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VwGH vom 05.05.1992, 92/14/0018

VwGH vom 05.05.1992, 92/14/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des F in B, vertreten durch Mag. Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , Zl. 206/3-3/88, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1982 bis 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen im Betrag von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt ein Hotel mit Restaurant und ermittelte den Gewinn im Streitzeitraum gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972. Außerdem ist er pauschalierter Landwirt. Auf Grund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung nahm das Finanzamt die erklärungsgemäßen Veranlagungen zu den oben genannten Steuern von Amts wegen wieder auf und erließ neue Sachbescheide, in denen Küchenerlöse hinzugeschätzt und der Vortrag von Verlusten aus den Jahren 1980 und 1981 versagt wurde. Die Schätzungsbefugnis gründete sich auf formelle und materielle Mängel der Bücher, die nicht beweiskräftig seien, weil die Nachkalkulation wesentliche Abweichungen gegenüber den erklärten Betriebsergebnissen zu Tage gefördert habe. Die Vortragsfähigkeit der Verluste aus Vorjahren wurde verneint, weil auch die Bücher dieser Jahre formelle bzw. materielle Mängel aufwiesen, weshalb die sachliche Richtigkeit der Bücher in Zweifel zu ziehen sei. Für 1980 war auf Grund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung nach Wiederaufnahme des Verfahrens die Veranlagung infolge der formellen und materiellen Mängel der Geschäftsbücher gemäß einer Schätzung erfolgt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Bedeutung - die Hinzurechnung bei den Küchenerlösen 1984 von S 500.000,-- und die Versagung des Vortrages des Verlustes aus 1981 bekämpfte. Das Absinken des durchschnittlichen Rohaufschlages im Jahr 1984 sei auf Veränderungen in der Küche zurückzuführen (Personalprobleme, Qualitätsverbesserungen). Außerdem dürfe nicht der durchschnittliche Rohaufschlag der Vorjahre zum Vergleich herangezogen werden, sondern der Rohaufschlag aus der Einzelkalkulation der fünf gängigsten Gerichte, der niedriger sei. Die Vortragsfähigkeit des Verlustes aus 1981 sei gegeben, weil der Beschwerdeführer für dieses Jahr bisher unverändert antragsgemäß und damit seinen Büchern entsprechend veranlagt worden sei und die festgestellten Mängel der Bücher eine Ertragsberechnung nicht gehindert hätten. Das Fehlen der Küchenbestellaufnahmen sei nicht wesentlich, weil diese noch nicht ausgepreist gewesen seien und der Kellner die Paragons mit der Auspreisung jeweils in der Registrierkassa erfaßt habe; die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Erfassung sei aber noch von der Rezeptionistin des Hotels überprüft worden. Paragons und Registrierstreifen seien vorhanden, die Aufbewahrung der nichtausgepreisten Kellnerzettel sei nicht notwendig gewesen.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in den erwähnten Punkten nicht Folge. Das Kassabuch sei nicht täglich geführt worden, das Wareneingangsbuch unchronologisch und nicht immer zeitnah. Detailaufzeichnungen über die Einbringungen aus der eigenen Landwirtschaft fehlten. Die Aufbewahrung der Kellnerzettel (Küchenbestellaufnahmen) sei nicht entbehrlich. Es handle sich um Grundaufzeichnungen für die Küchenumsatzermittlung. Daß die vom Beschwerdeführer geschilderte Organisation die Aufbewahrung dieser Grundaufzeichnungen nicht habe ersetzen können, zeige die unwiderlegte Feststellung des Prüfers, daß nicht alle kassierten Speisen tatsächlich in die Registrierkasse eingetippt worden seien. Die Schätzungsmethode des Prüfers sei unbedenklich. Er sei von einer vom Beschwerdeführer vorgelegten Zusammenstellung der Küchenzukäufe und je la carte-Erlöse ausgegangen und habe den höchsten Küchenrohaufschlag (Jahr 1982) zur Kalkulation herangezogen. Solcherart hätte sich eine Kalkulationsdifferenz von S 796.000,-- im Jahre 1984 ergeben, die der Prüfer im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Veränderungen gegenüber 1982 um S 296.000,-- vermindert habe. Damit sei den glaubhaft gemachten Veränderungen ausreichend Rechnung getragen. Weitergehende Auswirkungen habe der Beschwerdeführer nicht betragsmäßig nachvollziehbar und überprüfbar dargetan. Für das Jahr 1981 festgestellte gleichartige Mängel der Geschäftsbücher hätten eine Hinzurechnung gerechtfertigt, die jedoch unterblieben sei, weil dieses Jahr nicht zum Prüfungszeitraum gezählt habe. Da die Schätzungsberechtigung bzw. -verpflichtung der Behörde bestanden hätte, fehle auch dem Verlust aus 1981 die Vortragsfähigkeit.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid, wie dem gesamten Inhalt der Beschwerde zu entnehmen ist, in seinem Recht darauf verletzt, daß für 1984 keine einen Betrag von S 77.000,-- übersteigende Hinzurechnung (vgl. die Berechnung im zweiten Absatz auf Seite 6 der Beschwerde) zu den Küchenerlösen erfolge und die Vortragsfähigkeit des Verlustes aus 1981 anerkannt werde. Er behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Vorwurf, die belangte Behörde habe sich mit dem auf Grund einer Einzelkalkulation der fünf gängigsten Gerichte ermittelten Einzelrohaufschlag nicht befaßt, ist unberechtigt, weil die Prämisse dieses Vorwurfs, es handle sich bei der Auswahl dieser Gerichte um einen für die Ermittlung des Rohaufschlages repräsentativen Ausschnitt, unrichtig ist. Der Prüfer des Finanzamtes hat über Auftrag der belangten Behörde zum betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers am wie folgt Stellung genommen:

