VwGH vom 30.09.1999, 97/15/0110
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des V in B, vertreten durch Dr. Alexander Matt, Rechtsanwalt in Bregenz, Belruptstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , Zl. 1015-6/96, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 1990 bis 1993 sowie Sachbescheide Umsatzsteuer 1990 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein im Sinne der §§ 34 ff BAO, der ein Kinderdorf betreibt. Der Beschwerdeführer führt alljährlich eine Weihnachtsaussendung durch. Dabei wird an Private ein Rundschreiben mit einem Brief, einem Zahlschein als Allonge sowie einer Weihnachtskarte mit einer Zeichnung von Kindern des Kinderdorfes und einem beigelegten Kalender mit Motiven des Kinderdorfes versandt. Die Einnahmen (private Spenden) aus dieser "Weihnachtsaussendung" wurden vom Beschwerdeführer nicht dem Unternehmensbereich zugeordnet und in den Umsatzsteuererklärungen nicht als Entgelte erfasst. Das Finanzamt folgte bei der Durchführung der Umsatzsteuerveranlagungen für die strittigen Jahre dieser Einstufung.
Im Rahmen der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 ergab sich die Vermutung, dass nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den Vorjahren die mit der Weihnachtsaussendung im Zusammenhang stehende Vorsteuer in den für diese Jahre erklärten Vorsteuerbeträgen enthalten sei. Das Finanzamt richtete deshalb an den Beschwerdeführer einen diesbezüglichen Fragenvorhalt.
Mit Schriftsatz vom gab der Beschwerdeführer die betroffenen Vorsteuerbeträge bekannt, vertrat aber die Ansicht, dass "in umsatzsteuerlicher Sicht kein direkter Zusammenhang zwischen der Weihnachtskartenaktion als Werbegeschenk einerseits und den Spenden, die von der Bevölkerung eintreffen", herzustellen sei. Bei der Weihnachtskartenaktion handle es sich um eine Werbeleistung, die zwar nicht direkt zu Einnahmen führe, aber die gesellschaftliche und somit politische Akzeptanz dieser Institution in der Bevölkerung und bei den Politikern hebe. Sie sei daher mit dem betrieblichen Bereich (der Beschwerdeführer bezieht nach den Steuererklärungen vor allem Entgelte von der öffentlichen Hand für die Verpflegung und Betreuung von Kindern) im Zusammenhang zu bringen.
In der Folge nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Umsatzsteuer (u.a.) 1990 bis 1993 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf. In den neu erlassenen Umsatzsteuerbescheiden für die genannten Jahre blieben die mit der Weihnachtskartenaktion in Konnex stehenden Vorsteuerbeträge außer Ansatz.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der sowohl gegen die Wiederaufnahmebescheide als auch die Sachbescheide gerichteten Berufung betreffend die Umsatzsteuer 1990 bis 1993 keine Folge. Zur Wiederaufnahme des Verfahrens verwies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf die im Zuge des Veranlagungsverfahrens zur Umsatzsteuer 1994 hervorgekommenen Tatsachen. Demnach seien Vorsteuern, die im Zusammenhang mit Aufwendungen für die Weihnachtskartenaktionen stünden, abgezogen worden. Daraus ergebe sich die Berechtigung zur Verfahrenswiederaufnahme. Zu den Sachbescheiden führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, von einem Verein könnten als Vorsteuern nur jene Beträge abgezogen werden, die auf Lieferungen oder sonstige Leistungen entfielen, die für den unternehmerischen Bereich ausgeführt würden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die "Weihnachtswerbeaktion" vornehmlich zur Erzielung von Spendeneinnahmen durchgeführt worden, die dem nichtunternehmerischen Bereich des Beschwerdeführers zuzurechnen seien. Der Ansicht des Beschwerdeführers, die Weihnachtskartenaktion sei als allgemeine Werbemaßnahme anzusehen, die der Verankerung des positiven Bildes des Kinderdorfes in der Bevölkerung diene, könne die belangte Behörde nicht folgen; diesem Zweck komme allenfalls untergeordnete Bedeutung zu. Die Einsicht in ein vorgelegtes Exemplar der in Rede stehenden Rundschreiben habe ergeben, dass als deren zentraler Bestandteil der an den jeweiligen Adressaten gerichtete Spendenaufruf anzusehen sei. Die auf der Rückseite des Spendenaufrufs enthaltene Information habe demgegenüber, ebenso wie die beigelegte Weihnachtskarte und der Kalender, lediglich den Zweck, den Spendenaufruf zu unterstützen und die Adressaten zu Spenden anzuregen. Hauptzweck der Weihnachtskartenaktion sei es gewesen, möglichst hohe Spendeneinnahmen zu erzielen. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass von 92.000 angeschriebenen Personen nur 16.000 gespendet hätten, ändere an dieser Beurteilung nichts. Schließlich erhöhe sich die Chance, Spenden zu erhalten mit der Anzahl der angeschriebenen Haushalte. Außerdem hätten z.B. im Jahr 1994 die für die so genannte Weihnachtswerbeaktion ausgegebenen S 423.640,79 einen Spendenerlös von S 1,563.807,09 erbracht. Es sei daher nicht zulässig, auf Grund dieser Zahlen von einer untergeordneten Bedeutung der Spenden zu sprechen. Da einem behaupteten Werbezweck eine bloß vernachlässigbare Bedeutung zukomme, sei auch eine vom Beschwerdeführer in eventu vorgeschlagene Aufteilung der Vorsteuern nicht möglich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass der Beschwerdeführer über einen betrieblichen (unternehmerischen) und einen nichtbetrieblichen (nichtunternehmerischen ) Bereich verfügt. Übereinstimmung besteht auch dahingehend, dass die Spendeneinnahmen aus der Weihnachtsaktion dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen sind. Der Beschwerdeführer glaubt aber, dass die mit der Weihnachtsaktion im Zusammenhang stehenden Vorsteuern deshalb dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden könnten, weil damit auch Werbewirkungen für den unternehmerischen Bereich (insbesondere im Zusammenhang mit den Leistungen der öffentlichen Hand) verbunden seien.
Für den Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 UStG 1972 ist u. a. Voraussetzung, dass die von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer Lieferungen oder sonstige Leistungen betrifft, die im Inland für das Unternehmen ausgeführt worden sind.
Es ist keine Rechtswidrigkeit darin zu erkennen, dass die belangte Behörde, die im Zusammenhang mit den Weihnachtsaktionen an den Beschwerdeführer ausgeführten Leistungen nicht als für dessen Unternehmensbereich erbracht ansah. Die Zuordnung zum nichtunternehmerischen "Spendenbereich" - dass dieser für sich unternehmerisch wäre, wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt - wird nicht dadurch gehindert, dass lt. Vorbringen des Beschwerdeführers nur etwa 17 % der Adressaten der Weihnachtsbriefe Spendenleistungen erbrachten. Dass Ersuchsschreiben um Privatspenden - erfahrungsgemäß - nur zu einem relativ geringen Prozentsatz zu einem tatsächlichen Spendenaufkommen führen, bedeutet noch nicht, dass dafür getätigte Aufwendungen nicht diesem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen wären. Außerdem hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - insoweit vom Beschwerdeführer auch unwidersprochen - festgehalten, dass beispielsweise im Jahr 1994 die Spendenerlöse insgesamt in Höhe von rund S 1,5 Mio. die dafür getätigten Aufwendungen in Höhe von rund S 400.000,-- ohnedies beträchtlich überstiegen. Der belangten Behörde ist auch darin zu folgen, dass zusammen mit einem Spendenaufruf versendetes Informationsmaterial über die gemeinnützige Institution in erster Linie dazu dient, die Spendenbereitschaft zu erhöhen. Gerade Informationen über die Verwendung allfällig getätigter Spenden und die Seriosität des Spendenempfängers vermögen zu einer Erhöhung des Spendenaufkommens beizutragen. Warum laut Beschwerdeschrift die Weihnachtskarten und die mit Zeichnungen von Kindern versehenen Kalender des Kinderdorfes "wohl nicht den Zweck" haben sollten, die Adressaten zu Spenden zu animieren, ist nicht nachvollziehbar. Ohnedies auch nicht näher bestimmt dargestellte Auswirkungen "auf indirektem Wege" auf die Leistungen der öffentlichen Hand durch positive Imagewirkungen können die Zuordnung zum Unternehmensbereich und somit den Vorsteuerabzug für die im Zusammenhang mit den Weihnachtsaussendungen stehenden Aufwendungen nicht vermitteln.
Die Beschwerde, die zur Frage der Verfahrenswiederaufnahme keine eigenständigen Ausführungen enthält, war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am