TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 23.05.1990, 89/01/0321

VwGH vom 23.05.1990, 89/01/0321

Betreff

N gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Wa 151/88 betreffend Zurückweisung einer Berufung.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses vom wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom mangels Verläßlichkeit des Beschwerdeführers abgewiesen. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid blieb ebenso wie die Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde, über die mit Erkenntnis vom , Zl. 1317/79, erkannt wurde, erfolglos. Dabei ging der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis davon aus, daß die Behörden des Verwaltungsverfahrens festgestellt hatten, dem Beschwerdeführer mangle auf Grund der Wertung seiner Person die Verläßlichkeit mangle.

Am beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Ausstellung eines Waffenpasses für eine Faustfeuerwaffe. Zur Begründung seines Antrages brachte er im wesentlichen vor, er fühle sich durch "linksfaschistische sogenannte Antifaschisten und Gewalttäter" bedroht. Ein bestimmter vom Beschwerdeführer genannter Terrorist, dessen Haftzeit zu Ende gehe, habe erklärt, er wolle den Beschwerdeführer umbringen. Diese Drohung sei bei der Persönlichkeit des Genannten ernstzunehmen. Wegen der erhöhten Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Beschwerdeführers sei sein Antrag gerechtfertigt.

Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen wies mit Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 zurück. Begründend führte die Behörde erster Instanz im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe sich von der im vorangegangenen Verfahren festgestellten gefährlichen Gesinnung, zu der er sich bekannt habe, noch immer nicht distanziert. Jedenfalls gehe aus dem vorliegenden Antrag keine Absage an die Gewalt oder ein Widerruf des Bekenntnisses zur Gewalt hervor. Hingegen lasse sich eine Tendenz des Beschwerdeführers zu weiteren gesetzwidrigen Zielen auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 999/87, entnehmen, in dem ausgesprochen worden sei, daß die NDP nicht Rechtspersönlichkeit als politische Partei erlangt habe, weil sie Ziele verfolge, die den Bestimmungen des § 3 Verbotsgesetz sowie den Artikeln 4 und 9 des Staatsvertrages von Wien 1955 zuwiderliefen. Der Beschwerdeführer habe diese Verfassungsgerichtshof-Beschwerde eingebracht. Aus den genannten Gründen sei keine Verbesserung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers im Sinne waffenrechtlicher Verläßlichkeit zu erkennen. Da die waffenrechtliche Verläßlichkeit schon bei der Antragstellung am nicht gegeben gewesen sei, sei der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen, wobei auf die Frage des Bedarfes nicht mehr einzugehen gewesen sei.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung wird zunächst auf die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen und ergänzend ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag lediglich den angeblichen Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe behauptet und nicht das Vorliegen seiner bislang verneinten Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Waffengesetz. Die Frage des Bedarfes sei wegen des Fortbestandes des Mangels der Verläßlichkeit einer behördlichen Prüfung nicht zugänglich. Auf das Argument des Beschwerdeführers, die Rechtsgrundlage des erstinstanzlichen Bescheides im § 68 Abs. 1 AVG 1950 sei deshalb nicht gegeben, weil er nicht die Abänderung des Bescheides vom beantragt, sondern die Ausstellung eines Waffenpasses auf Grund konkreter Bedrohung beantragt habe, wird in der Bescheidbegründung auf die Differenzierung der Bedarfsfrage im Sinn des § 18 Waffengesetz von der unumgänglichen Voraussetzung der Verläßlichkeit im Sinne des § 6 dieses Gesetzes hingewiesen. Da zunächst die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers zu prüfen sei, könne der Bedarf keine Änderung der entscheidungsrelevanten Sach- und Rechtslage bringen. Dem Beschwerdeführer mangle, wie schon die Behörde erster Instanz festgestellt habe, nach wie vor die waffenrechtliche Verläßlichkeit.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Strafe wegen seiner Verurteilung gemäß § 305 StG sei längst getilgt, hält die belangte Behörde in der Bescheidbegründung entgegen, daß bei der Verläßlichkeitsbeurteilung auf den der gerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt des "evidenten Gewaltbekenntnisses" abgestellt worden sei. Zur Verläßlichkeitsprüfung sei auch das dem Beschwerdeführer bekannte Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis herangezogen worden. Der Beschwerdeführer habe sich weder in der Berufung noch in seiner niederschriftlichen Äußerung vom vom Programm der NDP distanziert. Die Behörde erster Instanz sei daher zutreffend zu dem Schluß gelangt, daß eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 vorliege. Dazu berief sich die belangte Behörde auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere die Erkenntnisse vom , Zl. 83/06/0023, und vom , Zl. 84/05/0191.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Gemäß § 68 AVG 1950, auf welcher Vorschrift der angefochtene Bescheid beruht, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Sache im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG ist im Beschwerdefall ausschließlich die Frage, ob hinsichtlich des neuen Antrages des Beschwerdeführers vom entschiedene Sache vorgelegen ist und nicht, ob ein Waffenpaß zu erteilen war. Es gehen demnach jene Beschwerdeausführungen ins Leere, mit denen dargetan werden soll, daß vorliegend kein Grund für die Versagung der waffenrechtlichen Bewilligung vorgelegen sei (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1806/68, Slg. N.F. Nr. 7062/A).

Das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe am "neuerlich" die Ausstellung eines Waffenpasses beantragt und hiebei insbesondere darauf verwiesen, daß die alte Strafsache aus dem Jahre 1968 in bezug auf die Verläßlichkeitsprüfung heute keinerlei Bedeutung mehr haben könne, ist aktenwidrig. Vielmehr hat der Beschwerdeführer weder in seiner schriftlichen Eingabe vom noch in dem Antragsformular vom etwas vorgebracht, was sich auf seine Verläßlichkeit, insbesondere aber auf eine Änderung der Verhältnisse in diesem Punkt seit Abweisung des seinerzeitigen Antrages bezieht. Das Vorbringen betrifft nämlich ausschließlich die Frage des Bedarfs für die beantragte Ausstellung eines Waffenpasses.

Die Behörde ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. schon Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 3874/A) nicht berechtigt, über einen Antrag eine Sachentscheidung zu fällen, wenn ein gleiches Ansuchen bereits einmal abgewiesen worden und seither keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes behauptet worden ist, mögen auch verschiedene Elemente des ursprünglich bestandenen Sachverhaltes nachträglich erhoben worden sein. Identität der Sache im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Parteibegehren nur dadurch unterscheidet, daß es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist (vgl. auch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2203/52, Slg. N.F. Nr. 2863/A und vom , Zl. 980/70, Slg. N.F. Nr. 8035/A). Bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das ausschließlich die Frage des Bedarfs betrifft, handelt es sich aber um Umstände, die für die zunächst zu prüfende Frage der Verläßlichkeit ohne Bedeutung sind. Neu hervorgekommene Tatsachen sind für die Beurteilung der Identität der Sache nur dann von Belang, wenn auch ihre Berücksichtigung im Vorverfahren zu keinem anderen Sachergebnis hätte führen können (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1682/78, Slg. N.F. Nr. 10.285/A). Die bei einer nachträglichen Änderung des Sachverhaltes bestehende Möglichkeit, einen Anspruch, über den bereits rechtskräftig in abweisendem Sinn entschieden wurde, neuerlich vor der Behörde zu erheben, setzt, wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 1649/59, Slg. N.F. Nr. 5.642/A, ausgesprochen hat, voraus, daß die Umstände, die die Rechtskraft zu durchbrechen geeignet sind, schon im neuen Antrag von der Partei geltend gemacht werden.

Die vorliegende Beschwerde mußte nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.