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VwGH vom 17.12.1998, 97/15/0122

VwGH vom 17.12.1998, 97/15/0122

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. Hannes Grabher & Dr. Gerhard Müller, Rechtsanwälte in 6890 Lustenau, Schillerstraße 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , Zl. 2806-6/96, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der im Jahr 1978 gegründeten KG war der Beschwerdeführer ab dem Jahr 1983 mit einem Kommanditanteil von 7 % und ab dem Jahr 1990 mit einem Kommanditanteil von 26 % beteiligt. Im Zusammenhang mit der Aufstockung der Beteiligung im Jahr 1990 übernahm der Beschwerdeführer die Bürgschaft für von der A-Bank der KG gewährte Sanierungskredite.

Zum erfolgte die unentgeltliche (schenkungsweise) Übertragung des Kommanditanteiles vom Beschwerdeführer an seine - bereits an der KG beteiligten - Eltern. Weil ein unentgeltlicher Vorgang vorlag, erfolgte die Übertragung zu Buchwerten und wurde kein Veräußerungsgewinn realisiert.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom wurde über das Vermögen der KG der Konkurs eröffnet. Nach Abschluß eines Zwangsausgleiches wurde der Konkurs mit Beschluß vom aufgehoben. Im Jahr 1996 wurde die KG aufgelöst und ihre Firma gelöscht; ihr Vermögen ging gemäß § 142 HGB auf die Komplementär-GmbH - deren Geschäftsführer ist der Beschwerdeführer - über.

In der Einkommensteuererklärung 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3,234.926,91 S. Diese ergäben sich aus nachträglichen Betriebsausgaben iSd § 32 EStG 1988 im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Beteiligung an der KG. Aufgrund der Bürgschaft gegenüber der A-Bank sei eine Eigentumswohnung des Beschwerdeführers versteigert worden - hiefür wurden Betriebsausgaben von 2,984.926,91 S geltend gemacht - und sei zusätzlich eine Barzahlung von 250.000 S an die A-Bank geleistet worden.

Bei der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 1994 berücksichtigte das Finanzamt den Verlust aus Gewerbebetrieb nicht. Zahlungen aufgrund einer Bürgschaft für Bankschulden einer KG könnten nicht zu Betriebsausgaben führen, sondern stellten gewinneutrale Einlagen dar. Die Fremdmittelaufnahme würde nämlich bereits unmittelbar zu Betriebsausgaben führen, weil die KG die Mittel für die Abdeckung laufender Aufwendungen bzw. für die Anschaffung von Anlage- und Umlaufvermögen verwendet habe. Diese Betrachtungsweise sei auch geboten, wenn der Gesellschafter bereits aus der Gesellschaft ausgetreten sei und die Zahlung als ehemaliger Gesellschafter leiste.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die KG habe mit ihren Gläubigern einen Zwangsausgleich schließen können. Dadurch sei ein Sanierungsgewinn entstanden, der Verlustvorträge gekürzt habe. Früher den Gesellschaftern zugewiesene Verluste seien also durch diesen Sanierungsgewinn wieder ausgeglichen worden. Aus diesem Grund liege keine doppelte Anerkennung von Betriebsausgaben vor, wenn die Zahlung aufgrund der Bürgschaftsverpflichtung als nachträgliche Betriebsausgabe iSd § 32 EStG anerkannt werde.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, daß der Beschwerdeführer bei Zustandekommen des Zwangsausgleiches des Jahres 1993 nicht mehr Gesellschafter der KG gewesen sei, sodaß ihm ein Sanierungsgewinn nicht zugewiesen worden sei. Lediglich ein im Rahmen der ersten Sanierung im Jahr 1991 angefallener Sanierungsgewinn habe Verluste der Vorjahre kompensiert. Für 1992 sei dem Beschwerdeführer aber ein Verlustanteil von ca. 2,3 Mio. S zugewiesen worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom , 83/13/0186) könnten Zahlungen aus Bürgschaften für Schulden einer Personengesellschaft nur dann als (nachträgliche) Betriebsausgaben Berücksichtigung finden, wenn das Ausscheiden aus der Gesellschaft zu einem Veräußerungsgewinn geführt habe. Der Beschwerdeführer habe aber seine Beteiligung unentgeltlich an nahe Angehörige übertragen.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Beschwerdeführer vor, die Beteiligungsverhältnisse bei der KG hätten sich mehrmals geändert, er sei bei Anfallen großer Verluste in den 80er Jahren nur mit 7 % an der Gesellschaft beteiligt gewesen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Aufwendungen, die in Zusammenhang mit den Schulden bei der A-Bank stehen, ohnedies bei ihm steuerlich ausgewirkt hätten. Der Annahme einer Einlage in die KG stehe im übrigen entgegen, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme aufgrund der Bürgschaft nicht mehr Gesellschafter gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Bürgschaftszahlung eines ausgeschiedenen Kommanditisten schlage sich bei Ermittlung des Veräußerungsgewinnes nieder. Da die Bezahlung von Gesellschaftsschulden durch den Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht zu Betriebsausgaben führe, sondern eine Einlagenleistung darstelle, müsse die Inanspruchnahme des Gesellschafters nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft als "nachträgliche Einlagenleistung" beurteilt werden. Da diese "Einlage" im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gesellschaft noch keinen Niederschlag auf dem Kapitalkonto gefunden habe, müsse sie zu einer nachträglichen Korrektur des beim Ausscheiden ermittelten Veräußerungsgewinnes führen. Der Beschwerdeführer habe seine Beteiligung aber nicht veräußert, sondern unentgeltlich übertragen, sodaß kein Veräußerungsgewinn angefallen sei. Im übrigen stünden die Zahlungsschwierigkeiten der KG in Zusammenhang mit von ihr erwirtschafteten Verlusten, die den Gesellschaftern im Jahr 1992 (dem Beschwerdeführer mit dem Betrag von - 2,304.339 S) zugewiesen worden seien. Da der Zwangsausgleich im Jahr 1993 nach dem Ausscheiden des Beschwerdeführers zustande gekommen sei, sei ihm ein Sanierungsgewinn nicht zugewiesen worden. Der Verlust dürfe nicht durch die Anerkennung nachträglicher Betriebsausgaben nochmals berücksichtigt werden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Erbringt der Gesellschafter einer Personengesellschaft aufgrund der Bürgschaftsverpflichtung für Schulden der Gesellschaft eine Leistung, so ist darin eine Einlage iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu erblicken (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0004).

