VwGH vom 28.10.1998, 97/14/0142
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der A GmbH in K, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Lidmanskygasse 9/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom , Zl. RV 41/1-8/93, betreffend Umsatzsteuer 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin reichte für 1984 und die Folgejahre keine Abgabenerklärungen bzw. nur "Leermeldungen" ein. Deshalb und weil die Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum nachweislich kaum eine Tätigkeit entfaltet habe, nahm das Finanzamt von einer Veranlagung zur Umsatzsteuer Abstand und setzte den Gewinn bzw. die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Schätzungsweg jeweils mit Null fest.
Im Jahr 1986 wurde über das Vermögen der Beschwerdeführerin der Konkurs eröffnet. Nach Abschluß des Konkursverfahrens im Jahr 1988 wurden sämtliche Geschäftsanteile an eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz veräußert und am auch die Liegenschaft mit dem Appartementhaus B. verkauft.
Am langte beim Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung für 1984 ein. In dieser wies die Beschwerdeführerin Umsätze von knapp über S 50.000,-- aus und beanspruchte unter Hinweis auf eine Rechnung vom und eine Kaufvereinbarung vom selben Tag Vorsteuern von insgesamt S 135.000,--.
Nach Aufforderung durch das Finanzamt, u.a. den belegmäßigen Nachweis für die begehrten Vorsteuern vorzulegen, erklärte die Beschwerdeführerin, hinsichtlich der angesprochenen Kaufvereinbarung liege keine gesonderte Rechnung vor, und legte einen Kassabeleg mit dem Hinweis vor, daß die Umsatzsteuer auf diesem Kassabeleg separat ausgewiesen sei und dies dem UStG 1972 entspreche.
Das Finanzamt übernahm im Umsatzsteuer-Bescheid für 1984 die von der Beschwerdeführerin erklärten Umsätze, verweigerte jedoch den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge mit der Begründung, daß die veräußerten Gegenstände aus dem Privatvermögen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin stammten und demnach nicht von einem Unternehmer veräußert worden seien. Im übrigen habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin den Verkauf der Gegenstände gegenüber der Abgabenbehörde nicht erklärt.
In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, das Appartementhaus sei vor der Veräußerung an die Beschwerdeführerin vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin betrieben worden. Die Veräußerung der Inventargegenstände dieses Appartementhauses sei daher nicht aus dem Privatvermögen des Geschäftsführers erfolgt. Mit Mietvertrag vom sei das Appartement 1 an Frau L.S. vermietet worden. Diese habe ihr eigenes Inventar eingebracht, sodaß die dafür vorgesehenen Gegenstände an einem anderen Ort hätten deponiert werden müssen. Auch in diesem Falle könne nicht von Privatvermögen gesprochen werden. Ob der Veräußerungsvorgang auch in der Umsatzsteuererklärung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin seinen Niederschlag gefunden habe, sei für die Frage des Vorsteuerabzuges unerheblich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Rechnung vom (über S 550.000,-- zuzüglich 20 % USt S 110.000,--) nehme Bezug auf den Kaufvertrag vom und betreffe das Inventar der Appartements 2 bis 6. Der Kaufvertrag vom sei zwischen der Beschwerdeführerin (als Käuferin) und ihrem Geschäftsführer (als Verkäufer) abgeschlossen worden. Gegenstand des Kaufvertrages sei die Liegenschaft samt Bauwerk und dem darin befindlichen Inventar gewesen. Der Kaufpreis sei mit S 1,5 Millionen vereinbart worden.
Nach einer von der Beschwerdeführerin vorgelegten "Zusatzvereinbarung" vom sei im Kaufpreis von S 1,5 Millionen das Inventar nicht enthalten, weshalb der Verkäufer eine gesonderte Rechnung mit abzugsfähiger Vorsteuer erstellen werde.
Die Kaufvereinbarung vom sei zwischen dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (als Verkäufer) und der Beschwerdeführerin (als Käuferin) geschlossen worden und betreffe verschiedene Einrichtungsgegenstände, deren Eigentum der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im Erbweg erworben habe. Der Gesamtkaufpreis sei mit S 150.000,-- angegeben worden. Die Käuferin kaufe diese Einrichtungsgegenstände zur Einrichtung jener Wohnung, in der sich derzeit die Möbel von L.S. befänden. Die Einrichtungsgegenstände sollten daher auf Abruf beim Geschäftsführer der Beschwerdeführerin verbleiben. Zu dieser Kaufvereinbarung gebe es einen mit datierten Kassaausgangsbeleg über S 150.000,-- (aufgegliedert in S 125.000,-- zuzüglich 20 % USt S 25.000,--).
Nach dem Inhalt eines - als schriftliche Aufzeichnung über einen mündlich abgeschlossenen, nicht unterschriebenen Mietvertrag bezeichneten - Schriftstückes sei die ostseitige Wohnung im Parterre des Appartementhauses an L.S. vermietet worden. Die neugestaltete Wohnungseinrichtung sei Eigentum der Mieterin. Als Mietdauer seien 50 Jahre (unkündbar) vereinbart worden.
Zur Rechnung vom , die sich als "Nachtrag zum Kaufvertrag vom " verstehe, sei zu bemerken, daß es im Wirtschafts- und Geschäftsleben unüblich sei, Verträge nach Ablauf von Monaten abzuändern. Für eine solche Vorgangsweise müßten triftige und wirtschaftlich erklärbare Gründe erkennbar sein. Im vorliegenden Fall sei die Beschwerdeführerin eine diesbezügliche Erklärung schuldig geblieben, warum sie sich trotz der insoweit klaren Vereinbarung vom zu einer weiteren Zahlung im Ausmaß von S 660.000,-- hätte verpflichten sollen. Es liege der Verdacht nahe, daß sich die Beschwerdeführerin dadurch einen unberechtigten Vorsteuerabzug habe verschaffen wollen.
