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VwGH vom 25.02.1998, 97/14/0141

VwGH vom 25.02.1998, 97/14/0141

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Johann Angermann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 25/27, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/092-15/13/97, (berichtigt mit Bescheid vom ), betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war eine der beiden Gesellschafterinnen einer ein Fitneßstudio betreibenden Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Zum schied sie aus dieser Gesellschaft aus. Ihr Gesellschaftsanteil ging auf K, eine neu eintretende Gesellschafterin, über.

Das Finanzamt erließ einen Bescheid betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO für das Jahr 1993 und stellte dabei der eingereichten Erklärung folgend ua fest, daß der Gewinnanteil der Beschwerdeführerin 557.965 S betrage.

Die Beschwerdeführerin berief. Das Finanzamt habe erklärungsgemäß festgestellt, daß sie einen Veräußerungsgewinn (im wesentlichen in Höhe ihres negativen Kapitalkontos von 581.051 S) erzielt habe. Im gegenständlichen Fall hätten aber die auf ihren Gesellschaftsanteil entfallenden stillen Reserven samt dem Firmenwert den Stand des negativen Kapitalkontos überstiegen. Es liege daher keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles, sondern eine unentgeltliche Übertragung an K vor. Für die Beschwerdeführerin möge aus diesem Grund kein Gewinnanteil, sondern ein Verlust von 10.429 S festgestellt werden.

Das Finanzamt forderte in der Folge die Beschwerdeführerin auf, jenen Übergabs- bzw. Eintrittsvertrag vorzulegen, aufgrund dessen sie aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Daraufhin teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt lediglich mit, daß es über ihr Ausscheiden keinen schriftlichen Vertrag, sondern nur mündliche Vereinbarungen gebe. Den Inhalt dieser Vereinbarungen stellte sie dabei nicht dar.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, die neu eintretende Gesellschafterin habe das negative Kapitalkonto der Beschwerdeführerin übernommen. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargetan, aus welchen Gründen der Verzicht auf die Verpflichtung zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos privat veranlaßt gewesen sein sollte, sondern lediglich vorgebracht, daß die stillen Reserven das negative Kapitalkonto übersteigen würden. Es sei daher von einer Gewinnrealisierung (nicht von einer Buchwertfortführung) auszugehen.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verwies die Beschwerdeführerin erneut darauf, daß eine unentgeltliche Übergabe des Mitunternehmeranteiles vorliege.

Auf Anfrage teilten K und die weitere Gesellschafterin mit Schreiben vom der belangten Behörde mit, es existiere ein "Bestätigungsschreiben" vom über den Eintritt von K. Aus diesem Schreiben ergebe sich, daß die neu eintretende Gesellschafterin durch eine Einzahlung von 800.000 S (in die Gesellschaft) den Kreditanteil der Beschwerdeführerin abdecke und damit die Beschwerdeführerin schuldenfrei aus der Gesellschaft ausscheiden und ihren Anteil an K übertragen könne. Der tatsächliche Anteilserwerb sei mündlich abgesprochen worden und gehe mit dem erwähnten Schreiben konform. Aufgrund des Jahresabschlusses zum sei festgestanden, daß den Aktiva der Gesellschaft von ca. 1 Mio. S Verbindlichkeiten von ca. 2,3 Mio. S gegenüberstünden, die Gesellschaft also erheblich überschuldet sei. Dieser Umstand und die ständigen Verluste der vorangegangenen Jahre seien die Gründe für den Gesellschafterwechsel gewesen. Die neue Gesellschafterin sei bereit gewesen, den Gesellschaftsanteil der Beschwerdeführerin um 800.000 S zu übernehmen. Die Einlage von 800.000 S sei nicht den beiden damaligen Gesellschaftern gleichmäßig zugekommen, sondern lediglich der Beschwerdeführerin. Mit der Einlage seien die Schulden der Beschwerdeführerin abgedeckt worden. Diese habe sodann ohne weitere Haftungen aus der Gesellschaft ausscheiden können.

