VwGH vom 24.10.1995, 92/14/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl 30.741-3/90, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die am verstorbene Ehefrau des Beschwerdeführers hatte mit einem am und unterfertigten Kaufvertrag eine in ihrem Privatvermögen befindliche Liegenschaft an die WAG veräußert. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von S 6,000.000,-- vereinbart. Laut Punkt 6 des Kaufvertrages sollte die Tilgung des Kaufpreises in monatlichen Raten in Höhe von S 40.000,-- auf die Dauer von 25 Jahren, beginnend mit zuzüglich einer im Detail geregelten Wertbeständigkeitsangleichung erfolgen.
Bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 1984 brachte das Finanzamt in Zusammenhang mit diesem Rechtsgeschäft im Schätzungsweg Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von S 234.000,-- in Ansatz. In einer dagegen eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger seiner Ehefrau vor, es wären keine Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen, da im oben angeführten Kaufvertrag Ratenzahlung vereinbart worden sei und die Verkäuferin nur S 40.000,-- pro Monat erhalten habe.
Mit Berufungsvorentscheidung änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 1984 hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen dahingehend ab, daß nunmehr S 300.000,-- in Ansatz gebracht wurden. (Nahezu) zeitgleich erließ das Finanzamt Einkommensteuerbescheide für 1985 und 1986, worin jeweils Einkünfte aus Kapitalvermögen in Ansatz gebracht wurden und zwar für 1985 S 246.000,-- und für 1986 S 200.000,--.
Der Beschwerdeführer stellte als Rechtsnachfolger seiner Ehefrau hinsichtlich Einkommensteuer 1984 einen Antrag auf Entscheidung der Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und erhob gleichzeitig Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1985 und 1986. Darin wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß zwar im Kaufvertrag festgelegt worden sei, daß der Kaufpreis von S 6,000.000,-- in monatlichen Raten von S 40.000,-- auf die Dauer von 25 Jahren abzustatten sei, wodurch sich ein Gesamtbetrag von S 12,000.000,-- ergebe; gleichzeitig sei jedoch von seiner verstorbenen Ehefrau eine notarielle Erklärung abgegeben worden, daß die Kaufpreisforderung an die WAG nur an die (vorverstorbenen) Eltern seiner Ehefrau vererblich sei. Entsprechend dieser Erklärung sei von der WAG die Bezahlung weiterer Kaufpreisraten mit dem Ableben seiner Ehefrau bzw knapp danach eingestellt worden. Der Kaufvertrag und die erwähnte notarielle Erklärung seien unzweifelhaft als Einheit zu sehen, sodaß die Gegenleistungen für die Übertragung der Liegenschaft keine Raten, sondern eine Rente darstellten, welche mit dem Tode seiner Ehefrau erloschen sei. Eine Veräußerungsrente sei gemäß § 29 Z 1 EStG 1972 erst dann steuerpflichtig, wenn die Summe der vereinnahmten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung zum Zeitpunkt der Veräußerung überschritten habe. Zum Zeitpunkt der Veräußerung sei seine Ehefrau 54 Jahre alt gewesen, sodaß sich der kapitalisierte Wert der Rentenverpflichtung gemäß § 16 Abs 2 Bewertungsgesetz mit S 6,240.000,-- errechne. Dieser kapitalisierte Wert der Kaufpreisrente sei bis zum Tod seiner Ehefrau nicht einmal annähernd erreicht worden (gesamte Zahlungen der WAG S 1,486.996,--), sodaß sich aus dem Verkauf der Liegenschaft keine steuerpflichtigen Einkünfte ergeben hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1986 dahingehend abgeändert, daß an Einkünften aus Kapitalvermögen S 324.625,-- (1984), S 362.876,-- (1985) und S 290.355,-- (1986) in Ansatz gebracht wurden. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Vereinbarung der Ehefrau des Beschwerdeführers mit der WAG sei in freier Beweiswürdigung als Ratenkauf und nicht als Kaufvertrag mit Leibrentenklausel zu beurteilen. Der Kaufvertrag sei äußerst umfangreich und exakt formuliert. In Punkt 6 erster Teil werde unzweideutig die Tilgung des Kaufpreises in gleichbleibenden monatlichen Raten festgelegt. Es werde kein Hinweis auf eine Nebenurkunde oder eine Rentenvereinbarung gegeben. Auf Grund der Detailliertheit des Vertrages könne eine auf bloßer Unkonzentriertheit beruhende Bezeichnung der monatlichen Zahlungen als Raten ausgeschlossen werden. Selbst in der Berufung spreche der Beschwerdeführer von Raten, nur im "Vorlageantrag" an die zweite Instanz sei erstmalig von einer Leibrentenvereinbarung die Rede. Des weiteren bringe der Beschwerdeführer in verschiedenen Eingaben vor, seine Ehefrau habe aus dem Kaufvertrag mit der WAG Kaufpreisraten bezogen. Warum die Ehefrau des Beschwerdeführers fünf Tage nach Unterzeichnung des Kaufvertrages durch sie in einer notariellen Erklärung die allfällige Restforderung gegenüber der WAG als aktiv unvererblich erklärt habe, habe von "keiner der beteiligten Vertragsparteien", auch nicht vom Beschwerdeführer aufgeklärt werden können. Die Ursache dafür könne nach Ansicht des Senates in Gründen privater Differenzen mit dem Beschwerdeführer und potentiellen Erben zu suchen sein. Einen Eindruck auf das persönliche Verhältnis zwischen den Ehegatten zu dieser Zeit vermittle das Testament der Ehefrau des Beschwerdeführers vom , welches ausführlich schwere Zerwürfnisse zwischen den Ehepartnern aufzeige, wobei in diesem Zusammenhang der Hinweis