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VwGH vom 15.04.1998, 97/14/0136

VwGH vom 15.04.1998, 97/14/0136

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom , Zl. RV 130/1-8/95, betreffend Umsatzsteuer 1994 (mitbeteiligte Partei: H G in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei führt ein Gastronomieunternehmen. Am schloß sie mit der S-AG, einem Brauunternehmen, einen Bierlieferungsvertrag mit einer Laufzeit vom bis zum . Punkt 2 und 3 dieses Vertrages lauten:

"2. Leistung der S-AG

S-AG verpflichtet sich,

a) dem Vertragspartner Biere einwandfreier Qualität zu liefern

und

b) über dessen Wunsch zur Ausgestaltung seiner Absatzstätte

einen einmaligen Betrag von S 299.000,-

zuzüglich 20% MwSt. S 59.800,-

somit insgesamt S 358.800,-

zu bezahlen. Dieser Betrag steht dem Vertragspartner nach

Vorliegen der vereinbarten Sicherheiten gemäß Punkt 8 dieses

Übereinkommens zur Verfügung und ist von der S-AG auf das Konto

Nr ... bei der ... zur Überweisung zu bringen.

3. Getränkelieferungsverpflichtung

Als Gegenleistung verpflichtet sich der Vertragspartner während der Laufzeit dieser Vereinbarung

3.1. die Absatzstätte fortlaufend in der Betriebsart Cafe zu führen,

3.2. seinen gesamten Bedarf an den in der beigefügten Sorten-/Markenliste der S-AG angeführten Bieren (einschließlich alkoholfreier Biere) in welchen Gebinden immer, ausschließlich und ununterbrochen direkt bei der S-AG oder einer von ihr namhaft gemachten anderen Firma zu beziehen und zum Verkauf zu bringen,

3.3. von anderen Unternehmen angebotene Biere einschließlich alkoholfreier Biere, die zu den selben Sorten gehören, wie die aufgrund dieser Vereinbarung gelieferten Biere, nicht zu vertreiben. ... "

Aufgrund dieses Vertrages ist am der Betrag von 358.800 S - abzüglich eines noch nicht "amortisierten" Betrages von 126.000 S aus einem Bierlieferungsübereinkommen aus dem Jahr 1986 - der mitbeteiligten Partei überwiesen worden.

Im Hinblick auf den Bierlieferungsvertrag nahm die mitbeteiligte Partei ein Zwölftel des Nettobetrages von 299.000 S als Umsatz in die Umsatzsteuererklärung für 1994 auf.

Bei Erlassung des Umsatzsteuerbescheides erfaßte das Finanzamt den gesamten Betrag von 299.000 S im Rahmen der steuerpflichtigen Entgelte des Jahres 1994.

In ihrer Berufung begehrte die mitbeteiligte Partei die erklärungsgemäße Veranlagung.

