VwGH vom 22.09.1999, 97/15/0116
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der MB in L, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, Promenade 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem - 521174/1 - 1997 - AP, betreffend Lustbarkeitsabgabe (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, p.A.: 4041 Linz, Hauptstraße 1-5), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe für den Betrieb einer Kompaktanlage im Frisörgeschäft der Beschwerdeführerin für den Zeitraum bis (in Höhe von insgesamt S 17.100,--) strittig. Die Vorschreibung erfolgte aufgrund einer Abgabenerklärung der Beschwerdeführerin vom mit Bescheid der mitbeteiligten Partei vom . Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid vom keine Folge gegeben. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung als unbegründet ab.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Vorstellung ausgeführt, es treffe zu, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , V 88/88, 98/88, die Bestimmung des § 17 Abs. 2 lit. c der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz (in der der gegenständlichen Abgabenvorschreibung zugrunde liegenden Fassung) als gesetzwidrig aufgehoben habe. Die Aufhebung dieser Bestimmung sei im Landesgesetzblatt für Oberösterreich am verlautbart worden, sodass § 17 Abs. 2 lit. c der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz nach Art. 139 Abs. 5 B-VG an diesem Tag außer Kraft getreten sei. Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG sei eine vom Verfassungsgerichtshof wegen Gesetzwidrigkeit aufgehobene Verordnung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiter anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspreche. Da dies "hier nicht der Fall war, ist die zitierte Verordnungsbestimmung auf den Abgabenzeitraum bis weiterhin anzuwenden".
Lustbarkeiten im Sinne des § 1 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz - so die belangte Behörde weiter in ihrer Begründung - seien nach § 2 Z. 5 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz insbesonders der Betrieb von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke und Deklamationen sowie von Apparaten gemäß § 17. Nach § 17 Abs. 1 Z. 3 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz sei für den Betrieb einer Vorrichtung zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen (Tonband, Plattenspieler, Kompaktanlagen u.a.) an öffentlichen Orten, in Gast- und Schankwirtschaften sowie in sonstigen jedermann zugänglichen Räumen eine Pauschalabgabe zu entrichten, wobei diese nach Abs. 2 für jeden angefangenen Betriebsmonat S 300,-- je Vorrichtung betrage. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich eindeutig, dass die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe für den Betrieb einer Kompaktanlage im Frisiersalon der Beschwerdeführerin sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht bestehe. Aufgrund der von der Beschwerdeführerin persönlich unterfertigten Erklärung vom stehe auch außer Zweifel, dass die Kompaktanlage in der dort näher bezeichneten Betriebsstätte seit 11 Jahren in Betrieb und somit die Verwirklichung eines Abgabentatbestandes gegeben sei. Gemäß § 242 Abs. 2 Z. 7 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung (Oö LAO) sei gleichzeitig mit deren Inkrafttreten die Bestimmung des § 28 des Oö Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979 bzw. der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz außer Kraft getreten. Nach § 152 Abs. 2 Oö LAO betrage die Verjährungsfrist fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre. Die Verjährung beginne mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei (§ 153 lit. a Oö LAO). Die Verjährung werde gemäß § 154 Abs. 1 leg. cit. durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in dem die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen. Im vorliegenden Fall habe die Abgabenbehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin nachweislich mit Schreiben vom über die Festsetzung der Lustbarkeitsabgabe für den Zeitraum 1/1985 bis 9/1989 in Kenntnis gesetzt. Da diese Amtshandlung innerhalb der mit begonnenen 5-jährigen Verjährungsfrist gesetzt worden sei, sei die Verjährung unterbrochen worden ("und begann mit neu zu laufen"). Die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe für den Zeitraum Jänner 1985 bis September 1989 mit Bescheid des Magistrates Linz vom sei somit im Rahmen der Verjährungsfrist erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird primär vorgebracht, die weitere Anwendung der Bestimmung des § 17 Abs. 2 lit. c der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates vom (Abgabenhöhe von S 300,-- für jeden angefangenen Betriebsmonat und Apparat) sei zu Unrecht erfolgt, zumal die Abgabenbescheide erst nach dem Ergehen des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom erlassen worden seien.