ausreiche, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers diesen für erbunwürdig erklärt habe. In diesem Testament falle außerdem auf, daß der Kaufvertrag nicht als Leibrentenvertrag gewertet worden sei, werde doch ausdrücklich erklärt, daß durch dieses Testament der WAG die im Zeitpunkt ihres Ablebens noch offene Forderung erlassen werde. Daß auch die Ehefrau des Beschwerdeführers von einem Ratenkauf ausgegangen sei, ergebe sich dann auch deutlich aus ihrem zweiten, letztlich wirksamen, am errichteten Testament. Darin hinterlasse die Ehefrau des Beschwerdeführers ihre allfällige Restforderung gegenüber der WAG je zur Hälfte dem Beschwerdeführer und dem "Österreichischen Tierschutzverein". Die "Erblasserin" gehe hier offenbar davon aus, daß mit ihrem Tod die Forderung gegenüber der WAG nicht erlösche, sondern vererbt werde. Auch die WAG, die in einer Stellungnahme angegeben habe, es sei von Anfang an eine Leibrentenvereinbarung vorgesehen gewesen, habe keine schlüssige Erklärung dafür geboten, warum ein exakter und detaillierter Ratenkaufvertrag verfaßt worden sei, der gar nicht dem Willen der Vertragsparteien entsprochen haben solle. Daß die WAG den Vertrag nunmehr - nach dem vorzeitigen Ableben der Ehefrau des Beschwerdeführers - als Leibrentenvertrag bezeichne, sei im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch deshalb geringer zu gewichten, weil die Leibrentenvereinbarung für sie vorteilhaft sei, stelle sich doch damit die Frage der zivilrechtlichen Gültigkeit und Unwiderrufbarkeit der nachträglichen und einseitigen Erklärung vom über die aktive Unvererblichkeit der Rentenforderung nicht. Die belangte Behörde würdigte auch, daß in der Abgabenerklärung für das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern betreffend Grunderwerbsteuer aus dem gegenständlichen Liegenschaftskauf ein Kaufpreis von S 6,000.000,-- ausgewiesen sei und nicht der nach § 16 Abs 2 Bewertungsgesetz 1955 kapitalisierte Wert, der bei einer Leibrentenvereinbarung vorgesehen sei.
Der Beschwerdeführer beantragt in der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde die Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Frage strittig, ob der Wille der am Kaufvertrag beteiligten Parteien auf Vereinbarung eines Kaufes auf Raten oder eines Kaufes gegen Leibrente gerichtet war. Dies ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage. Im vorliegenden Fall sind die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht als unrichtig zu erkennen, da sie aus folgenden Gründen als schlüssig zu betrachten sind, das heißt, den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen.
Der Beschwerdeführer meint, daß die belangte Behörde zu Unrecht von einem Ratenkauf ausgegangen sei, weil mit dem Ableben seiner Ehefrau unter Berücksichtigung der erwähnten notariellen Erklärung - welche mit dem Kaufvertrag "unzweifelhaft" eine Einheit darstelle - jeder Anspruch auf die im Kaufvertrag vereinbarten Zahlungen erloschen sei.
Damit zeigt der Beschwerdeführer aber eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht auf: Die Ansprüche "erloschen" unter Berücksichtigung der notariellen Erklärung der Ehefrau des Beschwerdeführers nur deswegen mit deren Ableben, weil deren Eltern - welche nach dem Inhalt der Erklärung einen Erbanspruch auf eine allfällige Restforderung aus dem Kaufvertrag gehabt hätten - vor dem Ableben ihrer Tochter selbst, nämlich am bzw am verstorben waren. Gerade der Umstand, daß der Erbanspruch der Eltern der Ehefrau des Beschwerdeführers hinsichtlich einer allfälligen Restforderung gegen die Käufer ausdrücklich aufrecht erhalten wurde, spricht gegen das Vorbringen des Beschwerdeführers, weil in diesem Zusammenhang für die Annahme eines Kaufes gegen Leibrente kein Raum bleibt, zumal der Beschwerdeführer nie behauptet hat, nach dem Willen der Vertragsparteien wären neben seiner Ehefrau auch deren Eltern als Leibrentenberechtigte eingesetzt gewesen. Ungeachtet des Umstandes, daß Ansprüche aus einem Kaufvertrag gegen Leibrente regelmäßig mit dem Ableben des Leibrentenberechtigten erlöschen, ist aus dem "Erlöschen" der Ansprüche im Beschwerdefall daher für die Argumentation des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, insbesondere zeigt der Beschwerdeführer damit eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung nicht auf. Anhaltspunkte für eine Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung sind aber auch der Aktenlage nicht zu entnehmen.
Unrichtig ist das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe die klare Stellungnahme der WAG, wonach von Anfang an eine Leibrentenvereinbarung vorgesehen gewesen sei, übergangen. Vielmehr setzte sich die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auch mit diesem Vorbringen (vgl Seite 7 letzter Absatz und Seite 8 erste Zeile des angefochtenen Bescheides) ausführlich und in einer Weise auseinander, welche nicht als unschlüssig beurteilt werden kann.
Mit seinen Ausführungen zum Aufhebungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit stellt der Beschwerdeführer diesen nicht gesetzmäßig dar, weil er sich diesbezüglich von dem von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt entfernt (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/14/0028). Das diesbezügliche Vorbringen ist daher nicht geeignet, die behauptete Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.