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VwGH vom 20.09.1995, 92/13/0182

VwGH vom 20.09.1995, 92/13/0182

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. M in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl GA 5-247/3/92, betreffend Anträge auf Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener und abgeführter Lohnsteuer für die Jahre 1989 und 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Bundesbeamter, bekleidete seit die Funktion eines Leiters einer Dienststelle. Mit Bescheid vom wurde ihm eine Verwendungszulage gemäß § 30a Abs 1 Z 3 Gehaltsgesetz zuerkannt. Diese wurde für die Dauer seiner Funktion und der dabei geleisteten Überstunden im durchschnittlichen Ausmaß von etwa 34 Stunden monatlich ab mit 2 1/2 Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VIII eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung bemessen, wobei ausgesprochen wurde, daß hievon

1 1/2 Vorrückungsbeträge als Überstundenvergütung gelten, von welcher 33,3 % den Überstundenzuschlag darstellen. Der Dienstgeber behandelte in den Jahren 1989 und 1990 hievon Zuschläge für die ersten fünf Überstunden im Monat im Ausmaß von 50 % des Grundlohnes gemäß § 68 Abs 2 EStG 1988 steuerfrei, unterzog die Zulage darüber hinaus aber der Lohnsteuer.

Der Beschwerdeführer stellte zunächst für 1989 und in weiterer Folge für 1990 einen Antrag auf Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer, wobei er vorbrachte, daß er auch zahlreiche Überstunden leiste, bei denen es sich zum größten Teil um - in der Folge detailliert aufgegliederte - Sonn- und Feiertagsüberstunden oder um Nachtarbeit im Sinne des § 68 Abs 6 EStG 1988 handle, weshalb auch die Steuerbegünstigung im Sinne des § 68 Abs 1 EStG 1988 zum Tragen käme.

Da das Finanzamt über seine Anträge nicht jeweils innerhalb von sechs Monaten entschied, verlangte der Beschwerdeführer gemäß § 311 Abs 2 BAO den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seine Anträge auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde jeweils nach Erhebung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung der Entscheidungspflicht die Anträge des Beschwerdeführers ab. Ausgehend davon, daß in der dem Beschwerdeführer ausbezahlten Zulage ein Zuschlagsanteil von 33,3 % ausgewiesen ist, ging die belangte Behörde davon aus, daß es sich hiebei um einen Überstundenzuschlag von 50 % des Grundlohnes und somit ausschließlich um einen Zuschlag für Überstunden an Tagesarbeitszeiten an Werktagen handle. Da der Arbeitgeber dem Beschwerdeführer daher keine Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ausbezahle, bleibe für eine steuerliche Behandlung der ausbezahlten Zuschläge nach § 68 Abs 1 EStG 1988 kein Raum, weshalb die durch den Arbeitgeber vorgenommene Besteuerung der strittigen Zuschlagsanteile nach § 68 Abs 3 EStG 1988 zu Recht erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Rückzahlung von auf Überstundenzuschläge geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entfallende und daher zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer verletzt und beantragt Bescheidaufhebung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, allenfalls Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Vorwurf der Unzuständigkeit der belangten Behörde

erhebt der Beschwerdeführer zu Unrecht:

Mit hg Verfügung vom , bei der belangten Behörde jeweils eingelangt am , trug der Verwaltungsgerichtshof dieser gemäß § 36 Abs 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten die versäumten Bescheide zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde den versäumten Bescheid dem Beschwerdeführer am zu. Die Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides war daher gewahrt. Mit den hg Beschlüssen vom jeweils , 92/13/0079 und 92/13/0090, stellte der Gerichtshof die Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 36 Abs 2 VwGG ein.

Aber auch in der Sache selbst zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:

Gemäß § 68 Abs 1 EStG 1988 sind ua Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis S 4.940,-- monatlich (S 1.140,-- wöchentlich, S 190,-- täglich) steuerfrei.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß aus den ihm im Rahmen der gewährten Verwendungszulage als Überstundenvergütung bezeichneten Zahlungen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenvergütungen entsprechend der zeitlichen Lagerung der tatsächlich geleisteten Überstunden herausgeschält werden hätten müssen und insoweit die Steuerbefreiung des § 68 Abs 1 EStG 1988 anzuerkennen gewesen wäre.

