VwGH vom 11.09.1997, 97/15/0078
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Dr. W K, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla, Rechtsanwalt in Baden, Biondekgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/052-17/11/97 und RV/093-17/11/97, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren (Einkommensteuer 1979 bis 1987 und Umsatzsteuer 1979 bis 1989), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurden u. a. Einkommensteuer für 1979 bis 1987 und Umsatzsteuer für 1979 bis 1989 im Instanzenzug festgesetzt. Dabei ging die belangte Behörde davon aus, daß die vom Beschwerdeführer betriebene Land- und Forstwirtschaft keine Einkunftsquelle bilde bzw. Liebhaberei iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 darstelle. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 91/13/0128, 0133, als unbegründet ab.
U.a. hinsichtlich der vorgenannten Abgaben beantragte der Beschwerdeführer im Jänner 1997 die Wiederaufnahme der Verfahren. Am sei eine Entscheidung der belangten Behörde, am eine Entscheidung des Finanzamtes ergangen, in welchen der land- und forstwirtschaftliche Betrieb des Beschwerdeführers nicht als voluptuare Nutzung beurteilt worden sei. Im Jahr 1996 habe der Beschwerdeführer einen Garten infolge Wertsteigerung verkauft. Er habe nunmehr sein ausschließliches Ein- und Auskommen aus dem Verkauf und der Verpachtung seiner land- und forstwirtschaftlichen Flächen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag als unbegründet ab. Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO sei dem Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkämen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht hätten geltend gemacht werden können, und deren Kenntnis allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme nach dieser Gesetzesbestimmung könne sich nur auf solche Tatsachen stützen, die im Zeitpunkt des Ergehens des das Hauptverfahren abschließenden Bescheides bereits existiert hätten, aber erst später hervorgekommen seien. Weder die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom noch die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom stellten neu hervorgekommene Tatsachen dar; im übrigen stünden diese Entscheidungen in Zusammenhang mit der bewertungsrechtlichen Beurteilung einer wirtschaftlichen Einheit und seien sohin nicht relevant für die Frage, ob eine Einkunftsquelle bzw eine unternehmerische Tätigkeit vorliege. Auch der Verkauf einer Liegenschaft im Jahr 1996 und der Umstand, daß der Beschwerdeführer sein Ein- und Auskommen ausschließlich aus dem Verkauf und der Verpachtung land- und forstwirtschaftlicher Flächen bestreite, seien "keine mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängenden tatsächlichen Umstände" und könnten daher eine Wiederaufnahme der Verfahren ebenfalls nicht rechtfertigen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich verletzt im Recht, daß die Wiederaufnahme der Verfahren antragsgemäß verfügt werde. Der landwirtschaftliche Betrieb sei im betroffenen Zeitraum vom 1979 bis 1989 als Nebenerwerb zur Rechtsanwaltstätigkeit des Beschwerdeführer anzusehen gewesen. Mittlerweile sei der Beschwerdeführer aber aus der Liste der Rechtsanwälte gestrichen worden. Seither beziehe er seinen Unterhalt ausschließlich aus dem Verkauf und der Verpachtung landwirtschaftlicher Liegenschaften; dies habe er - zusammen mit der bewertungsrechtlichen Beurteilung durch das Finanzamt im Bescheid vom - als Wiederaufnahmegrund geltend gemacht. Es sei nicht nachvollziehbar, daß die bewertungsrechtliche Einstufung und der Umstand, daß der Betrieb Einnahmen aus dem Verkauf und der Verpachtung erziele, keine Beurteilungsgrundlage für die Ertragsfähigkeit dieses Betriebes sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Im gegenständlichen Fall ist die land- und forstwirtschaftliche Betätigung des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom als Betätigung iSd § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung, BGBl. 322/1990, - die Verordnung war gemäß ihrem Art II anzuwenden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 91/13/0128, 0133, und vom , 92/14/0027) - eingestuft worden und mangels Widerlegung der Liebhabereivermutung als weder einkommen- noch umsatzsteuerlich relevant qualifiziert worden.
Gemäß § 2 Abs. 4 der Liebhabereiverordnung kann die Liebhabereivermutung nur widerlegt werden, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit einen Gesamtgewinn (Gesamteinnahmenüberschuß) erwarten läßt. Aus § 3 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung ergibt sich, daß für die Ermittlung des Gesamtgewinnes Wertänderungen von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen gehört, nur bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG anzusetzen sind.
Aus der genannten Verordnungsbestimmung folgt, daß der Verkauf von Grund und Boden einer Land- und Forstwirtschaft für die Ermittlung des Gesamtgewinnes iSd § 2 Abs. 4 der Verordnung nicht relevant ist. Solcherart kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht hat, daß aus dem Umstand des Grundstücksverkaufes und des daraus erzielten Erlöses für die Frage der Liebhabereibeurteilung nichts zu gewinnen ist. Der Umstand, daß neben dem Erlös aus dem Grundstücksverkauf auch Pachterlöse dem Beschwerdeführer zur Finanzierung seines Unterhaltes gedient haben, zeigt ebenfalls nicht auf, daß die Betätigung des Beschwerdeführers in der 1979 bis 1989 ausgeübten Bewirtschaftungsart geeignet gewesen wäre, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Gesamtgewinn zu erwirtschaften.
Da die Liebhabereiverordnung nicht auf die bewertungsrechtliche Qualifikation wirtschaftlicher Einheiten abstellt, fehlt auch den im Wiederaufnahmeantrag genannten Entscheidungen des Finanzamtes bzw der belangten Behörde die Entscheidungswesentlichkeit für die Frage, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu qualifizieren ist.
Es ist sohin nicht als rechtswidrig zu erkennen, daß die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag schon mangels Entscheidungswesentlichkeit der vorgetragenen Wiederaufnahmegründe für die abgeschlossenen Verfahren abgewiesen hat.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Dem in der Beschwerdeschrift enthaltenen Antrag, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, konnte nicht entsprochen werden, weil das Gesetz ein derartige Abtretung nicht vorsieht.