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VwGH vom 17.09.1996, 92/14/0049

VwGH vom 17.09.1996, 92/14/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 30.690-3/91, betreffend Rückforderung von Investitionsprämien, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.980 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Jahr 1978 beteiligte sich Mag. HS als unechter stiller Gesellschafter am Gewerbebetrieb (Bäckerei und Cafe) des Beschwerdeführers. Er leistete eine Einlage von 425.000 S und war am Erfolg und an den stillen Reserven des Gewerbebetriebes zunächst mit 20 %, ab dem Jahr 1987 mit 18,5 % beteiligt.

Der Mitunternehmerschaft wurden in den Jahren 1984 bis 1987 Investitionsprämien nach dem Investitionsprämiengesetz (in der Folge: IPrG) von 36.179 S gewährt.

Am veräußerte Mag. HS seinen Anteil an der Mitunternehmerschaft gegen einen Abfindungsbetrag von 330.000 S an den Beschwerdeführer, der den Gewerbebetrieb sodann als Einzelunternehmen fortführte. Mag. HS erklärte einen Veräußerungsgewinn von 77.589,76 S, der den für das Jahr 1988 erlassenen Abgabenbescheiden zugrunde gelegt wurde.

In der Folge forderte das Finanzamt die in den Jahren 1984 bis 1987 gewährten Investitionsprämien mit der Begründung zurück, die Mitunternehmerschaft, der die Investitionsprämien gewährt worden seien, habe am zu bestehen aufgehört. Da sich jene Wirtschaftsgüter, für die die Investitionsprämien gewährt worden seien, begrifflich nicht mehr im Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft befänden und somit die Behaltefrist von fünf Jahren nicht eingehalten worden sei, sei iSd § 8 IPrG vorzugehen.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, das bloße Ausscheiden des unechten stillen Gesellschafters führe zu keiner Rückforderung der gewährten Investitionsprämien iSd § 8 IPrG. Jene Wirtschaftsgüter, für die die Investitionsprämien gewährt worden seien, befänden sich noch immer im (inländischen) Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes. Der Gewerbebetrieb sei weder veräußert noch aufgegeben worden. Die Rückforderung der gewährten Investitionsprämien sei daher zu Unrecht erfolgt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Hinweis auf die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des IPrG und nach Wiedergabe des (unbestrittenen) Sachverhaltes mit der Begründung ab, das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer Personengesellschaft habe die Beendigung der Gesellschaft zur Folge. Nicht jeder einzelne Gesellschafter, sondern die Personengesellschaft habe einen Anspruch auf Gewährung von Investitionsprämien. Die Personengesellschaft müsse daher jene Wirtschaftsgüter, für die Investitionsprämien gewährt worden seien, fünf Jahre in ihrem Betriebsvermögen halten. Da die Personengesellschaft mit dem entgeltlichen Ausscheiden des unechten stillen Gesellschafters in ein Einzelunternehmen umgewandelt worden sei, bestehe zwischen der ehemaligen unechten stillen Gesellschaft und dem nachfolgenden Einzelunternehmen keine Identität, weswegen die Rückforderung der gewährten Investitionsprämien im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers zu Recht erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in seinem Recht auf Nichtrückforderung der gewährten Investitionsprämien von 36.179 S verletzt, wobei er Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 IPrG können (wenn der Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 oder gemäß § 5 EStG 1972 ermittelt wird)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Steuerpflichtige iSd EStG 1972 oder KStG 1966, soweit sie nicht Gesellschafter einer Gesellschaft sind, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, und
2.
Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind,
eine Investitionsprämie geltend machen.

Scheiden Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine Investitionsprämie geltend gemacht wurde, vor Ablauf der fünf auf das Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) ihrer Anschaffung oder Herstellung folgenden Jahre aus dem Betriebsvermögen aus, werden sie vor Ablauf dieser Frist in eine im Ausland gelegene Betriebsstätte verbracht oder wird der Betrieb (Teilbetrieb) vor Ablauf dieser Frist veräußert oder aufgegeben, dann ist zufolge § 8 IPrG die Investitionsprämie, die auf die betreffenden Wirtschaftsgüter entfällt, vom Steuerpflichtigen (von der Gesellschaft) zurückzuzahlen.

Die Tatbestände, die zur Rückzahlung der Investitionsprämie führen, sind im § 8 IPrG taxativ aufgezählt. Nach dieser Gesetzesstelle löst die Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes) vor Ablauf der Behaltefrist die Rückzahlungspflicht aus. Die Veräußerung des Anteiles eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer anzusehen ist, innerhalb der Behaltefrist wird hingegen nicht als Tatbestand, der die (anteilige) Rückzahlungspflicht auslöst, genannt. Daraus folgt, daß die Veräußerung eines solchen Gesellschaftsanteiles nicht zur Rückzahlungspflicht führt, und zwar unabhängig davon, ob ein scheidender Gesellschafter seinen Anteil einem anderen Gesellschafter oder einem Dritten veräußert, der an seiner Stelle in die Gesellschaft eintritt. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn bei einer aus nur zwei Personen bestehenden Mitunternehmerschaft ein Gesellschafter ausscheidet und seinen Anteil an den Verbleibenden überträgt, der den Betrieb als Einzelunternehmer weiterführt. Für den Standpunkt der belangten Behörde kann auch nicht ins Treffen geführt werden, daß im § 8 leg. cit. angeordnet wird, bei Erfüllung eines der genannten Rückzahlungstatbestände sei die Investitionsprämie "vom Steuerpflichtigen (von der Gesellschaft)" zurückzuzahlen. Diese Formulierung ist dahin zu verstehen, daß die Rückzahlungspflicht den jeweiligen Betriebsinhaber zum Zeitpunkt der Verwirklichung eines die Rückzahlungspflicht auslösenden Tatbestandes trifft, wobei Betriebsinhaber ein Steuerpflichtiger (iSd § 1 Z. 1 IPrG) oder eine Mitunternehmerschaft sein kann.

Auch der Zweck des IPrG, das der Förderung temporär gewinnloser Unternehmen diente (siehe Bericht des Finanz- und Budgetausschusses 984 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des NR XV. GP), gebietet kein anderes Verständnis. Es ist nämlich nicht zu erkennen, warum der Förderungszweck bei Ausscheiden eines Gesellschafters wegfallen soll, wenn der Betrieb weitergeführt wird und das Wirtschaftsgut, für das Investitionsprämie gewährt wurde, im Betrieb weiterverwendet wird.

Da die Wirtschaftsgüter nach der Aktenlage nicht aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind oder in eine ausländische Betriebsstätte verbracht wurden und nach dem oben Gesagten in der Übertragung eines Anteiles an einer Mitunternehmerschaft keine Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes gelegen ist, erfolgte die Rückforderung der gewährten Investitionsprämien zu Unrecht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.