen ist auch dann augenscheinlich, wenn, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, im Betrag der 1990 geltend gemachten Zinsen eine Nachbelastung der Sparkasse Bregenz in Höhe von 66.000 S hinsichtlich eines konkreten Kredites für vergangene zweieinhalb Jahre enthalten ist.
In der Beschwerde beziffert der Beschwerdeführer den Gesamtbetrag der von ihm dem Betrieb zugeordneten Bankschulden zum (3,572.570 S) und zum (3,695.900 S). Er deutete jedoch in keiner Weise an, aus welchen Gründen diese Schulden Betriebsvermögen darstellen sollten. Auf die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach betriebliche Gründe für die ab 1988 aufgenommenen Fremdmittel - mit Ausnahme der Umschuldung hinsichtlich des zu Beginn des Jahres 1988 bereits bestandenen betrieblichen Schuldenstandes - nicht erkennbar seien, geht die Beschwerde nicht ein.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, im Rahmen der im Jahre 1991 durchgeführten Umschuldung wären "die frühere aktivierten Geldbeschaffungskosten für die umgeschuldeten Beträge aufzulösen gewesen".
Die auf Grund der abgabenbehördlichen Prüfung vorgenommenen Änderungen betreffen insoweit Geldbeschaffungskosten, als die im Jahr 1991 mit dem Umschuldungskredit von 5,7 Mio. S angefallenen Geldbeschaffungskosten von 129.826 S, soweit sie auf den betrieblichen Bereich entfallen sind, infolge der Darlehenslaufzeit von 20 Jahren in den Jahren 1991 und 1992 nur mit einem Zwanzigstel zum Ansatz gebracht worden sind. Die Frage dieser Verteilung der Geldbeschaffungskosten ist vom Beschwerdepunkt nicht umfasst. Das Beschwerdevorbringen betreffend die "früher aktivierten Geldbeschaffungskosten für die umgeschuldeten Beträge" basiert allerdings - wie in der Gegenschrift zu Recht aufgezeigt wird - auf einer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlichen Neuerung, weil im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht worden ist, dass der Beschwerdeführer Geldbeschaffungskosten "aktiviert" hätte.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am