VwGH vom 09.09.1998, 97/14/0150
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Graf und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des HF in L, vertreten durch Dr. Franz Kriftner, Dr. Christian Sparlinek, Mag. Alexander Piermayr und Mag. Doris Prossliner, Rechtsanwälte in Linz, Stelzhamerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat II) als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , Zlen. RV/118/01-10/T/97 und RV/119/01-10/T/97, betreffend Abgabenhinterziehung (Umsatzsteuer 1985), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Abgabepflichtiger unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit seinem Bruder E.F. durch Einstellen einer fälschlicherweise mit datierten, aber erst 1987 erstellten Rechnung über von E.F. ihm gegenüber erbrachte Leistungen im Betrag von brutto S 211.950,-- in sein steuerliches Rechenwerk und daraus zu Unrecht bereits in der Jahresumsatzsteuererklärung für 1985 geltend gemachte Vorsteuer eine Verkürzung an Umsatzsteuer für dieses Veranlagungsjahr in der Höhe von S 29.225,-- bewirkt. Er habe dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz - FinStrG begangen, weshalb über ihn nach dem Strafsatz des § 33 Abs. 5 leg. cit. eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt werde.
Der angefochtene Bescheid enthält weiters - von der Beschwerde nicht betroffene - Aussprüche betreffend die Bestrafung des E.F. wegen Finanzvergehens sowie die Einstellung von Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer und E.F.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde zur Bestrafung des Beschwerdeführers im wesentlichen aus, die Erstbehörde habe angenommen, daß der mit datierten Honorarnote des E.F. über S 211.950,-- keine Zahlungsflüsse zugrunde gelegen seien und daß der Beschwerdeführer bewußt und gewollt eine Abgabenhinterziehung herbeigeführt habe, die sich u.a. an Einkommensteuer beim Beschwerdeführer mit dem Betrag von S 89.787,-- ausgewirkt habe. Die belangte Behörde habe dazu in der Verhandlung die Zeugin E. vernommen, nach deren Angaben sie im Jahr 1985 Buchhaltungsarbeiten für E.F. bei verschiedenen Firmen geleistet habe. Der Beschwerdeführer und E.F. hätten dazu vorgebracht, daß diese Unternehmen für diese Leistungen an den Beschwerdeführer bezahlt hätten und dieser die Beträge jeweils an seinen Bruder E.F. weitergegeben habe. Es sei daher bei der gegebenen Aktenlage denkbar und in Anbetracht der seither verstrichenen Zeit nicht durch weitere Beweisaufnahmen auszuschließen, daß tatsächlich E.F. durch seine Erfüllungsgehilfin E. dem Beschwerdeführer gegenüber entsprechende Leistungen erbracht habe. Es könne sein, daß die Leistungen des E.F. tatsächlich das Ausmaß laut Honorarnote erreicht hätten.
Es stehe fest, daß das Datum der Honorarnote keinesfalls das tatsächliche Datum der Rechnungslegung bezeichne. Die Zeugin E. habe sich an die im Vergleich zu anderen Jahresabrechnungen überdimensionale Ausgangsrechnung an den Beschwerdeführer nicht erinnert. Auch der Beschwerdeführer selbst habe die Vorsteuer aus der nach seiner Behauptung in den ersten Jännertagen 1986 bereits vorhandenen Rechnung bei Berechnung der Umsatzsteuer-Zahllast für das vierte Quartal 1985 nicht berücksichtigt. Vielmehr habe sich darin eine Vorsteuer im Ausmaß von S 6.850,-- befunden, welche jedoch nur im Ausmaß von S 750,60 durch das Spesenbuch gedeckt sei. Die Auffassung der Erstbehörde, daß die ursprünglich verrechneten "Fremdleistungen" nur S 30.500,-- zuzüglich S 6.100,-- an Umsatzsteuer betragen hätten, sei zutreffend, zumal der Beschwerdeführer keinen plausiblen Grund habe angeben können, warum er bei vorhandener Rechnung als im Umgang mit solchen Zahlenwerken vertrauter Wirtschaftstreuhänder mit vorangegangener jahrelanger Buchhaltungspraxis den namhaften Vorsteuerbetrag erst Jahre später geltend gemacht habe. Es sei daher als erwiesen anzunehmen, daß vorerst keine Abrechnung aller Leistungen für 1985 vorhanden gewesen und die Honorarnote erst nach dem erstellt worden sei. Folge man dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß nur eine einzige Abrechnung seines Bruders E.F. existiert habe, ergäbe sich daraus der Vorwurf an den Beschwerdeführer, fiktive Vorsteuer von S 6.100,-- geltend gemacht zu haben. Die belangte Behörde folge im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers nicht seiner diesbezüglichen Behauptung. Zur weiteren Eingrenzung des Zeitraumes, in dem die Honorarnote erstellt worden sei, sei zu beachten, daß eine abgabenbehördliche Prüfung bei E.F. (laut Prüfungsbericht vom ) mit einer in Rechtskraft erwachsenen Globalschätzung zu Ende gegangen sei, weshalb eine nachträgliche Zuschätzung infolge einer Kontrollmitteilung auszuschließen gewesen sei. Die belangte Behörde nehme daher als erwiesen an, daß die mit datierte Rechnung nicht an diesem Tag sondern erst 1987 nach Abschluß der abgabenbehördlichen Prüfung bei E.F. erstellt worden sei.
