VwGH vom 15.12.1995, 95/11/0372

VwGH vom 15.12.1995, 95/11/0372

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.13-208/94-7, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich: Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H.schuldig erkannt, es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten zu haben, daß sich am

7. und am auf einer näher genannten Baustelle insgesamt 16 Verstöße gegen das Arbeitsruhegesetz ereignet hätten. Damit habe der Beschwerdeführer 16 Übertretungen nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes begangen. Über ihn wurden 16 Geldstrafen verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wenn der Beschwerdeführer zunächst ausführt, daß wegen der gleichen Sache ein rechtskräftiges Straferkenntnis gegen einen Bevollmächtigten des Arbeitgebers der an den genannten Sonntagen beschäftigten Arbeitnehmer ergangen sei, sodaß der Grundsatz "ne bis in idem" verletzt worden sei, ist ihm zu erwidern, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Arbeitgeber (seine nach § 9 Abs. 1 VStG verantwortlichen Organe) und seine Bevollmächtigten in gleicher Weise nebeneinander verwaltungstrafrechtlich verantwortlich sein können (vgl. zum diesbezüglich gleichen Arbeitszeitgesetz das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/08/0088).

2. Soweit der Beschwerdeführer Mangelhaftigkeiten des Verwaltungsstrafverfahrens behauptet, unterläßt er es, die Wesentlichkeit der behaupteten Verfahrensmängel darzutun. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, zu welchem anderslautenden Bescheid die belangte Behörde hätte kommen können, wären ihr diese Verfahrensfehler nicht unterlaufen. Dies gilt sowohl für die vom Beschwerdeführer vermißten Beweisaufnahmen - der Beschwerdeführer bestreitet mit keinem Wort die Richtigkeit des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes - als auch für das Unterbleiben einer - von ihm gar nicht beantragten - mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde.

3. In Ansehung der Person des Beschwerdeführers erging jedenfalls eine rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG. Daß er darin in seiner Eigenschaft als Organ einer näher bezeichneten Kommanditgesellschaft (statt der Gesellschaft m.b.H. wie im angefochtenen Bescheid) aufschien, schadet im Hinblick auf die Verhinderung des Eintrittes der Verfolgungsverjährung nicht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 12.375/A, wonach die rechtliche Eigenschaft, in der ein Beschuldigter verfolgt wird, im gegebenen Zusammenhang kein wesentliches Sachverhaltsmerkmal darstellt).

Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen auf die behauptete Unwirksamkeit der Zustellung eines an den Beschwerdeführer ergangenen Ladungsbescheides (vom ) in seiner Eigenschaft als Organ der Gesellschaft m.b.H. zu Handen seiner "Vertreter als Organ der Kommanditgesellschaft", weil er als physische Person Beschuldigter und damit Adressat der in Rede stehenden Verfolgungshandlungen war, abgesehen davon, daß eine Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG auch dann den Eintritt der Verjährung hindert, wenn sie ihr Ziel nicht erreicht hat, und abgesehen davon, daß der Ladungsbescheid als Verfolgungshandlung den Eintritt der Verfolgungsverjährung wegen Fristablauf nicht mehr zu verhindern geeignet gewesen wäre.

4. Soweit sich der Beschwerdeführer damit verantwortet, es seien keine Verstöße gegen das Arbeitruhegesetz vorgelegen, weil es sich um unaufschiebbare Arbeiten gehandelt habe, bei deren Unterbleiben der Eintritt schwerer finanzieller Schäden gedroht habe, läßt er außer Betracht, daß von erlaubten Ausnahmen von der Wochenendarbeitsruhe nur die Rede sein kann, wenn in außergewöhnlichen Fällen Arbeitnehmer mit vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten beschäftigt werden, soweit diese zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für die Sicherheit des Lebens oder die Gesundheit von Menschen oder bei Notstand sofort vorzunehmen sind (§ 11 Abs. 1 Z. 1 ARG) oder zur Behebung einer Betriebsstörung oder zur Verhütung des Verderbens von Gütern oder eines sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schadens erforderlich sind, wenn unvorhergesehene und nicht zu verhindernde Gründe vorliegen und andere zumutbare Maßnahmen zu diesem Zweck nicht möglich sind (§ 11 Abs. 1 Z. 2 ARG). Davon kann nach dem Beschwerdevorbringen keine Rede sein. Daß die Arbeiten auf der Baustelle "durch andere Professionisten" nicht termingerecht hätten beendet werden können, daß die bereits angekündigte Betriebseröffnung nicht zeitgerecht hätte erfolgen können sowie daß Pönalezahlungen in beträchtlicher Höhe hätten fällig werden können, reicht nicht aus, um die Arbeiten unter die Ausnahmeregelungen des § 11 Abs. 1 ARG subsumieren zu können. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, wodurch das Unternehmen, dessen Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG er ist, gehindert gewesen wäre, die von ihm zu erstellenden Arbeitserfolge ohne Vornahme von Arbeiten während der Wochenendruhe zu erbringen und worin die unvorhergesehenen und nicht zu verhindernden Gründe im Sinne des Gesetzes gelegen wären.

Gegen die Verwendung des unbestimmten Gesetzesbegriffes eines "unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schadens" - wie er in zahlreichen anderen Gesetzen ebenfalls vorkommt - hegt der Verwaltungsgerichtshof im übrigen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, und sieht sich nicht veranlaßt, eine Gesetzesprüfung durch den Verfassungsgerichtshof in die Wege zu leiten.

5. Wenn sich der Beschwerdeführer auf "eine Ausnahmegenehmigung nach § 12 ARG" beruft, so ist ihm zu erwidern, daß diese Bestimmung zwar eine Verordnungsermächtigung enthält, aber keine Ausnahmegenehmigungen für bestimmte Betriebe vorsieht.

6. Wenn der Arbeitgeber der in Rede stehenden Arbeitnehmer einen verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellen wollte, dazu aber die Information erhielt, daß "die Meldung nicht entspreche", ohne daß die "Behörde" einen Auftrag im Sinne des § 9 Abs. 2 zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erteilt hätte, kann dies den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belasten. Zum einen bleiben die Organe gemäß § 9 Abs. 1 VStG solange verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich bis ein verantwortlicher Beauftragter wirksam bestellt ist, zum anderen trifft die "Behörde" (richtig wohl das Arbeitsinspektorat - vgl. § 23 Abs. 1 ArbIG 1993) keine Verpflichtung, auf eine Mitteilung über eine unwirksame Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten mit der Aufforderung zu reagieren, eine wirksame Bestellung vorzunehmen. Im übrigen kann eine dem Arbeitsinspektorat mitgeteilte Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten den Arbeitgeber erst ab Einlangen der Mitteilung und nicht bereits ab Zustimmung des Bestellten entlasten (vgl. den diesbezüglich klaren Wortlaut des § 23 Abs. 1 ArbIG). Das ArbIG stellt in dieser Hinsicht eine lex specialis zu § 9 VStG dar.

7. Wenn der Beschwerdeführer schließlich auf das Vorhandensein eines gewerberechtlichen Geschäftsführers verweist, ist er daran zu erinnern, daß ein solcher nur für die Einhaltung gewerberechtlicher, nicht aber auch für die Einhaltung anderer Verwaltungsvorschriften (somit auch nicht für arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen) verantwortlich ist (siehe den Wortlaut des § 39 Abs. 1 GewO 1973 sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/18/0054).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.