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VwGH vom 18.02.1999, 97/15/0017

VwGH vom 18.02.1999, 97/15/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. Hans Nemetz und Dr. Hans Christian Nemetz, Rechtsanwälte in Wien III, Uchatiusgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIIA) vom , Zl. GA 17-92/4397/08, betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 1990, Einkommensteuer für die Jahre 1989 und 1990, Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages sowie Gewerbesteuerzerlegung und Gewerbesteuer für die Jahre 1989 und 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, sohin betreffend Einkommensteuer 1989 und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1989, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer führte seit Jahren ein Friseurgeschäft als Einzelunternehmen, in dem auch seine Ehegattin als Dienstnehmerin beschäftigt war. Die Ehe wurde am geschieden. Mit Gesellschaftsvertrag vom (Eintragung ins Handelsregister am ) errichteten der Beschwerdeführer und seine Ehegattin eine OHG, in die der Beschwerdeführer sein bisheriges Einzelunternehmen, seine Gattin ihre Arbeitskraft einbrachte (die Beteiligung an Gewinn und Verlust sollte je zur Hälfte erfolgen).

Mit Abtretungsvertrag vom übergab die geschiedene Ehegattin mit Stichtag die ihr an der OHG zukommende Beteiligung "mit allen Aktiva und Passiva gemäß der zum Übergabsstichtag noch zu errichtenden Bilanz" an den Beschwerdeführer. Die Übertragung des Anteiles erfolgte zu einem Kaufpreis von S 750.000,--. Mit war die OHG aufgelöst und das Unternehmen wurde vom Beschwerdeführer wiederum als Einzelunternehmen weitergeführt.

Den lt. Abtretungsvertrag vom bezahlten Kaufpreis von S 750.000,-- aktivierte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Bilanz nach Aufwertung der Anlagegüter mit einem Restbetrag von S 349.007,-- als Firmenwert, den er auf die Dauer von vier Jahren abschrieb.

Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Betriebsprüfer den Standpunkt, die Gründung der OHG und deren Auflösung sei als Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts zu werten und für Zwecke der Besteuerung nicht anzuerkennen (Absicht der Gestaltung sei es gewesen, eine Versorgung der geschiedenen Ehegattin über den Betrieb zu ermöglichen). Demnach seien die Buchwerte zum fortzuführen (keine Aufwertung und kein Ansatz eines Firmenwertes) und sei der Gewinn der Jahre 1986 bis 1988 ausschließlich dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 1990 sowie Einkommensteuer für die Jahre 1989 und 1990 und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages sowie Gewerbesteuerzerlegung und Gewerbesteuer für die Jahre 1989 und 1990 bekämpfte der Beschwerdeführer mit Berufung. In dieser trat der Beschwerdeführer der Nichtanerkennung der Gründung und Auflösung der OHG und den damit verbundenen steuerrechtlichen Konsequenzen entgegen.

Dem Berufungsbegehren trug das Finanzamt mittels Berufungsvorentscheidung insofern Rechnung, als es der Mißbrauchsbeurteilung durch den Betriebsprüfer nicht mehr folgte und die Gründung und Auflösung der OHG bzw. die Aufwertung der Wirtschaftsgüter im Einzelunternehmen anerkannte. Der aktivierte Firmenwert sei allerdings nicht abnutzbar, weil dieser auf Standortvorteile zurückzuführen sei und sich an dieser Situation nach dem Erwerb des Betriebsanteiles nichts geändert habe.

Der Vorlageantrag gemäß § 276 BAO richtete sich - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch von Relevanz - gegen die Nichtanerkennung der Abschreibung des Firmenwertes für die Jahre 1989 und 1990. Die Annahme eines standortbedingten Vorteils sei unzutreffend, vielmehr sei der Firmenwert auf persönliche Leistungen der das Unternehmen leitenden Personen zurückzuführen.

Im angefochtenen Bescheid folgte die belangte Behörde in bezug auf das Vorliegen eines Gestaltungsmißbrauches nach § 22 BAO der Ansicht des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung und zog die Wirksamkeit der mit der Gründung und Auflösung der OHG getroffenen Vereinbarungen nicht in Zweifel. Es sei daher nur mehr strittig, ob der vom Beschwerdeführer anläßlich des Ausscheidens seiner ehemaligen Gattin aus der OHG aktivierte Firmenwert als abnutzbar angesehen werden könne. Hiezu sei darauf Bedacht zu nehmen, daß der Beschwerdeführer vor Gründung der OHG das Einzelunternehmen unter seinem Namen über Jahre hindurch geführt, die OHG auch den Familiennamen des Beschwerdeführers getragen habe und der Beschwerdeführer seit Gründung der OHG nach außen hin - wie in den Vorjahren - unverändert tätig bzw. unternehmerisch in Erscheinung getreten sei. Die Ehegattin sei keine gelernte Friseurin (Ausbildung als zahnärztliche Assistentin) gewesen und vor allem mit folgenden Tätigkeiten befaßt gewesen: Lohnverrechnung, Führung des Kassabuches, Kundenempfang und Kundenbetreuung während der Wartezeit, Organisation, Materialausgabe, etc. Durch das Ausscheiden der Gattin sei für die Kunden keine Änderung in der Art der branchenspezifischen Leistungserbringung eingetreten, weil die Gattin des Beschwerdeführers auch während ihrer Zeit als Angestellte (bis 1985) bzw. als Gesellschafterin der OHG den Kunden gegenüber keine branchenspezifischen Leistungen erbracht habe, sondern ausschließlich im organisatorischen Bereich tätig gewesen sei. Mit anderen Worten, der Beschwerdeführer "führt - wirtschaftlich betrachtet - ab 1989 nur jenen Firmenwert fort, den er in der Vergangenheit selbst - sowohl im Rahmen des Einzelunternehmens als auch in jenem der OHG - durch eigene unternehmerische Leistungen geschaffen hat", zumal der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben die ausschließliche fachliche Leitung des Unternehmens innegehabt habe. Die Beurteilung eines Firmenwertes als abnutzbares Wirtschaftsgut sei in denjenigen Fällen zu verneinen, in denen derjenige, der diesen durch seine persönliche Leistungen geschaffen habe, den Betrieb, wenn auch in anderer Rechtsform oder anderer gesellschaftsrechtlicher Position, selbst weiterführe. Die vom Finanzamt versagte Abschreibbarkeit des Firmenwertes sei damit im Ergebnis zu Recht erfolgt.

