VwGH vom 23.06.1998, 97/14/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des J M in V, vertreten durch Dr. Paul Ladurner, Rechtsanwalt in
6020 Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , 23.164-2/96, betreffend Nichtgewährung einer Schulfahrtbeihilfe für das Schuljahr 1995/96, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist für seine beiden Söhne unterhaltspflichtig und bezieht für sie Familienbeihilfe. Da sich im Bereich des Hauptwohnortes bzw des Bezirkes keine den Berufswünschen der beiden Söhne entsprechende höhere technische Lehranstalt befindet, besuchten sie sowohl im Schuljahr 1994/95 als auch 1995/96 Schulen, die so weit vom Hauptwohnort entfernt sind, daß ihnen eine tägliche Zurücklegung der Wegstrecke zwischen dem Hauptwohnort und der jeweiligen Schule nicht möglich war. Die beiden Söhne waren daher am jeweiligen Schulort in der Nähe der Schule in einem Heim untergebracht, wobei die Entfernung zwischen dem Heim und der Schule beim Sohn Markus weniger als 2 km und beim Sohn Dietmar rund 4 km betrug, weswegen der Sohn Dietmar für die Strecke zwischen dem Heim und der Schule Schülerfreifahrt in Anspruch nehmen konnte. Die beiden Söhne kehrten nur an Wochenenden zum Hauptwohnort zurück.
Während dem Beschwerdeführer für seine beiden Söhne im Schuljahr 1994/95 Heimfahrtbeihilfe gemäß § 30c Abs 4 FLAG gewährt wurde, verweigerte die belangte Behörde in dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Heimfahrtbeihilfe im Schuljahr 1995/96 mit der Begründung, die Bestimmungen über die Heimfahrtbeihilfe seien mit Wirkung ab außer Kraft getreten, weswegen für die Wochenendheimfahrten der beiden Söhne kein Anspruch auf Heimfahrtbeihilfe mehr bestehe. Mangels gesetzlicher Grundlage könnten die vom Beschwerdeführer für die Beförderung seiner beiden Söhne geltend gemachten Kosten zwischen dem Hauptwohnort und dem Heim bzw der Schule nicht durch die Gewährung der Schulfahrtbeihilfe iSd § 30c Abs 1 bis 3 FLAG abgegolten werden. Denn Grundvorausssetzung für die Gewährung der Schulfahrtbeihilfe sei, daß von einem nicht behinderten Schüler ein Schulweg von einer Mindestlänge von 2 km an gewissen Schultagen zurückgelegt werde. Unter Schulweg sei die kürzeste Strecke zwischen dem Wohnhaus des Schülers und dem Schulgebäude zu verstehen. Bei Schülern, die auf Grund der Entfernung zwischen dem Hauptwohnort und der Schule in der Nähe der Schule eine Zweitunterkunft (Heim) bewohnten, sei als Schulweg nur jene Strecke anzusehen, die regelmäßig an Schultagen auf dem kürzesten Weg zwischen der Zweitunterkunft und der Schule zurückgelegt werde. Nur für diese Strecke bestehe ein Anspruch auf Schülerfreifahrt bzw Schulfahrtbeihilfe. Die Wegstrecke zwischen dem Wohnort und der Zweitunterkunft, die in der Regel nur an Wochenenden oder schulfreien Tagen zurückgelegt werde, könne hingegen nicht als Schulweg angesehen werden. Anders wäre es nicht erklärlich, warum der Gesetzgeber zusätzlich zu den Bestimmungen des § 30c Abs 1 bis 3 FLAG Schülern, die zwecks Schulbesuches eine Zweitunterkunft bewohnt hätten, bis zum Schuljahr 1994/95 einen Anspruch auf eine eigene Schulfahrtbeihilfe (Heimfahrtbeihilfe) eingeräumt habe.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem nach dem ablehnenden Beschluß vom , B 487/97-3, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung der Schulfahrtbeihilfe für seine beiden Söhne im Schuljahr 1995/96 verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß ab dem Schuljahr 1995/96 keine Heimfahrtbeihilfe mehr zu gewähren ist. Diese bedeute aber noch nicht, daß damit auch keine Schulfahrtbeihilfe für die An- und Abreise seiner beiden Söhne vom elterlichen Wohnort zur jeweiligen Schule zustehe. Die An- und Abreise vom elterlichen Wohnort zur Schule sei als Schulweg iSd Gesetzes zu verstehen.
Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer die ab dem Schuljahr 1995/96 geltende Rechtslage.
Gemäß § 30a Abs 1 FLAG haben Personen Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe für Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt oder ausgezahlt wird, wenn das Kind bestimmte, im Gesetz näher bezeichnete Schulen besucht und der kürzeste Weg zwischen der Wohnung im Inland und der Schule in einer Richtung (Schulweg) für ein nicht behindertes Kind mindestens 2 km lang ist.
Nach § 30b Abs 1 FLAG besteht kein Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe für den Teil des Schulweges, auf dem der Schüler eine unentgeltliche Beförderung oder die Schülerfreifahrt in Anspruch nehmen kann. Für den verbleibenden Teil des Schulweges besteht Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe dann, wenn dieser Teil des Schulweges für ein nicht behindertes Kind mindestens 2 km lang ist; in diesen Fällen richtet sich die Höhe der Schulfahrtbeihilfe nach der Länge dieses Teiles des Schulweges.
In § 30c Abs 1 und 2 FLAG wird die Höhe der monatlichen Schulfahrtbeihilfe je nach Länge des Schulweges (weniger oder mehr als 10 km) und der Anzahl der Schultage in der Woche geregelt. Werden für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels durch den Schüler höhere Kosten als in den eben zitierten Bestimmungen vorgesehen nachgewiesen, so richtet sich die Höhe der monatlichen Schulfahrtbeihilfe nach Abs 3 leg cit nach der Höhe der in einem Kalendermonat aufgelaufenen, notwendigen tarifmäßigen Kosten abzüglich eines festgelegten Selbstbehaltes. Steht ein geeignetes öffentliches Verkehrsmittel nicht zur Verfügung, erhöhen sich die in Abs 1 und 2 leg cit vorgesehenen Pauschbeträge um 100 vH.
§ 30a Abs 1 FLAG definiert den Schulweg als den kürzesten Weg zwischen der Wohnung im Inland und der Schule in einer Richtung. An diese Definition wird in § 30c Abs 1 bis 3 FLAG angeknüpft.
§ 30c Abs 4 FLAG, der bis zum Schuljahr 1994/95 Geltung hatte, gewährte Heimfahrtbeihilfe für die Wegstrecke zwischen dem Hauptwohnort und der Zweitunterkunft. Bei dieser Wegstrecke handelt es sich nicht um den Schulweg iSd § 30a Abs 1 FLAG. Mit dem Wegfall des § 30c Abs 4 FLAG sind somit Ansprüche auf Schulfahrtbeihilfe (Heimfahrtbeihilfe) aus dem Titel der Zurücklegung einer Wegstrecke zwischen dem Hauptwohnort und der Zweitunterkunft weggefallen. Daß die Bestimmungen des § 30c Abs 1 bis 3 FLAG für die Wegstrecke zwischen dem Hauptwohnort und der Zweitunterkunft nicht anwendbar sein können, ergibt sich auch aus den Abs 1 und 2 leg cit, nach denen die Schulfahrtbeihilfe nach der Anzahl der Schultage in der Woche unterschiedlich hoch ist. Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, daß der Schulweg idR mehrmals in der Woche zurückgelegt wird. Die Wegstrecke zwischen dem Hauptwohnort und einer weiteren Wohnung als Zweitunterkunft wird jedoch zumeist an Wochenenden zurückgelegt. Daraus ergibt sich, daß der Wegfall des § 30c Abs 4 FLAG ab dem Schuljahr 1995/96 nicht durch die Gewährung der Schulfahrtbeihilfe nach § 30c Abs 1 bis 3 FLAG kompensiert werden kann.
Als Schulweg iSd Gesetzes kann somit nicht jene Wegstrecke angesehen werden, die der Schüler - zumeist an Wochenenden - zwischen dem Hauptwohnort und einer weiteren Wohnung als Zweitunterkunft zurücklegt. Unter Wohnung im Inland iSd § 30a Abs 1 FLAG ist im gegebenen Zusammenhang somit jene Wohnung zu verstehen, von der aus der Schüler regelmäßig seinen Weg zur Schule antritt. In diesem Sinn kann die Wohnung des Schülers auch ein Heim oder Internat sein, von dem aus er die Schule besucht. Keineswegs muß die Wohnung des Schülers im eben dargestellten Sinn mit seinem Hauptwohnort ident sein.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß nach § 34 Abs 8 EStG 1998 Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes mittels eines Pauschbetrages als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.