VwGH vom 03.06.2004, 2001/09/0003

VwGH vom 03.06.2004, 2001/09/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des W in H, vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Spitalmühlgasse 16/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-MD-00-127, betreffend Verfahrenshilfe in einem Verwaltungsstrafverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m.

§ 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für schuldig erkannt, als Inhaber eines näher angeführten Unternehmens dafür verantwortlich zu sein, dass vom 12. bis zum vier namentlich angeführte polnische Staatsbürger beschäftigt worden seien, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden seien. Über den Beschwerdeführer wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen vier Geldstrafen zu je S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 14 Tagen) verhängt. In der Begründung wird ausgeführt, dass die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe lediglich die Bauaufsicht übernommen, nicht geeignet sei, eine tat- oder schuldentlastende Wirkung zu entfalten. Die Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen sei im Hinblick auf bereits drei einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen des Beschwerdeführers gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer richtete innerhalb der Berufungsfrist folgendes Schreiben an die Behörde erster Instanz:

"Bezugnehmend auf das Straferkenntnis vom und die Ausführungen in der Rechtsmittelbelehrung beantragte ich die Beigebung eines Verteidigers.

Mit freundlichen Grüßen

(Unterschrift)"

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde dieser Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 51a Abs. 1 und 3 VStG abgewiesen und nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften damit begründet, dass besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten nicht gegeben seien, und der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom auch in keiner Weise ausführe, inwiefern er nicht in der Lage sein könne, die Kosten der Verteidigung zu tragen oder in welcher Hinsicht die Beiziehung eines Rechtsbeistandes zur zweckentsprechenden Verteidigung notwendig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 51a Abs. 1 erster Satz VStG, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, lautet:

"Ist der Beschuldigte außer Stande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich ist."

Diese Regelung orientiert sich an § 41 StPO und ist vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK zu sehen (vgl. dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom im Fall Quaranta, ÖJZ 1991/16/MRK). Geht es um den Entzug der persönlichen Freiheit, so ist - falls der Betroffene nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Rechtsbeistandes verfügt - die Beigebung eines Verfahrenshelfers geboten (vgl. das Urteil des EGMR vom im Fall Benham gegen das Vereinigte Königreich, ÖJZ 1996/36/MRK). Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers werden besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen sein (vgl. auch Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, zweite Auflage 1992, S 245 ff, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0055).

Die belangte Behörde hat Verfahrensvorschriften verletzt, indem sie den vorliegenden Verfahrenshilfeantrag ohne Einräumung von Parteiengehör zu den Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers sowie der Komplexität des Falles mit der Begründung abwies, der Beschwerdeführer habe in keiner Weise ausgeführt, inwiefern er nicht in der Lage sein könnte, die Kosten der Verteidigung zu tragen oder in welcher Hinsicht die Beiziehung eines Rechtsbeistandes zur zweckentsprechenden Verteidigung notwendig wäre. Zwar obliegt es dem Antragsteller in einem Verwaltungsverfahren, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes durch Erstattung eines mit Beweisanboten untermauerten konkreten Vorbringens betreffend jene Umstände beizutragen, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/21/0103). Dies enthebt die Behörde jedoch nicht ihrer Verpflichtung, gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und auch dem Antragsteller vor dem Hintergrund des § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 die Beibringung von Beweismitteln, etwa betreffend seine Vermögensverhältnisse, aufzutragen.

Die Unterlassung derartiger, grundsätzlich gebotener Verfahrensschritte führt im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil weder aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens noch aus der Beschwerde ersichtlich ist, dass besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschwerdeführers oder die besondere Tragweite des Rechtsfalles für den Beschwerdeführer die Beigebung eines Verteidigers erfordert hätten. In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer wie bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz (in welchem er keinen Rechtsbeistand hatte) bloß geltend, dass er nicht als Arbeitgeber, sondern nur als Bauaufsicht aufgetreten sei. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern ihm die Erstattung dieses Vorbringens vor der belangten Behörde ohne Beigebung eines Verteidigers nicht möglich gewesen wäre. Auch das Berufungsvorbringen, die Höhe der von der Behörde erster Instanz auferlegten Strafen sei durch eine fehlerhafte Einschätzung seiner Vermögensverhältnisse nicht angemessen, wäre dem Beschwerdeführer ohne Beigebung eines Verteidigers möglich gewesen. Da sohin besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten für die Verteidigung des Beschwerdeführers nicht ersichtlich sind, und auch kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, es werde zu einem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe kommen, liegt im Ergebnis die behauptete Rechtsverletzung nicht vor und war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am