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VwGH vom 06.09.1995, 95/12/0195

VwGH vom 06.09.1995, 95/12/0195

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

95/12/0214 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Akademischen Senates der Universität Innsbruck vom , Zl. 18013/24-95, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und insbesondere des vom Beschwerdeführer vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer studiert seit dem Wintersemester 1991/92 an der Universität Innsbruck Medizin. Am trat er zur dritten (und damit letzten zulässigen) Wiederholung der Teilprüfung des ersten Rigorosums aus dem Fach "Anatomie" an und bestand diese Prüfung nicht.

In der Folge richtete der Dekan der Medizinischen Fakultät folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer:

"Betrifft: Ausschluß vom Medizinstudium

Sehr geehrter Herr F

Da Sie die letzte zulässige Wiederholungsprüfung des Teilrigorosums "Anatomie" nicht bestanden haben, sind Sie gem. § 30 Abs. 6 des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes von der Fortsetzung des Medizinstudiums und von der Aufnahme desselben Studiums an einer österreichischen Universität ausgeschlossen. Beginnen Sie ein anderes Studium, so ist eine Anrechnung gem. § 21 leg. cit. möglich.

Mit freundlichem Gruß

Prof. Dr. P.

Dekan

Ergeht in Kopie an die Studienabteilung, hier, mit der Bitte um weitere Veranlassung (Matr.Nr. 9117628)2."

Diese Erledigung wertete der Beschwerdeführer als Bescheid um bekämpfte sie mit Berufung, in der er im wesentlichen vorbrachte, es habe keine gültige Prüfung stattgefunden (wird näher ausgeführt). Er stelle daher den Antrag auf ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Erledigung bzw. es möge die Berufungsbehörde aussprechen, daß er bis zu Ablauf des 9. Studiensemesters die Prüfungen des ersten Rigorosums (soweit er sie nicht schon abgelegt habe) absolvieren könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies der Akademische Senat (belangte Behörde) diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. Er begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, die angefochtene Erledigung sei weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet noch sonst in die äußere Form eines solchen gekleidet. Die Fassung dieser Erledigung sei auch nicht so gestaltet, daß daraus jedermann zweifelsfrei erkennen könnte, es sei damit verbindlich und somit in einer der Rechtskraft fähigen Weise über eine Verwaltungssache (Erlöschen der Immatrikulation bzw. Exmatrikulation) abgesprochen worden. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil zur Feststellung des Erlöschens der Immatrikulation in erster Instanz der Rektor und nicht der Dekan der Medizinischen Fakultät zuständig sei. Gemäß § 6 Abs. 5 lit. c AHStG erlösche die Immatrikulation (Exmatrikulation), wenn der ordentliche Hörer eine der vorgeschriebenen Prüfungen auch bei der letzten zulässigen Wiederholung (§ 30 Abs. 1 AHStG) nicht bestanden habe. Die Exmatrikulation trete ex lege ohne einen neuerlich die Exmatrikulation verfügenden Verwaltungsakt ein. Lägen rechtliche Zweifel über die Exmatrikulation vor, so begründe ein Feststellungsinteresse des Studierenden einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides durch den Rektor. Da der bekämpften Erledigung die Eigenschaft als Bescheid fehle, sei die dagegen erhobene Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf meritorische Erledigung seiner Berufung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 30 Abs. 6 des Allgemeinen Hochschulstudien-Gesetzes (AHStG) lautet:

"(6) Besteht ein Studierender eine Prüfung auch bei der letzten zulässigen Wiederholung nicht oder wird seine wissenschaftliche Arbeit auch bei der letzten zulässigen Vorlage nicht approbiert, so ist er von der Fortsetzung des Studiums oder von der Aufnahme für dasselbe Studium an einer österreichischen Hochschule ausgeschlossen. Beginnt er ein anderes Studium, so ist eine Anrechnung gemäß § 21 zulässig."

Nach § 6 Abs. 5 lit. d leg. cit. erlischt die Immatrikulation (Exmatrikulation), wenn der ordentliche Hörer eine der vorgeschriebenen Prüfungen auch bei der letzten zulässigen Wiederholung (§ 30 Abs. 1) nicht bestanden hat.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Beurteilung des Prüfungserfolges sei, jedenfalls bei akademischen Prüfungen, nicht als Bescheid anzusehen, sondern als Gutachten. Rechtsschutz gegen Prüfungen könnte in jenem Verfahren geltend gemacht werden, das zur Erlassung des ersten auf die Prüfung folgenden Bescheides über Rechtsfolgen dieser Prüfungen führe.