"Es ist unrichtig, wenn der Bw. ausführt, daß der gewogene Rohaufschlag vom Prüfer mit 149 % ermittelt wurde, richtig ist vielmehr, daß ein Rohaufschlag von 175 % ermittelt wurde, wobei Suppen und Salate mit sehr hohem Rohaufschlag und einem Umsatzanteil von 17 Punkten nicht berücksichtigt wurden (siehe Bl. 20 und 15 des Arbeitsbogens). Die vom Bw. angeführten Speisen mit geringem Rohaufschlag erreichen bei weitem nicht den Umsatzanteil der Speisen mit hohem Rohaufschlag, wie Suppen, Jausen usw. Durch den Nichtansatz der Speisen mit hohem Rohaufschlag wurde dem Argument der rohaufschlagdrückenden Speisen mehr als genügend Rechnung getragen."

Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer samt Ablichtungen der darin erwähnten Seiten des Betriebsprüfungsarbeitsbogens zur Kenntnisnahme übermittelt und ihm unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme geboten. Der Beschwerdeführer hat die betreffenden Ausführungen des Prüfers nicht zu widerlegen versucht.

Die belangte Behörde durfte daher von der erwähnten Darstellung des Prüfers ausgehen und damit davon, daß die vom Beschwerdeführer zur Ermittlung des Rohaufschlages herangezogenen Gerichte keinen solchen hohen Anteil am Umsatz aufweisen, daß ein aus ihnen ermittelter Rohaufschlag eine taugliche Kalkulationsgrundlage bildete. Alle Ausführungen in der Beschwerde, denen der aus fünf Speisen ermittelte Rohaufschlag von 149 % zu Grunde liegt, eignen sich daher nicht zum Nachweis einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Der Beschwerde kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie in Wiederholung des Vorbringens des Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren eine Unwesentlichkeit des Fehlens der Küchenbestellaufnahmen als Grundaufzeichnungen behauptet. Die Aufbewahrung solcher Grundaufzeichnungen dient der Erhaltung von zeitnah hergestellten Belegen, die durch Erinnerungen von Zeugen nicht ersetzt werden können. Nach der Lebenserfahrung ist es nämlich von vornherein ausgeschlossen, daß sich diese an eine derart große Zahl von Geschäftsvorfällen, die viele Jahre zurückliegen, mit einer Genauigkeit und Vollständigkeit gleich zeitnahen Aufzeichnungen erinnern. In der Unterlassung der Vernehmung der im Prüfungszeitraum beschäftigten Personen über die Vollständigkeit und Richtigkeit der Erlöserfassung liegt daher kein wesentlicher Verfahrensmangel. Daß die Erfassung in der Registrierkassa nicht vollständig war, zeigen Feststellungen des Prüfers aufgrund stichprobenartiger Vergleiche der Paragons mit den Registrierkassenstreifen. Schon dabei wurden Fälle festgestellt, in denen kassierte Beträge nicht registriert wurden. Die Beschwerdebehauptung, es handle sich nur um einen Fall, ist unrichtig. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid allerdings als Beispiel nur einen Fall angeführt (Seite 72 R des Arbeitsbogens); es ergeben sich weitere Fälle aber auch aus Seite 9, Seite 66, Seite 72 und Seite 73 des Arbeitsbogens des Prüfers, worauf in der Stellungnahme des Prüfers vom ebenfalls hingewiesen wurde (vgl. Seite 2 letzter Absatz dieser Stellungnahme), ohne daß der Beschwerdeführer diesen Feststellungen vor den Verwaltungsbehörden entgegengetreten wäre. Der belangten Behörde kann daher hinsichtlich der Wesentlichkeit der Unterlassung der Aufbewahrung der Küchenbestellaufnahmen als Grundlage für die Überprüfbarkeit der Vollständigkeit der Erlösermittlung nicht entgegengetreten werden.

Die gewählte Schätzungsmethode des inneren Betriebsvergleiches begegnet keinen Bedenken. Eine unrichtige Anwendung der Methode ist nicht ersichtlich. Daß Veränderungen der Küchenführung gegenüber 1982 eine weitergehende Korrektur der Schätzung erforderlich gemacht hätten, ist nicht erwiesen. Allenfalls noch bestehende Abweichungen der Schätzung von dem wegen mangelhafter Geschäftsbücher nicht mehr feststellbaren tatsächlichen Erlös sind als unvermeidbare Unsicherheit hinzunehmen, die in der Natur jeder Schätzung liegt.

Über die Verlustvortragsfähigkeit ist nicht in der Veranlagung des Ergebnisses des Verlustjahres zu entscheiden, sondern bei der Entscheidung über die Einkommensteuerfestsetzung für das Vortragsjahr. Erst bei dieser sind daher die Mängel der Buchführung des Verlustjahres im gegebenen Zusammenhang festzustellen und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Vortragsfähigkeit zu beurteilen. Die Einkommensteuerfestsetzung für das Verlustjahr präjudiziert die Entscheidung über die Vortragsfähigkeit des Verlustes im Vortragsjahr auch dann nicht, wenn sie erklärungsgemäß auf Grund der vom Steuerpflichtigen vorgelegten Ergebnisermittlung erfolgte und nach wie vor dem Rechtsbestand angehört (vgl. das Erkenntnis vom , 88/14/0001, ÖStZB 1989, 39). Der Prüfer hat "formelle bzw. materielle Mängel" der Geschäftsbücher für 1981 festgestellt, die unbestritten blieben: Die Küchenparagons wurden nicht aufbewahrt, der tatsächliche Kassenstand stimmte mit dem rechnerischen laut Kassabuch nicht überein, kassierte Geldbeträge wurden entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nicht täglich erfaßt. Die Mängel gleichen jenen für den Streitzeitraum. Sie berechtigten zur Schätzung und auch dazu, anzunehmen, daß eine rechnerische Ermittlung des Ertrages des Jahres 1981 nicht möglich war. Die belangte Behörde hat daher zu Recht auch dem Verlust des Jahres 1981 die Vortragsfähigkeit versagt.

Der Beschwerdeführer wird somit durch den angefochtenen Bescheid im Beschwerdepunkt nicht in seinen Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.