Nachdem diese Anfragebeantwortung der Beschwerdeführerin vorgehalten worden war, teilte sie mit, die Zahlung (von 800.000 S) sei nicht an sie, sondern an die Gesellschaft geleistet worden. Den Verkehrswert des von ihr abgetretenen Gesellschaftsanteiles ermittle sie wie folgt:

"Ertragswert = Jahresumsatz 1992 S 1.605.000,--

davon 50 % S 802.000,--

Negativbilanz laut Bilanz S 581.051,65

stille Reserven daher S 221.448,35"

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer anzusehen sei, sei gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag des negativen Kapitalkontos zu erfassen, das er nicht auffüllen müsse. Im Falle der unentgeltlichen Übertragung des Gesellschaftsanteiles komme es hingegen zu keinem Veräußerungsgewinn, sondern zur Buchwertfortführung beim Rechtsnachfolger. Voraussetzung eines unentgeltlichen Rechtsgeschäftes sei einerseits die tatsächliche Bereicherung des Erwerbers und andererseits das Einverständnis der Vertragsparteien über den Charakter der Unentgeltlichkeit. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, der Mitunternehmeranteil sei zum Übergabestichtag 800.000 S wert gewesen, stehe dem entgegen, daß die anderen Gesellschafter von einer Überschuldung der Gesellschaft ausgegangen seien. Die Bewertung der Beschwerdeführerin sei nicht plausibel, zumal sie den Verkehrswert mit dem Vorjahresumsatz der Gesellschaft schätze. Nach Ansicht der belangten Behörde sei es daher unzutreffend, daß die Übergabe des Mitunternehmeranteiles an K bei dieser zu einer Bereicherung geführt habe. Angesichts der im Verfahren sichtbar gewordenen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien hinsichtlich der Betriebsbewertung sei auch nicht davon auszugehen, daß es einen Konsens über die Unentgeltlichkeit der Übertragung gegeben habe. Auch die Beschwerdeführerin habe es unterlassen, ihre Auffassung betreffend den Schenkungscharakter dadurch zu dokumentieren, daß sie eine Anzeige beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern veranlaßt hätte. Es könne daher ausgeschlossen werden, daß die Vertragsparteien in dem Bewußtsein, bei der Anteilsübertragung handle es sich um eine Schenkung, tätig geworden seien. Da es für die Unentgeltlichkeit eines Rechtsgeschäftes nicht ausreiche, daß die Leistung einer Seite objektiv wertvoller sei als die der anderen Seite, sondern es erforderlich sei, daß sich die Vertragsparteien der Unentgeltlichkeit bewußt gewesen seien und diese gewollt hätten, nehme die belangte Behörde an, daß die Anteilsübertragung ein entgeltliches Rechtsgeschäft gewesen sei. Daher habe bei der Beschwerdeführerin als austretender Gesellschafterin die Erfassung eines Veräußerungsgewinnes zu erfolgen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom mitgeteilt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Bescheid vom gemäß § 293 BAO berichtigt habe, und hiezu die Rechtsauffassung vertreten, daß dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch die Erlassung des Berichtigungsbescheides "die Rechtsgrundlage entzogen" sei. Dieses Schreiben ist nicht als Erklärung der Zurückziehung der Beschwerde, sondern als Mitteilung und als Bekanntgabe einer Rechtsauffassung abgefaßt. Dieser Rechtsauffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß ein berichtigender Bescheid nicht von der Stelle des zu berichtigenden Bescheides tritt, sondern diesen lediglich ergänzt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 293 Tz 19). Dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist sohin durch die Erlassung des Berichtigungsbescheides nicht "die Rechtsgrundlage entzogen" worden. Es liegt somit kein Einstellungsgrund im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG vor.

Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muß.