Dem Beschwerdeführer und E.F. sei aufgrund ihrer fachspezifischen Tätigkeit wohl vertraut gewesen, daß die Vorsteuerabzugsberechtigung als materiell-rechtliche Bedingung auch die Rechnungslegung vorausgesetzt hätte und der Vorsteuerabzug daher erst für Vorauszahlungszeiträume des Jahres 1987 hätte erfolgen dürfen. Entgegen diesem Wissen sei die Rechnung mit datiert worden, damit der Beschwerdeführer die Vorsteuer schon im Rahmen der Jahresumsatzsteuererklärung 1985 geltend machen könne und zugesprochen bekomme (was mit Bescheid vom geschehen sei). Der Beschwerdeführer habe daher eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen. Zugunsten des Beschwerdeführers sei - anders als im erstinstanzlichen Bescheid - keine Verkürzung der Einkommensteuer anzunehmen gewesen und die Umsatzsteuerverkürzung in Höhe von S 35.325,-- um den im vierten Quartal 1985 beanspruchten Betrag von S 6.100,-- zu reduzieren, sodaß sich der strafbestimmende Wertbetrag nunmehr mit S 29.225,-- berechne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil im Zeitpunkt der Geltendmachung der Vorsteuer eine mit datierte Rechnung vorgelegen sei.
Dem ist zu erwidern, daß gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmen in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Nach dieser Gesetzesstelle ist eine der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges die erfolgte Rechnungslegung an den Unternehmer. Erst dann, wenn neben der Leistungserbringung auch die Rechnungslegung erfolgt ist, besteht für den Unternehmer die rechtliche Möglichkeit, einen Vorsteuerabzug geltend zu machen (siehe Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer IV, Tz 138 f zu § 12 UStG 1972 sowie Tz 15 und 16 zu § 20 UStG 1972). Da die Rechnung erst im Jahr 1987 ausgestellt wurde, hatte der Beschwerdeführer mangels Vorliegens einer Rechnung nicht die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges für das Jahr 1985.
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe sich mit der subjektiven Tatseite nicht beschäftigt.
Der gerügte Begründungsmangel liegt nicht vor. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei steuerliches Allgemeinwissen und dem Beschwerdeführer in seiner fachspezifischen Tätigkeit (als Wirtschaftstreuhänder) wohl bekannt gewesen, daß der Vorsteuerabzug auch die Rechnungslegung vorausgesetzt hätte. Mit diesen Überlegungen, die nicht als unschlüssig zu erkennen sind, hat die belangte Behörde hinreichend dargelegt, warum sie als erwiesen angenommen hat, daß der Beschwerdeführer, dem bekannt war, daß die Rechnung erst im Jahr 1987 ausgestellt wurde, vorsätzlich gehandelt hat.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Strafbarkeit sei durch Verjährung erloschen. Gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG verjähre die Strafbarkeit des ihm angelasteten Finanzvergehens in zehn Jahren. Die Verjährungsfrist habe spätestens mit Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 1985 am begonnen, weshalb Verjährung mit eingetreten sei. Der angefochtene Bescheid sei ihm erst am , somit nach Eintritt der Verjährung, zugestellt worden.
Der Beschwerdeführer übersieht bei diesen Ausführungen, daß es im Falle der Verkündung auf den Zeitpunkt der Verkündung des Bescheides ankommt (siehe dazu Fellner, Finanzstrafgesetz, Rz 20 zu §§ 31 und 32, und die dort zitierte Rechtsprechung). Da die Verkündung des angefochtenen Bescheides am , somit innerhalb der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 FinStrG erfolgt ist, erweist sich der Verjährungseinwand als verfehlt.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am