§ 30 Abs. 6 AHStG schließe von der Fortsetzung des Studiums, aber auch von der Aufnahme des Studiums an einer anderen österreichischen Universität aus. Der Eintritt dieser Rechtsfolge könne jedenfalls auch Gegenstand eines bescheidmäßigen Abspruches sein. Nach § 6 Abs. 5 lit. d leg. cit. erlösche im erwähnten Fall die Immatrikulation kraft Gesetzes. Aus dieser Rechtslage sei abzuleiten, daß die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Universität und damit auch die Möglichkeit des Weiterstudiums durch die bekämpfte Erledigung des Dekans einerseits von der Exmatrikulation unterschieden werden müsse, andererseits stelle die Erledigung des Dekans selbst den maßgebenden Rechtsakt dar, durch die die Fortsetzung des Medizinstudiums des Beschwerdeführers ausgeschlossen sei. Die bekämpfte Erledigung sei der erste förmliche Verwaltungsakt, der als Konsequenz der Beurteilung der Prüfung (Teilrigorosum aus dem Fach "Anatomie") erfolgt sei. Schon aus Gründen des Rechtsschutzes sei es unerläßlich, daß in solchen Angelegenheiten ein Bescheid ergehe. Zum möglichen Einwand, die belangte Behörde habe gar keinen Bescheid erlassen wollen, sei folgendes zu bemerken: Zwar sei an die Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen. Im Beschwerdefall seien jedoch die (Mindest)Erfordernisse eines Bescheides (an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung, Bezeichnung der Behörde, Spruch und Unterschrift) gegeben, sodaß die ausdrückliche Bescheidbezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich sei. Aus der Formulierung des ersten Satzes des Schreibens des Dekans ("Da

Sie ... nicht bestanden haben, sind Sie gemäß § 30 Abs. 6 AHStG

von der Fortsetzung des Medizinstudiums ... und von der Aufnahme desselben Studiums an österreichischen Universitäten ausgeschlossen") ergebe sich eindeutig, daß die belangte Behörde normativ tätig geworden sei. Die Verneinung des Bescheidcharakters dieser Erledigung durch die belangte Behörde mit dem Hinweis, es sei über die Exmatrikulation nicht in einer für jedermann zweifelsfrei erkennbaren Weise abgesprochen worden, übersehe, daß die Exmatrikulation mit den Rechtsfolgen des § 30 Abs. 6 AHStG nicht identisch sei. Der Erledigung des Dekans sei eindeutig zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer vom Medizinstudium in ganz Österreich ausgeschlossen sei. Die Beisetzung einer Grußformel durch den Dekan sei nicht entscheidend, was bereits die kanzleimäßige Behandlung (eigenhändige Zustellung) zeige.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Voraussetzung für die Qualifikation eines Verwaltungsaktes als Bescheid ist, daß es im Willen des Organes liegt, den Akt in Ausübung der hoheitlichen Gewalt zu setzen (vgl. VfSlg. 4856/1964) und daß es diesen Willen entsprechend zum Ausdruck bringt (vgl. VfSlg. 5464/1967).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (beginnend mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. 9458/A).

Bei Zweifel über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar dem Gebrauch der Höflichkeitsfloskel "Sehr geehrter Herr" oder der Verwendung "teilt Ihnen mit". Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher zu schließen, daß kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 84/11/0115).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist aber die angefochtene und oben wörtlich wiedergegebene Erledigung des Dekans der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck, die nicht als Bescheid gekennzeichnet ist, lediglich als Mitteilung der kraft Gesetzes eintretenden Rechtsfolgen nach § 30 Abs. 6 AHStG anzusehen (vgl. auch die Anrede und die Grußformel). Daran ändert auch nichts die Textierung des ersten Satzes dieser Erledigung, die auch auf die negative letzte Wiederholung des Teilrigorosums "Anatomie" durch den Beschwerdeführer Bezug nimmt und eine Verbindung mit den Rechtsfolgen nach § 30 Abs. 6 AHStG herstellt: In der bekämpften Erledigung findet sich kein Hinweis darauf, daß damit über eine strittige Frage (hier: das Vorliegen einer negativen letztmaligen Wiederholungsprüfung in einem Fach) rechtsverbindlich abgesprochen werden sollte. § 30 Abs. 6 AHStG läßt sich auch nicht entnehmen, daß die Behörde in jedem Fall von Amts wegen einen Feststellungsbescheid nach dieser Bestimmung zu erlassen hätte.

Es war daher schon aus diesem Grunde nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde den Bescheidcharakter der Erledigung des Dekans der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck verneinte und dementsprechend die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen hat. Bei diesem Ergebnis war auch nicht auf die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage des Verhältnisses von § 30 Abs. 6 zu § 6 Abs. 5 lit. d AHStG einzugehen bzw. die Frage zu klären, ob die Erlassung eines Feststellungsbescheides, der über alle Rechtsfolgen nach § 30 Abs. 6 AHStG abspricht zulässig ist und wer hiefür zuständig ist.

Da die Beschwerde bereits ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 iVm § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.