Mit Erkenntnis vom , 97/15/0123, 0124, hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem gleich gelagerten Beschwerdefall (und Beschwerdevorbringen) im Hinblick auf Art. 139 Abs. 6 B-VG und die Zeitbezogenheit der Geltung von materiell-rechtlichen Abgabenvorschriften ausgeführt, dass § 17 Abs. 2 lit. c Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz in der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Fassung anzuwenden ist, soweit die Tatbestandsverwirklichung vor dem lag. Die belangte Behörde ist daher auch im nunmehrigen Beschwerdefall zu Recht davon ausgegangen, dass die Verordnung in der genannten Fassung für Zeiträume bis September 1989 anzuwenden war.
In dem bezogenen Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zur vorgetragenen Rüge, am Ende des angefochtenen Bescheides finde sich lediglich der Vermerk "im Auftrag: Dr. K." festgehalten, dass der angefochtene Bescheid der Vorschrift des § 74 Oö LAO, wonach alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der sie erlassenden Behörde aufweisen müssen, entspreche. Es bestehen keine Zweifel, von wem der angefochtene Bescheid erlassen worden ist. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ist nämlich eindeutig zu entnehmen, dass dies die Oberösterreichische Landesregierung ist. Damit ist auch erkennbar, dass Dr. K. für die Oberösterreichische Landesregierung gehandelt hat.
Nach § 2 Abs. 4 Z. 5 des Oberösterreichischen Lustbarkeitsabgabegesetzes (und § 2 Z. 5 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz) gilt der Betrieb von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen gemäß § 17 von Gesetzes wegen als Lustbarkeit im Sinn des § 2 Abs. 1 leg. cit. Durch die einleitenden Worte "Lustbarkeit im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere folgende Veranstaltungen:" im § 2 Abs. 4 leg. cit. ist klargestellt, dass die in diesem Absatz genannten Veranstaltungen jedenfalls als Lustbarkeiten, die der Abgabe unterliegen, gelten, ohne dass im Fall dieser beispielsweise aufgezählten Veranstaltungen noch geprüft werden müsste, ob sie im Sinne des § 2 Abs. 2 erster Satz leg. cit. geeignet sind, die Besucher bzw. die Benützer zu unterhalten und zu ergötzen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/17/0209). Kommt es damit zur Entstehung der Abgabenschuld lediglich auf den Betrieb der in § 17 leg. cit. genannten Apparate an, dann ist es nicht von Bedeutung, ob nach dem Beschwerdevorbringen der Betrieb eines Frisiersalons (dessen Zweck es sei, "die Haare der Kunden zu schneiden und zu frisieren") nicht im Entferntesten dazu geeignet sei, "die Kunden zu erbauen bzw. zu ergötzen". Bei Geschäftsräumlichkeiten handelt es sich um Räume, die jedermann zugänglich sind. Dass es sich bei den Besuchern um (potentielle) Kunden der Beschwerdeführerin handelt, steht dem nicht entgegen (siehe dazu nochmals das Erkenntnis vom ).
In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, der angefochtene Bescheid sei "nicht bzw. widersprüchlich begründet". Es fehle jede Begründung, weshalb "für eine am angemeldete Anlage ab Lustbarkeitsabgabe vorgeschrieben wird". Es lägen keinerlei behördliche Ermittlungen vor bzw. sei das Ergebnis allfälliger behördlicher Ermittlungen der Beschwerdeführerin jedenfalls vor Bescheiderlassung nicht zur Kenntnis gebracht worden, sodass deren Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Die Verweise auf die von der Beschwerdeführerin unterfertigte Erklärung vom könnten diesen Verfahrensmangel nicht sanieren (im Einzelnen vermisst die Beschwerdeführerin hier auch ein Eingehen auf die von ihr abgegebene Stellungnahme vom ).
Zu diesem Vorbringen ist Folgendes zu sagen:
Die Beschwerdeführerin hat in der von ihr am unterfertigten Erklärung zur Lustbarkeitsabgabe hinsichtlich einer Kompaktanlage in der Rubrik "in Betrieb seit" 11 Jahre angegeben. Bereits in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom wurde - ähnlich wie in der nunmehrigen Beschwerde - gerügt, es fehle jede Begründung, weshalb für die Anlage ab Lustbarkeitsabgabe vorgeschrieben werde.