Der Berufung betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1990 gab die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wegen fehlender Wiederaufnahmegründe statt. Da durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides der entsprechende Sachbescheid betreffend Einkommensteuer 1990 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei, wies die belangte Behörde die gegen den Einkommensteuerbescheid 1990 erhobene Berufung als unzulässig geworden zurück. Den Bescheid betreffend Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1990 hob die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf, weil durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides der Einkommensteuerbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und sohin die verfahrensrechtliche Grundlage für den Gewerbesteuermeßbescheid gemäß § 296 BAO weggefallen sei. Die Berufung gegen die Bescheide hinsichtlich Gewerbesteuerzerlegung und Gewerbesteuer 1989 und 1990 wies die belangte Behörde schließlich im angefochtenen Bescheid gemäß § 252 Abs. 1 und 2 BAO ab, weil vom Gewerbesteuermeßbescheid abgeleitete Bescheide nicht mit der Begründung angefochten werden könnten, die im Meßbescheid getroffenen Feststellungen seien unzutreffend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid "im angefochtenen Umfang" aufzuheben, und dazu die Nichtanerkennung der Abnutzbarkeit des Firmenwertes bestritten. Da die Frage der Abnutzbarkeit des Firmenwertes im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid durch die Stattgabe hinsichtlich der Verfahrenswiederaufnahme 1990 nur mehr bezüglich Einkommensteuer 1989 und Gewerbesteuermeßbetrag für dasselbe Jahr von Relevanz ist (die Beschwerde behauptet keine Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides in seinen Absprüchen über die Verfahrenswiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 1990 und - daraus folgend - Einkommensteuer 1990 und Gewerbesteuermeßbetrag 1990, sowie Gewerbesteuerzerlegung und Gewerbesteuer 1989 und 1990), ergibt sich insoweit auch der Anfechtungsumfang.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann im zeitlichen Geltungsbereich des § 6 EStG 1972 der Firmenwert sowohl ein abnutzbares als auch ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut darstellen. Diese Rechtslage gilt auch auf dem Boden des § 8 Abs. 3 EStG 1988, soweit Firmenwerte bis zum entgeltlich erworben wurden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/15/0143, m. w.N.).

Es ist zwar zutreffend, daß regelmäßig dann, wenn derjenige, der einen Firmenwert durch persönliche Leistungen geschaffen hat, im Unternehmen des Erwerbers weiter tätig wird, beim Erwerber ein nicht abschreibbarer Firmenwert vorliegt (so etwa in dem auch von der belangten Behörde angesprochenen Erkenntnis vom , 91/13/0053), dies setzt aber voraus, daß der als Firmenwert qualifizierte Betrag überhaupt für die persönliche Leistung des Unternehmers bezahlt wurde. Insoweit ist aber der angefochtene Bescheid mit Verfahrensmängeln belastet.

Die belangte Behörde geht davon aus, daß der Beschwerdeführer beim Ausscheiden seiner ehemaligen Ehegattin aus der OHG ihr den durch seine eigenen unternehmerischen Leistungen (sei es in der Zeit der Führung des Betriebes als Einzelunternehmer, sei es als Mitunternehmer in der Rechtsform der 1986 gegründeten OHG) entstandenen Firmenwert abgegolten hätte. Diese Annahme hat die belangte Behörde nicht hinreichend begründet. Dazu kommt, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu ihrer im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung kein Parteiengehör gewährt hat, und die in der Beschwerde u.a. enthaltene Verfahrensrüge, es wäre jedenfalls erforderlich gewesen, die ehemalige Ehegattin als Zeugin über ihre unternehmerische Tätigkeit in bezug auf Kundenakquisition und Kundenbetreuung zu vernehmen, nicht unberechtigt erscheint. Das dazu in der Beschwerde enthaltene Vorbringen, die Ehegattin des Beschwerdeführers sei es als "äußerst eloquente, freundliche und umgängliche Person" gewesen, die notwendigerweise immer wieder während der Dauer der OHG neue Kundenkontakte geschaffen und aufrechterhalten habe, wobei sich dies während der Dauer der OHG nachhaltig auf den Umsatz und Kundenstruktur ausgewirkt habe (sie habe daher in den drei Jahren 1986 bis 1988 als Mitunternehmerin einen originären Kundenstock aufgebaut, den der Beschwerdeführer am erworben habe), ist auch nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.

Der angefochtene Bescheid war daher (im Umfang seiner Anfechtung) nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am