Im übrigen solle nicht übersehen werden, daß die Beschwerdeführerin jeden Beweis dafür schuldig geblieben sei, daß sie die in Rede stehenden Inventargegenstände von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens bezogen habe. Die Rechnung sei vom "Finanz- und Vermögensberatungsbüro" ihres eigenen Geschäftsführers ausgestellt worden.
Die Kaufvereinbarung vom stelle keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung im Sinne des UStG 1972 dar. Dies gelte auch für den Kassaausgangsbeleg. Es sei daher auch hier davon auszugehen, daß sich die Beschwerdeführerin einen unberechtigten Vorsteuerabzug verschaffen wolle. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Inventargegenstände seien für das Appartementhaus vorgesehen gewesen, weshalb nicht von Privatvermögen gesprochen werden könne, sei zu erwidern, daß sich aus der Absicht oder bloßen Möglichkeit einer späteren betrieblichen Verwendung von Wirtschaftsgütern noch nicht ableiten lasse, daß sie von einem (zum Mehrwertsteuerausweis berechtigten) Unternehmer erworben worden seien. Außerdem seien diese Einrichtungsgegenstände laut Punkt 1 des Kaufvertrages vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im Erbweg erworben worden.
Nach der Sachlage sei davon auszugehen, daß dem Berufungsvorbringen keine lauteren Motive zugrunde lägen. Dies werde auch dadurch unterstrichen, daß die Kaufvereinbarung vom deshalb geschlossen worden sein solle, um die Wohnung auszustatten, in der derzeit Möbel von L.S. stünden, obwohl nach einem etwa zwei Wochen vorher geschlossenen Mietvertrag die Wohnung von der genannten Mieterin bereits neu eingerichtet worden sein solle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 12 Abs. 1 Z. 1 des (im Beschwerdefall anzuwendenden) UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, daß der andere Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung erbringt. Fehlt diese Voraussetzung, so kann eine Vorsteuer auch dann nicht abgezogen werden, wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis vorliegt und der Aussteller die Steuer nach § 11 Abs. 14 leg. cit. schuldet.
Die Auffassung der belangten Behörde, der Ausstellung der mit datierten Rechnung liege keine Leistung, sondern die Absicht zum unberechtigtem Vorsteuerabzug zugrunde, kann nicht als unschlüssig erkannt werden. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, daß Gegenstand des am geschlossenen Kaufvertrages die näher bezeichnete Liegenschaft samt Bauwerk (Appartementhaus) und dem darin befindlichen Inventar gewesen sei, sodaß für die "im Nachhang zu dem am abgeschlossenen Kaufvertrag" erstellte Rechnung mit Datum keine Grundlage bestand. Diese Rechnung bezieht sich im übrigen nicht auf die angeblich am geschlossene Zusatzvereinbarung, wonach in dem Kaufpreis das Inventar nicht enthalten sei. Der Umstand allein, daß der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (als Verkäufer) die mit datierte Rechnung in seiner Umsatzsteuer-Erklärung nicht berücksichtigt hat, würde zwar, worauf die Beschwerdeführerin besonders hinweist, die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht ausschließen, kann aber - insbesondere im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin für das Verhalten ihres Geschäftsführers keine plausible Begründung gibt - bei Beurteilung der Frage, ob eine Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wurde, im Rahmen der Beweiswürdigung ebenso berücksichtigt werden wie die Tatsache, daß die Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich der mit datierten Rechnung erstmals im Jahr 1989 geltend gemacht wurde.
Gleiche Überlegungen gelten für den von der Beschwerdeführerin angestrebten Vorsteuerabzug betreffend die mit datierte Kaufvereinbarung im Zusammenhalt mit dem Kassaausgangsbeleg. Die belangte Behörde hat zudem mit Recht darauf hingewiesen, daß die mit datierte Kaufvereinbarung mit dem Inhalt des Mietvertrages vom - danach hat L.S. das Appartement mit eigenen neuen Möbeln ausgestattet und für 50 Jahre gemietet - nicht in Einklang zu bringen sei. Abgesehen davon, daß auch in diesem Falle die Ausführung einer Lieferung oder sonstigen Leistung nicht festgestellt werden konnte, würde der Vorsteuerabzug - folgte man der Darstellung der Beschwerdeführerin - auch daran scheitern, daß die Lieferung nicht von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt worden wäre. Voraussetzung für die Vorsteuerabzugsberechtigung ist nämlich nicht nur, daß der Rechnungsaussteller Unternehmer ist, sondern auch, daß die Lieferung oder sonstige Leistung im Rahmen des Unternehmens ausgeführt wird. Für Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seiner außerunternehmerischen Sphäre ausführt, besteht keine Vorsteuerabzugsberechtigung (vgl. dazu Ruppe, UStG 1994, § 12 Tz 29; Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer UStG 1994 III § 12 Tz 98). Die Beschwerdeführerin behauptet zwar, daß ihr Geschäftsführer verschiedene Unternehmen (ein Hotel in P., ein Gasthaus in K., ein Appartementhaus in B. und ein Vermögensberatungsbüro) betrieben habe, doch ist nicht erkennbar, inwiefern die Veräußerung von im Erbweg erworbenen Einrichtungsgegenständen im Rahmen eines dieser Unternehmen erfolgt sein sollte.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis kann dahinstehen, ob die mit datierte Kaufvereinbarung und der Kassaausgangsbeleg überhaupt eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1972 darstellen konnten.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am