VwGH vom 25.02.2003, 97/14/0144
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der P GmbH in L, vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in 4020 Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , RV/139/01-08/AE/97, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, die ua den Stahlhochbau betreibende Beschwerdeführerin habe ihrem als Betriebsleiter tätigen Prokuristen Ing. Josef D im Jahr 1995 für einen Verbesserungsvorschlag eine Prämie von 250.000 S gewährt, die zur Gänze nach § 67 Abs 7 EStG 1988 begünstigt versteuert worden sei. Ing. Josef D habe eine neue Technik zur wirtschaftlichen Anfertigung räumlicher Fachwerksträger (statisches Trageelement) entwickelt, womit die Beschwerdeführerin Umsätze von mehr als 200 Mio S erzielt habe. Ing. Josef D sei dem alleinigen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin unmittelbar nachgeordnet. Im Stahlbau seien als technischer Leiter Walter S und als Konstrukteur Dipl.-Ing. Franz H beschäftigt. Der Prüfer vertrat die Ansicht, der von Ing. Josef D gemachte Verbesserungsvorschlag stelle keine über sein Aufgabengebiet hinaus gehende Sonderleistung dar. Denn es gehöre zum Aufgaben- und Pflichtenkreis eines Betriebsleiters, Ideen zur Verbesserung eines vorhandenen Zustandes zu entwickeln bzw zu verwirklichen.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und forderte für die im Jahr 1995 ausbezahlte Prämie bescheidmäßig Lohnsteuer von 110.000 S nach, wobei es zur Begründung auf den vom Prüfer erstatteten Bericht verwies.
Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, Ing. Josef D sei als Prokurist ausschließlich für die Auftragserzielung, Überwachung der Baufortschritte, finanzielle Abwicklung der Projekte, Überprüfung der Zahlungseingänge und rechtliche Ausgestaltung der Aufträge zuständig. Baupläne und Angebote würden durch andere bei ihr tätige Techniker erstellt. Es sei somit nicht Sache des Ing. Josef D, technische Angelegenheiten zu regeln. Wie bereits der Prüfer zu Recht festgestellt habe, seien im Stahlbau als technischer Leiter Walter S und als Konstrukteur Dipl.-Ing. Franz H beschäftigt. Der von Ing. Josef D gemachte Verbesserungsvorschlag stelle daher eine nicht in sein Aufgabengebiet fallende Sonderleistung dar. Ing. Josef D habe überdies keine Ideen zur steuerlich nicht begünstigungsfähigen Verbesserung eines vorhandenen Zustandes, sondern vielmehr ein noch nicht angewandtes, speziell auf die Gegebenheiten eines ausgeschriebenen Großauftrages zugeschnittenes Fertigungsverfahren entwickelt, wodurch wegen der rationelleren Fertigung von räumlichen Fachwerksträgern Konkurrenten unterboten und somit Umsätze von mehr als 200 Mio S erzielt worden seien. Wie sich aus der mit Ing. Josef D am abgeschlossenen und mit Schreiben vom erläuterten Betriebsvereinbarung ergebe, sei Ing. Josef D für seinen Verbesserungsvorschlag, dessen technische und wirtschaftliche Auswirkungen festgehalten worden seien, neben dem persönlichen Dank ihres Geschäftsführers eine einmalige, unverbindliche und freiwillige Prämie von 250.000 S gewährt worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung ausführte, für die Anwendung des § 67 Abs 7 EStG 1988 müsse mit dem Verbesserungsvorschlag eine Sonderleistung erbracht werden, die über die normalen Dienstpflichten eines Arbeitnehmers hinaus ginge. Der von Ing. Josef D gemachte Verbesserungsvorschlag beschränke sich im Wesentlichen auf die rationellere Fertigung von räumlichen Fachwerksträgern, wodurch eine nicht unbeachtliche Kostensenkung gegenüber den Konkurrenten erreicht worden sei, was zum Zuschlag eines ausgeschriebenen Großauftrages geführt