In einem Vorhalt der Abgabenbehörde vom wurde zu diesem Berufungsvorbringen darauf hingewiesen, die Lustbarkeitsabgabefestsetzung sei aufgrund behördlicher Ermittlungen sowie aufgrund der von der Beschwerdeführerin persönlich unterfertigten Erklärung (Anmeldung) vom erfolgt. Aus dieser Erklärung sei zu entnehmen, dass seit 11 Jahren eine Kompaktanlage in der näher bezeichneten Betriebsstätte betrieben werde.
In der in der Beschwerde angesprochenen Stellungnahme vom wurde dazu von der Beschwerdeführerin ausgeführt, für die Beurteilung der Frage, ob im gegenständlichen Fall die Lustbarkeitsabgabe für den Betrieb einer Kompaktanlage für den Abgabenzeitraum vom bis zu Recht vorgeschrieben worden sei, sei es ohne jegliche Bedeutung, ob diese Vorschreibung aufgrund behördlicher Ermittlungen, aufgrund einer von der Antragstellerin persönlich unterfertigten Erklärung vom oder aufgrund anderer Umstände erfolgt sei. Mit der Erklärung vom habe die Antragstellerin lediglich bekannt gegeben, dass seit 11 Jahren eine Kompaktanlage in ihrer Betriebsstätte bestehe. Ein Anerkenntnis der im gegenständlichen Fall aufgrund dieser Erklärung vorgeschriebenen Lustbarkeitsabgaben sei dieser Erklärung keinesfalls zu entnehmen. Die Frage, ob im gegenständlichen Fall die Lustbarkeitsabgabe zu Recht vorgeschrieben worden sei, hänge vielmehr ausschließlich von der im Zeitpunkt der Erlassung bzw. der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides gültigen Rechtslage ab (dazu wird in der Folge damit argumentiert, wegen der Aufhebung der Bestimmung des § 17 Abs. 2 lit. c der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz mit Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom hätte die Vorschreibung nicht mehr erfolgen dürfen).
Ausgehend von dieser Aktenlage (ausdrücklicher Vorhalt zur Vorschreibung der Abgabe vom ) ist die von der Beschwerdeführerin erhobene Verfahrensrüge betreffend mangelndes Parteiengehör ungerechtfertigt. Es ist auch nicht erkennbar, warum die belangte Behörde bei einem Eingehen auf die Stellungnahme vom zu einer anderen Beurteilung hätte gelangen können, wird doch darin der der Beschwerdeführerin ausdrücklich vorgehaltene Betrieb einer Kompaktanlage seit 11 Jahren nicht in Abrede gestellt, sondern die Abgabenvorschreibung lediglich aus rechtlichen Gründen bekämpft.
Zur Frage der Verjährung wird in der Beschwerde vorgebracht, in § 28 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz sei eine Verjährungsfrist von vier Jahren vorgesehen gewesen. Auch wenn gemäß § 242 Abs. 2 Z. 7 Oö LAO gleichzeitig mit deren Inkrafttreten die Bestimmung des § 28 des Oö Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979 bzw. der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz außer Kraft getreten sei und an deren Stelle gemäß § 152 Abs. 2 Oö LAO die längere Verjährungsfrist "von fünf Jahren in Kraft getreten ist, kann diese längere Verjährungsfrist nicht rückwirkend auf solche Abgabenverbindlichkeiten angewendet werden, die aus Zeiträumen herrühren, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung lagen".
Diese Verjährungseinrede geht ins Leere, weil die Oö LAO, LGBl. Nr. 30/1984 (wiederverlautbart mit LGBl. Nr. 107/1996), nach ihrem § 242 Abs. 1 mit in Kraft getreten ist. Da im Beschwerdefall nur Abgabenvorschreibungen in Streit stehen, die nach diesem Zeitpunkt herrühren (Lustbarkeitsabgabe für den Zeitraum bis ) vermögen die Beschwerdeausführungen schon deshalb auch diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am