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VwGH vom 07.09.1988, 88/18/0030

VwGH vom 07.09.1988, 88/18/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Böhler, über die Beschwerde des FJ in O, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. Ludwig Druml, Bambergergasse 10, Villach, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 8V-830/5/86, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.866,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe 1) am bis gegen 13.30 Uhr mit dem Sattelkraftfahrzeug K-nnn.nnn und K-nn.nn1 auf der Kärntner Straße B 83 auf der Wegstrecke zwischen der Baustelle des Verschiebebahnhofes Fürnitz und der Schotterentnahmestelle im Bereich der so genannten "Werda" nahe Arnoldstein mit dem Lenker BM einen Schottertransport und 2) am bis gegen 12.00 Uhr mit demselben Sattelkraftfahrzeug zwischen der Schottergrube Kleinsattel und der Baustelle des Verschiebebahnhofes Fürnitz insgesamt fünf Fuhren Schottertransporte gegen Entgelt durchgeführt; er habe somit dadurch jeweils das konzessionierte Gewerbe der Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen gewerbsmäßig ausgeübt, ohne im Besitz der erforderlichen Konzession gewesen zu sein. Er habe hiedurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 130 III Gewerbeordnung 1973 und § 16 Abs. 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Z. 6 und § 3 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz (GBefG), und zwar zu 1) und zu 2). Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 und § 16 Abs. 2 GBefG zu 1) und 2) eine Geldstrafe von je S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe je sieben Tage), verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Beschwerdepunkt ist der Umstand der Bestrafung des Beschwerdeführers in beiden Fällen.

Mit Beschluss vom gab der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens seine vorläufige Rechtsansicht im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG wie folgt bekannt:

Die Heranziehung des § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 und unter Bezugnahme auf § 130 III Gewerbeordnung 1973 scheint unbedenklich; ebenso die Bezugnahme auf § 16 Abs. 2 GBefG hinsichtlich der verhängten Mindeststrafe von je S 5.000,--; auch die Bezugnahme auf die Administrativvorschrift des § 3 Abs. 1 GBefG, enthaltend das Gebot, dass gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nur auf Grund einer Konzession ausgeübt werden darf, scheint unbedenklich. Bedenklich scheint die Heranziehung des § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG mit dem Wortlaut:

"Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1973 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer ....

6. andere als die in Z 1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält."

Nun könnte zwar daran gedacht werden, dass unter die erwähnten Gebote das des § 3 Abs. 1 GBefG fällt; andererseits muss erwogen werden, dass die Strafbestimmung des § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG im Absatz 2 dieses Paragraphen nicht genannt ist, so daß für eine Übertretung nach der erstgenannten Gesetzesstelle keine Vorschrift über eine Mindeststrafe von S 5.000,-- besteht.

Zwei Umstände begründen den Zweifel des Verwaltungsgerichtshofes daran, ob durch ein und dieselbe Tat sowohl § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 als auch § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG verletzt werden kann:

Erstens die Subsidiaritätsklausel in den Eingangsworten des § 16 Abs. 1 GBefG "Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1973 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen ....", ferner aber der Umstand, dass für eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 gemäß § 16 Abs. 2 GBefG eine Mindeststrafe von S 5.000,-- festgesetzt ist, für Übertretungen nach § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG hingegen nicht. Daher dürfte es sich bei den beiden Übertretungstatbeständen um verschiedene verletzte Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 handeln. Die Rechte des Beschwerdeführers könnten dadurch verletzt sein, dass sein Verhalten außer dem § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 auch dem § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG unterstellt worden ist.

Der Beschwerdeführer erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, er sehe sich nunmehr auch darin in seinen Rechten verletzt, dass sein Verhalten außer dem § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 auch dem § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG unterstellt worden sei.

Die belangte Behörde erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, sie habe dem Beschwerdeführer keineswegs die Begehung jeweils zweier Verwaltungsübertretungen durch die zu 1) und 2) genannten Tathandlungen zum Vorwurf gemacht; es sei auch darauf verwiesen, dass § 3 Abs. 1 GBefG von § 16 Abs. 2 leg. cit. ausdrücklich nicht umfasst werde und auch im § 16 Abs. 1 Z. 1 bis 5 GBefG nicht enthalten sei. Daher sei die Zitierung des § 16 Abs. 1 Z. 6 GBefG notwendig gewesen, um über den Generaltatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 auf den verletzten Spezialtatbestand des § 3 Abs. 1 GBefG zu verweisen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides stehe daher mit dem Gesetz in Einklang.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof erhebt seine vorläufige Rechtsansicht nunmehr zu seiner endgültigen. Es geht nicht darum, dass der Beschwerdeführer durch die zu 1) und 2) genannten Tathandlungen jeweils zwei Verwaltungsübertretungen verwirklicht haben sollte - dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom nicht angenommen. Es geht vielmehr darum, dass unter der verletzten Verwaltungsvorschrift nach § 44a lit. b VStG 1950 unter anderem eine solche aufscheint, die durch die als erwiesen angenommene Tat nicht verletzt wurde. Der Beschuldigte hat aber ein Recht darauf, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 82/03/0274, 0275 und die darin zitierte weitere Rechtsprechung). Auch das weitere Argument der belangten Behörde ist verfehlt: § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 ist für sich eine verletzte Verwaltungsvorschrift, die ihren Inhalt durch den Verweis auf den Begriff des konzessionierten Gewerbes (§ 5 Z. 2 Gewerbeordnung 1973) erhält. Dass aber die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen ein solches Gewerbe darstellt, ist im § 3 Abs. 1 GBefG ausgesprochen. Es bedurfte daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht des Zitates des § 16 Abs. 1 Z. 6. GBefG.

Der angefochtene Bescheid erweist sich schon allein aus diesem Grunde mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass es des Eingehens auf die weiteren geltend gemachten Beschwerdegründe bedurfte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff insbesondere 59 Abs. 1 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243. Wien, am