Der behördlichen Annahme, daß es sich (wegen des Überstundenzuschlages in Höhe von lediglich 50 % des Grundlohnes) bei den gezahlten Zuschlägen ausschließlich um solche für Tagesarbeitszeiten an Werktagen handle, hält der Beschwerdeführer insbesondere entgegen, daß übersehen werde, daß bei Bundesbeamten der Zuschlag für Überstunden zwischen 19,00 und 22,00 Uhr (und zwischen 6,00 und 7,00 Uhr) auch nur 50 % des Grundlohnes betrage, die Zeit zwischen 19,00 und 22,00 Uhr aber dennoch bereits Nachtarbeit im Sinne des § 68 Abs 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 68 Abs 6 EStG 1988 (19,00 bis 7,00 Uhr) sein könne.

Nun ist zwar richtig, daß das Gehaltsgesetz unter Nachtzeit die Zeit zwischen 22,00 und 6,00 Uhr versteht (§ 16 Abs 2 GG, für welche der Überstundenzuschlag gemäß Abs 3 100 % der Grundvergütung beträgt), während § 68 EStG 1988 als Nachtarbeit zusammenhängende Arbeitszeiten von mindestens drei Stunden, die auf Grund betrieblicher Erfordernisse zwischen 19,00 und 7,00 Uhr erbracht werden müssen, normiert. Daraus ist für den Beschwerdeführer aber nichts gewonnen: Für den Geltungsbereich des EStG 1972 hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die notwendige Abgrenzung zwischen Normalarbeitszeit und Überstunden wiederholt ausgesprochen, daß die Steuerbegünstigung des § 68 Abs 1 nur in Betracht kommt, wenn die genaue Anzahl und zeitliche Lagerung aller im einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über das sonstige Arbeitsentgelt hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom , 851/78, oder vom , 81/14/0196).

Durch das EStG 1988 hat sich die Rechtslage insofern nicht wesentlich geändert, als auch im § 68 EStG 1988 eine genaue Abgrenzung zwischen Normalarbeitszeit und Überstunde geboten ist. Hinzu kommt allerdings die Notwendigkeit, auch zwischen "Normalüberstunde" (Überstunde zu Tagesarbeitszeiten an Werktagen) und sogenannten qualifizierten Überstunden (Überstunden an Sonn- und Feiertagen und in der Nachtzeit) zu unterscheiden, weil § 68 Abs 1 EStG 1988 neben den auf fünf Stunden eingeschränkten steuerbegünstigten "Normalüberstunden" (§ 68 Abs 2 EStG 1988) eine eigene Steuerbegünstigung normiert.

Im Zusammenhang mit Überstundenpauschalvergütungen hat der Gerichtshof zu § 68 EStG 1972 ausgesprochen, daß eine solche für den Bereich des Abgabenrechtes jedenfalls nur dann Anerkennung finden kann, wenn sie in wirtschaftlich fundierter Weise, aufbauend auf dem tatsächlichen Überstundenanfall, die durchschnittlich im Lohnzahlungszeitraum unter der Voraussetzung gleichbleibender Verhältnisse zu leistenden Überstunden abgilt (vgl das hg Erkenntnis vom , 87/14/0131). Im Geltungsbereich des EStG 1988 gilt dies mit der Maßgabe, daß sich die gleichbleibenden Verhältnisse überdies auf die zeitliche Lagerung von "Normalüberstunden" und "qualifizierten Überstunden" erstrecken müssen (vgl auch das hg Erkenntnis vom , 93/14/0220).

Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen einer Verwendungszulage gemäß § 30a Abs 1 Z 3 GG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung für eine bestimmte von ihm ausgeübte Funktion ein zusätzlich zum Arbeitsentgelt zu zahlender Betrag zuerkannt, von welchem Teile (1 1/2-facher Vorrückungsbetrag) als Überstundenvergütung "geltend" bezeichnet wurde. Für die Annahme, daß es sich dabei tatsächlich um eine konkrete Vergütung für hinsichtlich ihrer Anzahl und zeitlichen Lagerung bestimmte Überstunden in Art eines Überstundenpauschales handelt, bietet sich im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt. Die nach § 30a Abs 1 Z 3 GG gewährte Vergütung ist schon ihrer Art nach nicht dazu bestimmt, Überstunden abzugelten. Die Abgeltung von Überstunden regeln nämlich andere gehaltsrechtliche Bestimmungen. Voraussetzung für eine pauschalierte Überstundenvergütung ist gemäß § 15 Abs 2 GG, daß Dienstleistungen dauernd und so regelmäßig erbracht werden, daß die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist. Insofern entspräche eine Überstundenpauschalierung im Sinne des § 15 Abs 2 GG in etwa den oben aufgezeigten Erfordernissen einer auch für steuerliche Zwecke anzuerkennenden Überstundenpauschalierung. Gemäß § 16 Abs 1 GG gebührt dem Beamten für Überstunden, die nicht durch Freizeit ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung, welche nach Abs 3 der genannten Bestimmung aus der darin näher umschriebenen Grundvergütung und dem Überstundenzuschlag besteht.

Ginge man nun im Beschwerdefall davon aus, daß die dem Beschwerdeführer gewährte Zulage tatsächlich eine pauschalierte Überstundenvergütung darstellt, würde sich der Betrag, auf welchen der Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs 1 GG Anspruch hätte, unter Berücksichtigung der Anzahl der Überstunden, auf die bei Bemessung der Zulage Bedacht genommen worden war (durchschnittlich etwa 34 Stunden monatlich), einschließlich Überstundenzuschlag nahezu mit dem 3-fachen des dem Beschwerdeführer tatsächlich gewährten 1 1/2-fachen Vorrückungsbetrages errechnen (im Streitzeitraum durchschnittlich S 12.800,-- gegenüber durchschnittlich S 4.500,--).

Schon aus diesem Grund ist davon auszugehen, daß eine Überstundenpauschalierung im Beschwerdefall nicht vorliegt. Dies ganz abgesehen davon, daß in keiner Weise zu erkennen ist, inwiefern im Beschwerdefall die oben aufgezeigten Voraussetzungen einer für steuerliche Zwecke anzuerkennenden Überstundenpauschalierung erfüllt sind. Die dem Beschwerdeführer zuerkannte Verwendungszulage gilt vielmehr auch hinsichtlich des als "Überstundenvergütung" bezeichneten Zulagenteiles ganz allgemein gemäß § 30 a GG Mehrleistungen in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht ab, nicht aber hinsichtlich Anzahl und zeitlicher Lagerung näher festgelegte Überstunden. Daran vermag auch das erwähnte Ausmaß von 34 Überstunden im Monat nichts zu ändern, denn ginge man davon aus, daß der Beschwerdeführer diese Überstunden tatsächlich zu leisten hätte, würde dem Beschwerdeführer für die zusätzlichen Arbeitsstunden nicht einmal das normale Arbeitsentgelt, ganz zu schweigen von (steuerbegünstigten) Überstundenzuschlägen abgegolten. Der im Bescheid über die Zuerkennung der Verwendungszulage enthaltenen Aussage, daß bestimmte Teile der Zulage als "Überstundenvergütung gelten, von welcher 33,3 % den Überstundenzuschlag darstellen", kann daher für die im Beschwerdefall allein entscheidende Frage, ob und in welchem Ausmaß dem Beschwerdeführer Überstundenzuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ausbezahlt wurden, keine Bedeutung zukommen.

Ein nachträgliches Herausschälen von tatsächlich an Sonn- und Feiertagen oder in der Nacht erbrachten Überstunden kommt aber nicht in Betracht, weil dies den oben dargestellten, auch im Geltungsbereich des EStG 1988 geltenden Voraussetzungen für die Anerkennung der Steuerbegünstigung für Überstunden widerspricht.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zutreffend zu der Ansicht gelangt, daß die Steuerbegünstigung des § 68 Abs 1 EStG 1988 nicht zusteht und insofern auch keine zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer zurückzuzahlen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.