VwGH vom 31.03.1992, 92/14/0025
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der AG in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom , Zl. B 24-4/91, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1988 und 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Textilhandelsunternehmen. Sie ermittelte den Gewinn vor dem gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972, nach dem gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 bzw. 1988. Im Rahmen ihres Betriebes schloß sie mit Textilienkäufern Vorauszahlungskaufverträge ab, denen zufolge die Käufer monatliche Zahlungen zu leisten haben, während die Ware nach Eingang der Gesamtsumme ausgeliefert wird.
Die zeitliche Zuordnung der hieraus resultierenden Einnahmen nahm das Finanzamt in den im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheiden 1988 und 1989 gemäß § 19 EStG 1972 bzw. 1988 vor und trug dem mit erfolgten Wechsel der Gewinnermittlungsart unter anderem auch durch Ansatz eines Übergangszuschlages Rechnung.
Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Berufung gegen diese Bescheide geltend, der veranschlagte Übergangszuschlag bestehe nicht zu Recht. Bei den vom Betriebsprüfer herangezogenen Beträgen handle es sich um Vorauszahlungen auf noch nicht realisierte Aufträge. Diese Beträge stünden der Beschwerdeführerin erst zu, wenn der Vertrag erfüllt sei, d.h. wenn der Kunde im Besitz der Ware sei. Bis zu diesem Zeitpunkt handle es sich nicht um Einnahmen, sondern um Treuhandgelder.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Sie führte unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 82/14/0076, 0086, 0087, im wesentlichen aus: Die Antwort auf die bei der ertragsteuerlichen Erfassung eines Geschäftsfalles vorweg zu stellende Frage, nach welcher Gesetzesbestimmung der Gewinn des Betriebes (mit zwingendem Durchschlag auf sämtliche sich darin abspielenden Geschäftsfälle) ermittelt wird, sei im vorliegenden Fall unbestritten: Die Beschwerdeführerin habe sich hinsichtlich des von der Berufung erfaßten Zeitraumes dafür entschieden, den Gewinn des Textilhandelsbetriebes gemäß § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. In diesem Rahmen sei nicht die Änderung im Bestand des Betriebsvermögens, sondern nur die reine "Geldbewegung" (das Zufließen und Verausgaben von Geld oder geldwerten Vorteilen) erfolgswirksam. Ein Geldeingang erhöhe demnach mit seinem Zufließen den Betriebserfolg, sofern er eine Betriebseinnahme darstelle. Betriebseinnahme aber sei ein solcher Geldeingang, der dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Betriebes zufließe und durch den Betrieb veranlaßt sei. Durch den Betrieb veranlaßt sei auch ein Geldeingang, der im Hinblick auf die Veräußerung einer Ware erfolge. Vor diesem Hintergrund müsse es daher unmaßgeblich bleiben, ob der jeweilige Verkauf letztlich auch zustande komme. Allfällige aus dem Nichtzustandekommen resultierende Rückzahlungen bildeten diesfalls eben im Jahr der Verausgabung Betriebsausgaben.
Messe man nun den vorliegenden Sachverhalt an den dargelegten Kriterien, so erweise sich, daß für eine von jener durch das Finanzamt abweichende steuerliche Behandlung kein Raum bleibe; denn es sei evident, daß die auf das Konto der Beschwerdeführerin mit der nach Maßgabe des Wertes der im Kaufvertrag umschriebenen Textilien festgelegten Summe fließenden Beträge von den Kunden der einen Textilhandel betreibenden Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Veräußerung dieser Waren geleistet würden.
Durch diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin erkennbar in ihren Rechten insoweit verletzt, als die Teilzahlungen von Kunden aus "Wäschesparbriefen" als Betriebseinnahmen angesehen wurden. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin behauptet, die Finanzbehörden hätten die von ihr beantragte Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht zulassen dürfen, weil nach den Bestimmungen der BAO bei wesentlichen Änderungen des Betriebsvermögens die Gewinnermittlung nach Bilanzierungsgrundsätzen zu erfolgen gehabt hätte.
Mit diesen Ausführungen hat die Beschwerdeführerin offenbar die vor dem Abgabenänderungsgesetz 1984 geltende Fassung des § 4 Abs. 3 EStG 1972 im Auge. Es ist ihr entgangen, daß seither die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung auch dann zulässig ist, wenn das Betriebsvermögen wesentlichen Abweichungen unterliegt (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch,
2. Auflage, Seite 1074; Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 4 Tz 195). Abgesehen davon setzt sie mit ihrem weiteren Vorbringen, bei der "Umstellung" der Gewinnermittlungsart sei eine Änderung des Betriebsvermögens eingetreten, in unrichtiger Weise die beim Übergang vom Betriebsvermögensvergleich auf Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erforderliche Ermittlung eines Übergangsgewinnes mit einer Abweichung des Betriebsvermögens im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1972 in der - gar nicht anzuwendenden - Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 1984 gleich.
Soweit die Beschwerdeführerin trotz der - zutreffenden - Ausführungen der belangten Behörde darauf beharrt, die aus den "Wäschesparverträgen" einlangenden Teilzahlungen wären bei der Gewinnermittlung erst zu erfassen, wenn es zur Auslieferung der Ware komme, verkennt sie noch immer das Wesen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Bei dieser kommt es grundsätzlich auf den Zu- bzw. Abfluß an (§ 19 EStG 1972 bzw. 1988). Daher führen auch Vorauszahlungen der Kunden vor Lieferung der Ware zu gewinnerhöhenden Betriebseinnahmen (vgl. Doralt, a.a.O., § 4 Tz 192; Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a.a.O., § 4 Tz 69).
Schon der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.