habe. Bestrebungen eines Betriebsleiters, Fertigungskosten zu minimieren, um so konkurrenzfähig zu bleiben, stellten keine Sonderleistungen, sondern mit der Stellung eines leitenden Angestellten verbundene Selbstverständlichkeiten dar. Mit der von Ing. Josef D entwickelten neuen Technik sei das betriebliche Leistungsverhältnis verbessert worden. Da die so erwirkte Verbesserung jedoch in den normalen Tätigkeitsbereich des als Betriebsleiter tätigen Prokuristen Ing. Josef D falle, sei die Prämie von 250.000 S nicht nach § 67 Abs 7 EStG 1988 begünstigt zu versteuern. Darüber hinaus stelle die zwischen der Beschwerdeführerin und Ing. Josef D am abgeschlossene Betriebsvereinbarung keine innerbetriebliche Vereinbarung dar, die sich auf alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern beziehe. Es fehle daher auch die formale Voraussetzung für die Anwendung des § 67 Abs 7 EStG 1988.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 67 Abs 7 EStG 1988 sind auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinn des § 68 Abs 5 Z 1 bis 7 leg cit gewährte Prämien für Verbesserungsvorschläge im Betrieb .... im Ausmaß eines Sechstels der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge mit dem Steuersatz des Abs 1 zu versteuern (zusätzliches Sechstel); Abs 2 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden.
Was unter Verbesserungsvorschlägen im Betrieb zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der hg Rechtsprechung müssen Verbesserungsvorschläge in diesem Sinn Sonderleistungen sein, die über die Dienstpflicht eines Arbeitnehmers hinausgehen und auch unter Berücksichtigung des Aufgabengebietes eines Arbeitnehmers keine Selbstverständlichkeiten darstellen. Der Inhalt einer Dienstpflicht richtet sich primär nach der jeweiligen Einzelvereinbarung. Im Übrigen sind die den Umständen und dem Ortsgebrauch angemessenen Dienste zu leisten. In der betrieblichen Praxis wird vielfach ein vorerst abstrakt und typisiert umschriebener Arbeitsbereich durch eine bestimmte Dienstzuteilung konkretisiert und arbeitsvertraglich verankert. Auch aus dem Typus des Arbeitsverhältnisses kann sich die inhaltliche Ausgestaltung ergeben, wobei die subsidiären Bestimmungsfaktoren wie Berufs- und Geschäftssitte eine Rolle spielen. Prämien für belohnungswürdige Verbesserungsvorschläge müssen über diesen so bestimmten Pflichtenkreis eines Arbeitnehmers hinausgehende "freiwillige" Leistungen sein. Nur in diesem Sinn müssen sie "außerhalb" des Aufgabengebietes eines Arbeitnehmers im Betrieb liegen, nicht aber in dem Sinn, dass sich Verbesserungsvorschläge eines Arbeitnehmers auf einen anderen als den eigenen Tätigkeitsbereich beziehen müssten. Der Rahmen der von einem Arbeitnehmer objektiv zu erwartenden Leistungen muss durch die Verbesserungsvorschläge überschritten werden. Ob Prämien nach § 67 Abs 7 EStG 1988 begünstigt zu versteuern sind, ist eine durch die Abgabenbehörde zu lösende Tatfrage. Ist dies zweifelhaft, ist es Sache des Abgabepflichtigen nachzuweisen, es lägen belohnungswürdige Verbesserungsvorschläge vor. Darüber hinaus enthält § 67 Abs 7 EStG 1988 die formale Voraussetzung, dass die Prämien auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinn des § 68 Abs 5 Z 1 bis 7 leg cit gewährt werden müssen. Diese lohngestaltende Vorschrift muss selbst die Höhe der Prämie zumindest bestimmbar festlegen. Der so dargestellten Rechtslage ist allerdings noch vorauszuschicken, dass es demjenigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, obliegt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl für die gesamten Ausführungen das hg Erkenntnis vom , 99/15/0198, mwA).
