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VwGH vom 25.03.1999, 97/15/0030

VwGH vom 25.03.1999, 97/15/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des Z in K, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Universitätsstraße 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA 7 - 946/4/96, betreffend Vollstreckungsbescheid, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter der Bezeichnung "Vorsteuerschwindel des Werner ydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.

Mit Vollstreckungsbescheid vom sprach das Finanzamt aus, daß die Einbringlichkeit von Umsatzsteuer und Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 4,714.804 S (Umsatzsteuer Jänner bis Juni 1995: 4,686.130 S; Säumniszuschlag: 28.674 S), für deren Entrichtung gemäß § 210 Abs. 4 BAO eine Zahlungsfrist bzw. Nachfrist zustehe, gefährdet erscheine. Es würden daher gemäß § 230 Abs 7 BAO die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. Die Zahlungsfrist bzw. Nachfrist werde mit der Zustellung dieses Bescheides unwirksam.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Die Umsatzsteuerschuld gründe sich auf den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für den Zeitraum Jänner bis Juni 1995; er sei aufgrund einer Umsatzsteuervoranmeldungsprüfung ergangen, bei welcher Vorsteuern aus Rechnungen der EL im Zusammenhang mit dem Export von Parfumölen und Kunststoffenstern nicht anerkannt worden seien. Der Beschwerdeführer habe in einer Eingabe vom (Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag vom , den Pfändungsbescheid vom sowie den Abweisungsbescheid vom über die Rückzahlung eines Guthabens) vorgebracht, es werde ihm seit ein Vorsteuerguthaben von 2,723.7956 S zu Unrecht vorenthalten, was angesichts der Fremdfinanzierung der Umsatzsteuern seine wirtschaftliche Grundlage gröblichst gefährde. Aufgrund der mit dieser Eingabe vom bekämpften Bescheide bestehe für den Beschwerdeführer Konkursgefahr. Aus diesem Vorbringen könne auf eine Gefährdung bzw Erschwerung der Einbringung geschlossen werden.

Mit Beschluß vom , B 2260/96, lehnte der Verfassungsgerichtshof eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ab und trat sie gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 230 Abs 7 BAO lautet:

"Kommen während der Zeit, in der gemäß Abs. 1 bis 6 Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen, Umstände hervor, die die Einbringung einer Abgabe gefährden oder zu erschweren drohen, so dürfen Einbringungsmaßnahmen durchgeführt werden, wenn spätestens bei Vornahme der Vollstreckungshandlungen ein Bescheid zugestellt wird, der die Gründe für die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung anzugeben hat (Vollstreckungsbescheid). Mit der Zustellung dieses Bescheides treten bewilligte Zahlungserleichterungen außer Kraft. "

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Begriffe "gefährden" und "erschweren" seien inhaltlich unbestimmt. Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich, solange die Begriffe einen durch Auslegung soweit bestimmbaren Inhalt haben, daß das Verhalten der Behörde auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II3, 170). Eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung iSd § 230 Abs. 7 BAO ist aus den gleichen Gründen anzunehmen, welche bei noch nicht vollstreckbaren Abgabenforderungen zur Erlassung eines Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 BAO Anlaß geben können (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2390). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, liegt eine Gefährdung oder Erschwerung iSd § 232 Abs. 1 BAO vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, daß nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 92/15/0235, 0236). Nach der zu § 232 BAO ergangenen hg Rechtsprechung sprechen etwa drohende Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, Exekutionsführung von dritter Seite, Auswanderungsabsicht, Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte für eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung der Einbringung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/14/0130).

Der Beschwerdeführer verweist weiters darauf, er habe die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbeträge (durch Zahlung der Rechnungsteile an die Lieferantin) vorfinanziert. Er habe deshalb gegenüber der Behörde einen Anspruch auf Rückzahlung dieser vorfinanzierten Beträge. Die belangte Behörde dürfe aus diesem Umstand nicht auf eine Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung schließen. Die Insolvenzgefahr resultiere nicht aus der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabenschuldigkeit, sondern aus der von der belangten Behörde verweigerten Auszahlung der Vorsteuerguthaben.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der Beschwerdeführer legt in keiner Weise konkret dar, daß die Verweigerung der Rückzahlung eines Vorsteuerguthabens nicht dem Gesetz entsprochen hätte. Solcherart konnte die belangte Behörde aber angesichts der - unbestrittenen - Insolvenzgefahr ohne Verkennung der Rechtslage von einer Gefährdung bzw Erschwerung der Einbringlichkeit ausgehen.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe unmittelbar nach Zustellung des Vollstreckungsbescheides zur Sicherstellung der Forderung der Republik Österreich die Vormerkung des Pfandrechtes im Grundbuch auf einer in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft vorgenommen (richtig: beantragt), sei darauf verwiesen, daß der Zweck des Vollstreckungsbescheides darin gelegen ist, Exekutionsmaßnahmen zu ermöglichen.

Mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe keine amtswegigen Ermittlungen über die Insolvenzgefahr angestellt, vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde die Insolvenzgefahr aufgrund der Angaben des Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren angenommen hat, wird auch in der Beschwerde das Vorliegen einer solchen Gefahr ausdrücklich aufgezeigt.

Als weitere Verfahrensrüge wird vorgebracht, die belangte Behörde habe nicht überprüft, ob die Abgabenschuld tatsächlich bestehe oder noch offen sei. Hiezu ist zu entgegnen, daß der Bestand der Abgabenschuld im Berufungsverfahren gegen den Abgabenbescheid zu prüfen ist. Daß die Abgabenschuld noch unberichtigt gewesen ist, hat sich aus dem Rückstandsausweis vom ergeben. In der Beschwerde wird auch gar nicht behauptet, die Abgaben hätten nicht unberichtigt ausgehaftet.

Der Beschwerdeführer rügt als weiteren Verfahrensfehler zwar die Verletzung im Recht auf Gehör, zeigt aber nicht auf, welche Sachverhaltsfeststellungen der Behörde ihm nicht bekanntgegeben worden seien, und gibt auch nicht an, an welchem Sachverhaltsvorbringen er dadurch gehindert worden wäre.

Schließlich vermag die Beschwerde auch nicht aufzuzeigen, daß die belangte Behörde das Ermessen zur Erlassung eines Vollstreckungbescheides nicht dem Gesetz entsprechend geübt hätte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am