VwGH vom 24.04.1996, 92/13/0302
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Franz B in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom , Zl. 6/1 - 1059/92-11, betreffend Gewerbesteuer 1987 und 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt einen Rauchfangkehrerbetrieb. Für die Streitjahre 1987 und 1988 machte er Zahlungen an Anna B von jährlich insgesamt S 84.000,-- als Leibrentenaufwand gewinnmindernd geltend. In den Gewerbesteuerbescheiden 1987 und 1988 rechnete das Finanzamt diese gewinnmindernd geltend gemachten Positionen bei Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Z. 2 GewStG hinzu.
In der Berufung gegen die Gewerbesteuerbescheide bekämpfte der Beschwerdeführer diese Hinzurechnung. Zur Begründung führte er aus, in der Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1982 betreffenden Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom werde festgehalten, daß die Zahlungen an Anna B eine (betriebliche) Versorgungsrente darstellten, was zur Folge hätte, daß der Beschwerdeführer einen Betrieb (im Jahr 1972) unentgeltlich erworben habe. Gemäß § 7 Z. 2 GewStG seien nur solche Renten hinzurechnungspflichtig, die wirtschaftlich mit dem Erwerb des Betriebes zusammenhingen. Beim unentgeltlichen Erwerb eines Unternehmens könne ein Erwerb gegen Rentenleistung nicht vorliegen, sodaß auch eine Hinzurechnung des Rentenaufwandes nicht erfolgen dürfe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe den Rauchfangkehrerbetrieb mit Wirkung vom von Walter B übernommen. Aufgrund eines bereits im Jahr 1939 abgeschlossenen Vertrages sei Anna B, die Gattin des Walter B, stille Gesellschafterin im Rahmen seines Betriebes gewesen. Durch einen Vertrag, den Anna B am mit dem Beschwerdeführer abgeschlossen habe, sei die Höhe der im Vertrag aus dem Jahr 1939 vereinbarten Gewinnbeteiligung der Anna B abgeändert und festgelegt worden, daß der Beschwerdeführer unter diesen Bedingungen den Betrieb des Walter B ab übernehmen werde. Noch am habe der Beschwerdeführer der Anna B schriftlich den Vorschlag unterbreitet, ihre Gewinnbeteiligung mit monatlich S 5.000,-- (wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex) zu pauschalieren, wobei die Zahlung von S 5.000,-- unabhängig von der Gewinnsituation des Beschwerdeführers erfolgen sollte. In der die Jahre 1980 bis 1982 betreffenden Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom sei festgestellt worden, es müsse angenommen werden, daß Anna B diesem Anbot die Zustimmung erteilt habe, weil tatsächlich Zahlungen in dieser Höhe (S 5.000,-- monatlich) geleistet worden seien, sodaß von einem Vertrag über die Gewährung einer betrieblichen Versorgungsrente auszugehen sei. Werde eine Versorgungsrente im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebes geleistet, so erfolge die Übertragung des Betriebes dennoch unentgeltlich. Dies stehe aber einer Hinzurechnung des Rentenaufwandes bei Ermittlung des Gewerbeertrages nicht entgegen. Es müsse nämlich im gegenständlichen Fall davon ausgegangen werden, daß zwischen dem Entstehen der Rentenverpflichtung und dem Erwerb des Betriebes durch den Beschwerdeführer ein unlösbarer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die "Hinzurechnung der an Frau Anna B bezahlten Versorgungsrente zum Gewerbeertrag gemäß § 7 Z. 2 GewStG für die Jahre 1987 und 1988" in seinen Rechten verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Renten und dauernde Lasten, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes (Teilbetriebes) oder eines Anteiles am Betrieb zusammenhängen, werden gemäß § 7 Z. 2 GewStG dem Gewinn aus Gewerbetrieb wieder hinzugerechnet, soweit sie bei Ermittlung des Gewinnes abgesetzt sind. Das gilt nicht, wenn diese Beträge beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind.
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, bis zum Juli 1972 habe zwischen Walter B und Anna B ein Gesellschaftsverhältnis zur Führung des Rauchfangkehrerbetriebes bestanden. Mit Wirkung vom sei Walter B aus der Gesellschaft (Gesellschaft nach bürgerlichem Recht) ausgetreten. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Stichtag in die Gesellschaft eingetreten. Der Vorgang sei sohin nichts anderes als ein Gesellschafterwechsel. Erst nachdem die belangte Behörde mit der die Jahre 1980 bis 1982 betreffenden, im Jahr 1988 ergangenen Berufungsentscheidung dem Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Anna B die Anerkennung versagt hatte, hätten sich der Beschwerdeführer und Anna B zum Abschluß des Leibrentenvertrages entschlossen. Da sohin der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eintrittes in die Gesellschaft (im Jahr 1972) keine Rentenverpflichtung übernommen habe - dies sei eben erst 1988 erfolgt - lägen Renten, die mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebes oder eines Anteiles am Betrieb zusammenhingen, nicht vor.