Es kann dahingestellt bleiben, ob Ing. Josef D mit dem Verbesserungsvorschlag eine Sonderleistung erbracht hat, die über seine Dienstpflicht als Betriebsleiter und Prokurist hinaus gegangen ist, oder ob die so.
erwirkte Verbesserung in seinen normalen Tätigkeitsbereich gefallen ist. Denn unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 67 Abs 7 EStG 1988 ist, dass die Prämien auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinn des § 68 Abs 5 Z 1 bis 7 leg cit gewährt worden sind. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte, zwischen ihr und Ing. Josef D am abgeschlossene Betriebsvereinbarung stellt keine derartige lohngestaltende Vorschrift dar. Bei einer innerbetrieblichen Vereinbarung im Sinn des § 68 Abs 5 Z 7 EStG 1988 muss es sich um eine solche handeln, die sich auf alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern bezieht. Die am abgeschlossene Betriebsvereinbarung bezieht sich jedoch ausschließlich auf Ing. Josef D. Von allen oder einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern kann bei einer einzigen Person keine Rede sein. Die belangte Behörde ist daher nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie die Ing. Josef D gewährte Prämie schon mangels Vorliegens der Voraussetzung nicht nach § 67 Abs 7 EStG 1988 begünstigt versteuert hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 68 Abs 5 Z 5 und 6 EStG 1988 wurde nicht behauptet.
Daran vermag das Beschwerdevorbringen, es sei bereits im Jahr 1984 eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Prämien für Verbesserungsvorschläge mit sämtlichen Arbeitnehmern abgeschlossen worden, nichts zu ändern. Zum Beweis der Richtigkeit dieses Vorbringens hat die Beschwerdeführerin eine Ablichtung einer "Zusatzvereinbarung zu der bereits bestehenden Vereinbarung für 1984" vom vorgelegt, in der die Gründe und die Höhe für die Gewährung von Prämien für Verbesserungsvorschläge festgelegt sind. In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es unterlassen zu ermitteln, ob nicht doch eine Betriebsvereinbarung im Sinn des § 68 Abs 5 Z 1 bis 7 EStG 1988 abgeschlossen worden sei, was Voraussetzung für die Anwendung des § 67 Abs 7 EStG 1988 sei. Der unter Vorlage eines Beweismittels behauptete Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Prämien für Verbesserungsvorschläge mit sämtlichen Arbeitnehmern stellt eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar. Da die Beschwerdeführerin bei der Versteuerung der Ing. Josef D gewährten Prämie eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen wollte, wäre es ihre Sache gewesen, alles vorzubringen, was für die Begünstigung spricht, während die amtswegige Ermittlungspflicht in den Hintergrund tritt. Im Zug der Lohnsteuerprüfung legte die Beschwerdeführerin den zwischen ihr und Ing. Josef D am abgeschlossenen, als "Betriebsvereinbarung" bezeichneten Vertrag vor, den sie noch während der Lohnsteuerprüfung mit Schreiben vom erläuterte. Dieser Vertrag enthält jedoch keinerlei Hinweis auf die mit der Beschwerde erstmals vorgelegte "Zusatzvereinbarung zu der bereits bestehenden Vereinbarung für 1984" vom . Auch im Berufungsverfahren wies die Beschwerdeführerin nur auf den im Zug der Lohnsteuerprüfung vorgelegten und sodann erläuterten Vertrag hin. Bei dieser Sachlage geht der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe ihre amtswegige Ermittlungspflicht verletzt, ins Leere. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin ihre Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, verletzt. Es geht nicht an, im Administrativverfahren unterlassenes Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nachzuholen, um so der belangten Behörde vorwerfen zu können, sie habe ihre amtswegige Ermittlungspflicht verletzt.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am