In den Fällen einer unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteiles sind allerdings die Buchwerte fortzuführen, ohne daß es beim übertragenden Gesellschafter zu einer Besteuerung kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0061; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Tz 95.2).

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, ihr Gesellschaftsanteil sei unentgeltlich auf die Rechtsnachfolgerin übergegangen, es liege ein unentgeltlicher Erwerb vor. Die belangte Behörde hätte durch ein Gutachten ermitteln müssen, daß der Firmenwert das negative Kapital übersteige, woraus sich ergeben hätte, daß ein unentgeltlicher Erwerb stattgefunden habe. Zudem habe die Rechtsnachfolgerin das Kapitalkonto der Beschwerdeführerin weitergeführt und in der Ergänzungsbilanz einen Firmenwert angesetzt.

Strittig ist sohin, ob die Abtretung des Mitunternehmeranteiles, im Rahmen derer die Beschwerdeführerin bestehender Verpflichtungen entbunden wurde, ein entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Vorgang gewesen ist.

Eine unentgeltliche Übertragung ist bei einer (reinen) Schenkung oder einer gemischten Schenkung anzunehmen. Bei einer gemischten Schenkung ist entscheidend, daß die Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 90/14/0102, zum Ausdruck gebracht hat, ist es erforderlich, daß sich die Vertragsparteien des Charakters der Leistung als (teilweise) unentgeltlich bewußt gewesen sind, beide die (teilweise) Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben. Grundsätzlich gilt sohin das Prinzip der subjektiven Äquivalenz.

Die belangte Behörde ist bei dem von ihr festgestellten Sachverhalt davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin und K als ihre Rechtsnachfolgerin sich einer allfälligen teilweisen Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes nicht bewußt gewesen seien und eine solche nicht gewollt hätten. Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Feststellung für unbedenklich, weil sich im Verwaltungsverfahren und auch im Beschwerdevorbringen nicht der geringste Anhaltspunkt dafür findet, daß eine Vertragspartei der anderen etwas hätte schenken wollen. Mangels gegenteiliger Ermittlungsergebnisse und gegenteiligen Parteivorbringens durfte die belangte Behörde im Hinblick auf das erwähnte Prinzip subjektiver Äquivalenz davon ausgehen, daß keine unentgeltliche Übertragung vorliegt.

Zudem würde eine Schenkung, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, auch voraussetzen, daß der Rechtsnachfolger durch die Übertragung des Gesellschaftsanteiles tatsächlich bereichert wäre. Es hätte also der reale Wert des Gesellschaftsanteiles positiv sein müssen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 87/13/0061 und nochmals 90/14/0102). Trotz des entsprechenden Vorhaltes der belangten Behörde durch die Übermittlung des Schreibens vom hat die Beschwerdeführerin keine nachprüfbaren Hinweise darauf vorgebracht, daß bei der gegebenen buchmäßigen Überschuldung im Hinblick auf stille Reserven und einen Firmenwert keine reale Überschuldung vorgelegen wäre. Zu Recht hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang festgestellt, daß das Vorbringen, der Ertragswert solle dem Jahresumsatz des Vorjahres entsprechen, zur Ermittlung des tatsächlichen Wertes nicht dienlich ist. Mangels konkreter Umstände, die auf das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes hätten schließen lassen, war die belangte Behörde auch nicht gehalten, ein Gutachten über die Unternehmensbewertung einzuholen. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde auch die tatsächliche Bereicherung der Rechtsnachfolgerin der Beschwerdeführerin verneint hat.

Soweit die Beschwerde auf - Zeiträume nach der Übertragung des Mitunternehmeranteiles betreffende - Buchungvorgänge der Gesellschaft bzw. von K verweist, ist ihr entgegenzuhalten, daß derartige Buchungsvorgänge keinen sicheren Schluß auf die Unentgeltlichkeit der Übertragung im oben dargelegten Sinn zulassen.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.