Im Verwaltungsverfahren betreffend Gewerbesteuer 1987 und 1988 hat der Beschwerdeführer ein derartiges Vorbringen nicht erstattet. Das Vorbringen betrifft einerseits den Sachverhaltsbereich und erforderte andererseits, soweit es Rechtsausführungen betrifft, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen, sodaß es als für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung qualifiziert werden muß.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, für den Fall, daß in sachverhaltsmäßiger Hinsicht angenommen werden müßte, bereits anläßlich der Übernahme des Betriebes im Jahr 1972 sei eine Rente vereinbart worden, so müßte diese als betriebliche Versorgungsrente qualifiziert werden. Zwischen einer betrieblichen Versorgungsrente und der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebes bestehe jedoch kein Zusammenhang, wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 69/64 erkannt habe.
Mit hg. Erkenntnis vom , 69/64 hat der Verwaltungsgerichtshof für eine (gewinnmindernd geltend gemachte) Rente an die Witwe eines ehemaligen Gesellschafters die Hinzurechnungspflicht nach § 7 Z. 2 GewStG verneint, weil die Rente ausschließlich in Anerkennung der Verdienste des verstorbenen Gatten um das beschwerdeführende Unternehmen bezahlt worden sei und damit der Zusammenhang mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes nicht vorgelegen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt allerdings die Auffassung, daß - außer dem Aufwand aus einer Kaufpreisrente - auch die gewinnmindernd geltend gemachte Versorgungsrente zur Hinzurechnungspflicht führt, wenn sie mit dem Erwerb des Betriebes in Zusammenhang steht (vgl. auch Philipp, Die Gewerbesteuer, Tz 7 - 97).
Nun führt der angefochtene Bescheid zwar aus, daß "nach dem gegebenen Sachverhalt" feststehe, das Entstehen der Rentenverpflichtung sei eine wesentliche Bedingung für die Übernahme des Betriebes, und daß "nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt" davon ausgegangen werden müsse, es bestehe ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Entstehen der Rentenverpflichtung und dem Erwerb des Betriebes. Welcher konkrete Sachverhalt diesen wirtschaftlichen Zusammenhang begründen solle, läßt sich dem angefochtenen Bescheid allerdings nicht entnehmen. Nach den Ausführungen des angefochtenen Bescheides sei Walter B bis Juli 1972 Inhaber des Rauchfangkehrerbetriebes gewesen, seine Gattin Anna B sei bis zu diesem Zeitpunkt als stille Gesellschafterin beteiligt gewesen. Zum habe Walter B seinen Betrieb an den Beschwerdeführer übertragen. Der angefochtene Bescheid läßt offen, ob sich Walter B für diese Betriebsübertragung - allenfalls neben anderen Gegenleistungen - eine Rente für seine Gattin Anna B ausbedungen hat. Andererseits läßt der angefochtene Bescheid offen, ob die bis Juli 1972 bestandene stille Beteiligung der Anna B eine Mitunternehmerstellung begründet hat, welche Vereinbarungen hinsichtlich des Schicksals der stillen Gesellschaft für den Fall der Betriebsübertragung durch Walter B an Dritte bestanden haben und ob sohin allenfalls Anna B in der Lage war, einen Mitunternehmeranteil an den Beschwerdeführer zu übertragen und hiefür sich eine Rente auszubedingen. Durch diese Begründungslücke wird die Nachprüfung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof verhindert.
Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde diese Subsumtion des Sachverhaltes unter einen Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. hg. Erkenntnisse vom , 93/13/0004 und 0165). Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid diesen Erfordernissen hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen dem Entstehen der Rentenverpflichtung und der Übertragung eines Betriebes (Mitunternehmeranteiles) in keiner Weise entspricht.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Für das fortgesetzte Verfahren wird zur Klarstellung auf folgendes hingewiesen: Mit der Beschwerde wird nicht bekämpft, daß die belangte Behörde die Rente als betriebliche Versorgungsrente qualifiziert hat. Ob diese Beurteilung der Rente allenfalls zutreffend ist, könnte erst nach Aufhellung ihres gesamten wirtschaftlichen Hintergrundes beurteilt werden.
Die Kostenentscheidung gründt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der in der Verordnung festgesetzte Schriftsatzaufwand umfaßt auch die Umsatzsteuer. Unter dem Titel "Vorlageaufwand" gebührt dem Beschwerdeführer kein Aufwandersatz.