VwGH vom 14.06.1991, 88/17/0152
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der HN gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MDR - W 20/87, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 4, vom wurde die Beschwerdeführerin "auf Grund der §§ 7 Abs. 3 und 34 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 in der derzeit geltenden Fassung und der §§ 2 und 5 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der derzeit geltenden Fassung" als Haftpflichtige zur Zahlung der durch das Halten von Unterhaltungsspielapparaten einer näher genannten Automatenverleiherin in ihrem (gemeint: der Beschwerdeführerin) Betrieb in Wien 20, X-Straße 5, für die Zeit vom bis entstandenen Vergnügungssteuerschuld im Betrage von S 57.936,69 herangezogen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, die Beschwerdeführerin sei im angeführten Zeitraum Inhaberin der gegenständlichen Räume gewesen.
In der dagegen erhobenen Berufung stellte die Beschwerdeführerin außer Streit, daß die im erstinstanzlichen Bescheid erwähnten Apparate im fraglichen Zeitraum
- unbeschadet etwaiger Urlaubszeiten etc. - in den Betriebsräumlichkeiten aufgestellt und betriebsbereit gewesen seien. Im Zusammenhang mit ihrem weiteren, für das vorliegende Verfahren nicht mehr relevanten Berufungsvorbringen brachte die Beschwerdeführerin weiters wörtlich vor:
"Der Berufungswerber betreibt am o.a. Standort einen gastgewerblichen Betrieb."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Abgabenbescheid erster Instanz dahin abgeändert, daß er sich anstatt auf § 34 Abs. 4 auf § 34 Abs. 3 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 (VergnStG) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 35/1986 stütze. Ein ausdrücklicher Ausspruch darüber, daß die Berufung im übrigen abgewiesen werde, findet sich im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht; wohl aber heißt es in der Begründung:
"Die Berufung mußte daher erfolglos bleiben; lediglich die für die Entscheidung maßgebliche Rechtsgrundlage war richtig zu stellen."
Im übrigen wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides (soweit für vorliegendes Erkenntnis noch von Bedeutung) ausgeführt, unbestritten stehe fest, daß die Beschwerdeführerin Inhaberin des Gastgewerbebetriebes in Wien 20, X-Straße 5, im maßgebenden Zeitraum (April 1983 bis Oktober 1984) gewesen sei. Damit sei sie auch Inhaberin der Räumlichkeiten dieses Betriebes gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, zur Haftung für die genannte Abgabenschuldigkeit nicht herangezogen zu werden. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist zu erörtern, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß der Spruch des angefochtenen Berufungsbescheides jenen des erstinstanzlichen Abgabenbescheides wohl in einem Punkt abgeändert, jedoch nicht ausdrücklich über Stattgebung oder Abweisung der Berufung abgesprochen hat.
Gemäß § 67 Abs. 2 und Abs. 3 lit. a WAO hat jeder Bescheid unter anderem den Spruch und, von Ausnahmen abgesehen, eine Begründung zu enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als ein Ganzes zu beurteilen. Spruch und Begründung bilden eine Einheit; bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. hiezu etwa das zu § 70 der Burgenländischen Landesabgabenordnung ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/17/0208, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall läßt die Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig erkennen, daß die belangte Behörde mit dem Spruch ihres Berufungsbescheides den erstinstanzlichen Abgabenbescheid lediglich in dem einen, oben genannten Punkt abändern, die Berufung jedoch im übrigen abweisen wollte. Dies umso mehr, als ja der Berufungsbescheid in jeder Hinsicht an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides tritt, der damit jede selbständige rechtliche Wirkung nach außen verliert (vgl. Stoll, BAO Handbuch, Seite 684 f). Ändert also die Berufungsbehörde den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides (lediglich) in einem Punkt ab, so muß dies zumindest dann, wenn aus der Begründung des Bescheides hervorgeht, daß die Berufungsbehörde im übrigen den Spruch des mit Berufung bekämpften Bescheides unverändert in Wirksamkeit belassen wollte, als Bestätigung des bekämpften Bescheides in den nicht geänderten Punkten verstanden werden.
Gemäß § 34 Abs. 3 erster Satz VergnStG idF der Vergnügungssteuergesetznovelle 1981, LGBl. Nr. 16, haftet, wer zur Anmeldung oder Veranstaltung verpflichtet ist, ohne selbst Unternehmer zu sein, neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner.
Gemäß § 7 Abs. 3 erster Satz leg. cit. ist zur Anmeldung sowohl der Unternehmer der Veranstaltung "wie" der Inhaber der dazu benützten Räume oder Grundstücke verpflichtet.
Die Beschwerdeführerin bringt (ausschließlich) vor, es sei unrichtig, daß sie im Zeitraum vom April 1983 bis Oktober 1984 Inhaberin des Gastgewerbebetriebes in Wien 20, X-Straße 5, gewesen sei. Dieses Unternehmen sei vielmehr von AN bis zu seinem Tod am betrieben worden. In der Folge sei bis zur Einantwortung der Betrieb des Unternehmens durch die Verlassenschaft nach AN erfolgt. Die Einantwortung sei am "durchgeführt" worden. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht Mieterin der gegenständlichen Räumlichkeiten gewesen; Mieter sei vielmehr AN gewesen, dessen Mietrechte durch die Hauseigentümerin noch vor seinem Tode rechtskräftig aufgekündigt geworden waren. Die Beschwerdeführerin sei erst mit Mieterin des Objektes geworden, in welchem seitens der Verlassenschaft das Unternehmen betrieben worden sei.
Dieses Beschwerdevorbringen widerstreitet in seiner Gesamtheit dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot. Die Beschwerdeführerin hat auf Verwaltungsebene nie bestritten, Inhaberin der gegenständlichen Räume im Abgabenzeitraum gewesen zu sein; die belangte Behörde durfte überdies auch aus dem oben wiedergegebenen Passus in der Berufung: "Der Berufungswerber betreibt am a.o. Standort einen gastgewerblichen Betrieb" ohne Rechtsirrtum den Schluß ziehen, daß sich dieses Vorbringen (auch) auf den gegenständlichen Abgabenzeitraum bezog. Die einzig behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit haftet daher dem angefochtenen Bescheid nicht an.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.