Die Inanspruchnahme des Gesellschafters aus der Bürgschaft führt sohin nicht zu Betriebsausgaben, sondern zu Einlagen. Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift und vom Beschwerdeführer in der Replik vertretenen Auffassung darf daher die drohende Inanspruchnahme nicht durch eine - im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters auszuweisende - steuerliche Rückstellung berücksichtigt werden. Die bevorstehende Verpflichtung zur Leistung einer Einlage iSd § 4 Abs. 1 EStG ist nicht rückstellungsfähig.

Die Einlage des Gesellschafters der Personengesellschaft erhöht den Stand seines Kapitalkontos. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes iSd § 24 EStG 1988 aus der Veräußerung der Beteiligung ist dem Veräußerungserlös der Stand des Kapitalkontos gegenüberzustellen. Über den Stand des Kapitalkontos wirken sich Einlagen somit auf den Veräußerungsgewinn/Veräußerungsverlust aus.

Der Glosse von Quantschnigg zur Besprechung des hg. Erkenntnisses vom , 83/13/0186, in RdW 1985, 390, liegt der zutreffende Gedanke zugrunde, daß der Umstand, ob der Gesellschafter vor oder nach dem Abtreten des Gesellschaftsanteiles aus der Bürgschaft zur Haftung herangezogen wird, nicht zu grundsätzlich unterschiedlichen steuerlichen Folgen führen soll. Wenn die Heranziehung aus der Bürgschaft für Schulden der Personengesellschaft erst nach der Veräußerung der Beteiligung erfolgt, muß es im Jahr der Heranziehung zu einer nachträglichen Korrektur des Veräußerungsgewinnes kommen.

Für den Beschwerdefall folgt daraus:

Die Leistung aus der Bürgschaft während des aufrechten Gesellschaftsverhältnisses erhöht als Einlage den Stand des Kapitalkontos. Im Falle einer unentgeltlichen Abtretung des Gesellschaftsanteiles übernimmt der Rechtsnachfolger die Buchwerte (§ 6 Z. 9 lit. a EStG 1988). Für den Abtretenden ergeben sich keine steuerlichen Konsequenzen.

Da der Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft keinen Einfluß auf die grundsätzliche steuerliche Folge der Zahlung haben soll, muß auch die nachträgliche Zahlung zu einer Besteuerung führen, die jener bei früherer Bürgschaftszahlung vergleichbar ist. Die Zahlung ist als "nachträgliche Einlage" zu qualifizieren, und zwar als solche zugunsten des Kapitalkontos des Rechtsnachfolgers, dem der Gesellschaftsanteil unentgeltlich übertragen worden ist. Eine andere Auslegung erbrächte das sachlich nicht gerechtfertigte Ergebnis, daß allein die unentgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteiles vor der Leistung aufgrund der Bürgschaftsverpflichtung zu einem Verlust in Höhe dieser Leistung führte.

Der Beschwerdeführer verweist in der Beschwerde darauf, daß durch die unentgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteiles die Besteuerung der stillen Reserven nur hinausgeschoben worden sei. In einer späteren Periode sei insbesondere eine Liegenschaft der KG verkauft worden, was zur Aufdeckung der stillen Reserven geführt habe. Mit diesem Vorbringen zeigt er aber nicht auf - und darauf käme es aber im gegebenen Zusammenhang an -, daß die Zahlung aufgrund der Bürgschaft vor seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft zu einem anderen Besteuerungsergebnis geführt hätte, als es dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegt.

Der Beschwerdeführer verweist auch darauf, daß das Ausmaß der Beteiligung an der KG einem ständigen Wechsel unterlegen sei und erhebliche Verluste bereits vor seinem Eintreten in die Gesellschaft angefallen und den seinerzeitigen Gesellschaftern zugewiesen worden seien. Die in Rede stehende Bürgschaft beziehe sich auf im Jahr 1990 aufgenommene Sanierungskredite, der ihm für das Jahr 1992 zugewiesene Verlust von 2,3 Mio. S sei erst später, nämlich im Jahr 1992 entstanden.

Mit diesem Vorbringen geht der Beschwerdeführer auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid ein, wonach die mit der Bürgschaft zusammenhängenden Fremdmittel bereits zu Verlusten der KG und damit zu steuerlichen Folgen beim Beschwerdeführer geführt hätten, weshalb eine Berücksichtigung der Bürgschaftszahlung als Betriebsausgabe zu einer doppelten Verwertung führe. Dieses Argument der mehrfachen Verlustverwertung findet sich im hg. Erkenntnis vom , 83/13/0186, wobei aber nur darauf abgestellt worden ist, daß die Gesellschafter - nicht ausschließlich der in der Folge aufgrund der Bürgschaft Herangezogene - Verluste zugewiesen erhalten haben. Der für den gegenständlichen Fall entscheidende Gesichtspunkt liegt aber ohnedies in der Einlageneigenschaft von Bürgschaftszahlungen der Gesellschafter.

Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht subjektiven Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am