Das Finanzamt teilte der mitbeteiligten Partei in der Folge mit, sie schulde im Hinblick auf den Bierlieferungsvertrag vom die Umsatzsteuer aufgrund der Bestimmung des § 11 Abs. 12 UStG 1972.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge. Die Verantwortung der mitbeteiligten Partei, wonach die Zahlung von 358.800 S als Darlehensgewährung anzusehen sei, erscheine der belangen Behörde bei wirtschaftlicher Betrachtung glaubhaft. Indiz für die Richtigkeit sei, daß die S-AG bei erheblichen Vertragsverletzungen berechtigt sei, von der mitbeteiligten Partei die Rückzahlung des nicht amortisierten Betrages zu fordern. Diese Bestimmung mache deutlich, daß es der S-AG auch darum gegangen sei, zumindest jenen Betrag, den sie der mitbeteiligten Partei gezahlt habe, durch die Bezahlung der abgenommenen Biermengen wieder zurückzuerhalten. Weiters spreche für diese Beurteilung, daß sich die mitbeteiligte Partei im Zuge der im Jahr 1994 erfolgten einvernehmlichen Auflösung des im Jahr 1986 abgeschlossenen Bierlieferungsvertrages zur Rückzahlung der 1987 ausbezahlten, aber mittlerweile noch nicht amortisierten Rabatte habe verpflichten müssen. Die Urkunde über den Lieferungsvertrag sei nicht von der mitbeteiligten Partei, sondern von der S-AG ausgestellt worden. Dies ergebe sich daraus, daß ein Vertragsformular verwendet worden sei, welches von der S-AG vorgedruckt worden sei und im Kopf Adresse und Firmenbezeichnung der S-AG aufweise. Der Lieferungsvertrag habe auch nicht die typische äußere Form einer Rechnung. Die belangte Behörde gehe daher nicht davon aus, daß die mitbeteiligte Partei mit dieser Urkunde über eine Leistung abgerechnet habe oder habe abrechnen wollen. Da sohin der Lieferungsvertrag nicht als Rechnung anzusehen sei, liege kein Anwendungsfall der Vorschriften des § 11 Abs. 12 und 14 UStG vor.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf § 292 BAO gestützte Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten. Nach Ansicht des Präsidenten sei die Umsatzsteuerschuld hinsichtlich des gesamten Betrages durch die Rechnungslegung aufgrund der Vorschrift des § 11 Abs. 14 UStG entstanden. Im Bierlieferungsvertrag seien die Handlungen, zu denen sich die mitbeteiligte Partei verpflichtet habe, als Leistungen bezeichnet. Der Vertrag lege die Gegenleistung der S-AG mit 299.000 S plus 20% USt fest. Die S-AG habe die Schuld in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Vertragsunterfertigung getilgt. Eine andere Urkunde, mit welcher die S-AG zur Zahlung aufgefordert worden wäre, sei nie errichtet worden. Aus dem Bierlieferugsvertrag komme sohin zum Ausdruck, daß die mitbeteiligte Partei mit Unterfertigung der Urkunde eine Abrechnung über die Leistung beabsichtigt habe. Entgegen der Ansicht der belangen Behörde sei der Bierlieferungsvertrag auch von der mitbeteiligten Partei ausgestellt worden. Wer eine Urkunde unterschreibe, sei nämlich deren Aussteller. Der Bierlieferungsvertrag sei von der S-AG und von der mitbeteiligten Partei unterfertigt worden. Daher seien beide Parten Aussteller dieser Urkunde. Der Vertrag enthalte alle Merkmale einer Rechnung iSd § 11 Abs. 1 UStG. Die mitbeteiligte Partei habe durch ihre Unterschrift unter den Bierlieferungsvertrag, welcher als Rechnung anzusehen sei, zu erkennen gegeben, daß sie in einer Rechnung den Steuerbetrag von 59.800 S gesondert ausweise, obwohl sie durch die Handlungen, die sie aufgrund des Lieferungsvertrages vorzunehmen habe, keine (umsatzsteuerbaren) Leistungen erbringe. Sie schulde daher die Steuerschuld aufgrund der Vorschrift des § 11 Abs. 14 UStG. In Verkennung der Rechtslage habe die belangte Behörde die Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht erkannt. Die belangte Behörde habe weiters Verfahrensvorschriften verletzt. Da der Bierlieferungsvertrag auf einem von der S-AG vorformulierten Vertragsformular festgehalten worden sei, habe die belangte Behörde angenommen, daß die mitbeteiligte Partei mit dieser Urkunde nicht über eine Leistung habe abrechnen wollen. Diese Beweiswürdigung der belangten Behörde erscheine unschlüssig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1972 diesen Betrag.

Als Rechnung ist unabhängig von ihrer Bezeichnung jede Urkunde zu verstehen, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet. Einer Rechnung muß somit die Funktion einer Abrechnung über eine Lieferung oder Leistung zukommen; es muß also der Leistende dem Leistungsempfänger unter Angabe des Inhaltes der Leistung deren Preis in Rechnung stellen und so die Zahlung anfordern. Ob eine bestimmte Urkunde diese Funktion erfüllt, kann nur nach der Lage des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/15/0144).

Bei Leistungen aufgrund von Dauerverträgen kann dem Zahlungsbeleg in Verbindung mit dem Vertrag über die vereinbarten Leistungen die Funktion einer Rechnung zukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0167, 0168). Eine Vertragsurkunde, die lediglich die Willenseinigung der Vertragsparteien beurkundet, der aber nicht die Funktion einer Abrechnung über eine Lieferung oder Leistung zukommt, ist nicht als Rechnung anzusehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 83/15/0084, und vom , 90/15/0144).

Im gegenständlichen Fall hat sich mit dem Bierlieferungsvertrag die mitbeteiligte Partei zum Getränkebezug und die S-AG dazu verpflichtet, über entsprechenden Wunsch einen einmaligen Geldbetrag zu leisten. Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß mit diesem Vertrag eine Abrechnung im oben genannten Sinn über Leistungen der mitbeteiligten Partei nicht erfolgt ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 49 Abs. 1 VwGG idF BGBl. I 88/1997 konnte der mitbeteiligten Partei der Ersatz von Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.