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VwGH vom 14.09.1994, 92/13/0180

VwGH vom 14.09.1994, 92/13/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom , Zl. 6/3-3294/91-05, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1982 bis 1984,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird im Umfang der Bekämpfung des angefochtenen Bescheides in seinem Abspruch über Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1984 und über Gewerbesteuer sowie Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für das Jahr 1984 zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

im übrigen, somit im Umfang des Abspruches über Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1984 und über Gewerbesteuer sowie Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für die Jahre 1982 und 1983 wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Wie den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens entnommen werden kann, kam in einer das Werbevermittlungsunternehmen des Michel E. betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung hervor, daß der Beschwerdeführer von diesem Unternehmen Beträge von S 30.000,-- im Jahr 1982, von S 116.000,-- im Jahr 1983 und von S 25.000,-- im Jahr 1984 ausbezahlt erhalten hatte, welche steuerlich nicht erfaßt worden waren. In der den Beschwerdeführer betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden diese Beträge nach Abzug geschätzter Betriebsausgaben als Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt, worauf Abgabenbescheide über die Streitjahre ergingen, welche für die Jahre 1982 und 1984 unter Bedachtnahme auf anderweitig erzielte Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit zu Einkommensteuergutschriften, für das Jahr 1983 hingegen zu einer Einkommensteuerschuld und für die Jahre 1982 und 1983 zu Gewerbesteuerschulden führten, während die Gewerbesteuer und Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für das Jahr 1984 mit S 0,-- festgesetzt und in den Umsatzsteuerbescheiden sämtlicher Streitjahre ausgesprochen wurde, daß Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 7 UStG 1972 nicht festgesetzt werde.

In seiner, gegen sämtliche Bescheide erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, Arbeitnehmer des Michel E. gewesen zu sein, weshalb die Abgabenbescheide zu Unrecht erlassen worden seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt; es erachtet sich der Beschwerdeführer dem gesamten Inhalt seines Vorbringens nach durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf als verletzt, daß ihm nicht Abgaben aus Einkünften vorgeschrieben werden, die als solche aus nichtselbständiger Arbeit zu beurteilen gewesen wären.

Die belangte Behörde hat Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid auch im Umfang seines Abspruches über Umsatzsteuer sämtlicher Streitjahre und Gewerbesteuer für das Jahr 1984 bekämpft, fehlt es ihm deswegen an der Berechtigung zur Beschwerdeerhebung, weil die Möglichkeit einer Verletzung seiner Rechte im Rahmen des erkennbar gemachten Beschwerdepunktes durch den dargestellten Inhalt dieser Bescheide ausscheidet. Die Beschwerde war in diesem Umfang somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 90/13/0010, vom , 92/13/0148, und vom , 92/13/0272). Diesen Erfordernissen entspricht der Bescheid der belangten Behörde in keiner Weise. Die belangte Behörde beschränkte sich darauf, anstatt einer zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung auf einzelnes "Aktenmaterial" hinzuweisen, den Inhalt der Berufung, des im Berufungsverfahren ergangenen Vorhalts samt der diesem angeschlossenen Stellungnahme des Prüfers und die Antwort des Beschwerdeführers im vollen Wortlaut wiederzugeben und die Wiedergabe dieser Aktenteile mit der Bemerkung zu kommentieren, daß der Beschwerdeführer "Substantielles, das auch zutrifft, und somit sein Berufungsbegehren stützen könnte", nicht vorgebracht habe, woraus "klar ersichtlich" sei, daß der Beschwerdeführer selbst dargetan habe, daß auf ihn die gleichen Vertragsverhältnisse zu Michel E. zuträfen, wie sie zwischen diesem und einem anderen Abgabepflichtigen bestanden hätten, welche Entscheidung noch durch den Umstand bestärkt werde, daß der Abgabenbehörde zweiter Instanz vom Handelsgericht Wien mitgeteilt worden sei, daß "der Akt im Keller und über Parteienvereinbarung ewiges Ruhen eingetreten" sei.

Der solcherart als "Begründung" dem Bescheidspruch angefügte Text enthält nicht nur keine zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung mit der gebotenen Würdigung vorliegender Beweise, sondern weist nur zwei als eigenständige Begründungselemente verstehbare Aussagen auf: Der Beschwerdeführer habe nichts vorgebracht, was seinen Standpunkt stützen könne; gegen seinen Standpunkt spreche der Umstand, daß in seinem Rechtsstreit mit Michel E. Ruhen des Verfahrens eingetreten sei. Von diesen beiden Aussagen ist die erste aktenwidrig, während die zweite gegen die Denkgesetze verstößt.

Aktenwidrig ist die Behauptung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe nichts vorgebracht, was seinen Standpunkt, Arbeitnehmer gewesen zu sein, stützen könnte. Gegenteiliges ergibt sich schon aus der Niederschrift des Prüfers vom , in welcher von fixer Dienstzeit, fixem Dienstort, Weisungsgebundenheit und Unabhängigkeit der erfolgten Zahlungen von Erfolg oder Mißerfolg der Tätigkeit die Rede ist; in seiner Berufung wies der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hin, niemals eigene Rechnungen für Ausgaben gegenüber dem Unternehmen des Michel E. ausgestellt zu haben, auch wiederholte er seine Behauptungen über Weisungsgebundenheit und Verpflichtung zu fixen Arbeitszeiten. Es hat der Beschwerdeführer damit im Verwaltungsverfahren sehr wohl Behauptungen aufgestellt, welche im Falle ihrer Erweislichkeit grundsätzlich geeignet sein konnten, seinen Rechtsstandpunkt zu stützen; Sache der Behörde wäre es demgemäß gewesen, über die Behauptungen des Beschwerdeführers ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren abzuführen. Daß in einem Rechtsstreit eines anderen Abgabepflichtigen mit Michel E. ein Vergleich geschlossen wurde, in welchem einvernehmlich festgestellt worden war, daß zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ein Dienstverhältnis nicht bestanden habe, war in keiner Weise geeignet, die Behörde von ihrer Ermittlungspflicht zu entbinden.

Daß im Rechtsstreit des Beschwerdeführers mit Michel E. Ruhen des Verfahrens eingetreten ist, konnte die belangte Behörde deswegen nicht ohne Verstoß gegen die Denkgesetze als Indiz gegen das vom Beschwerdeführer behauptete Arbeitsverhältnis beurteilen, weil der Beschwerdeführer in diesem Rechtsstreit beklagte Partei war und in dieser Rolle von vornherein kein zwingendes Interesse am Fortgang des Prozesses erwarten lassen mußte.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid in seinem der Anfechtung zugänglichen Umfang somit weder tauglich begründet, noch das der Sachlage nach erforderliche Ermittlungsverfahren durchgeführt; sie ist überdies mit der Behauptung, daß der Beschwerdeführer keine Umstände behauptet habe, welche seinen Rechtsstandpunkt stützen könnten, verfahrensrechtlich von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen. Der angefochtene Bescheid war in seinem Abspruch über Einkommensteuer des Jahres 1983 sowie Gewerbesteuer und Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für die Jahre 1982 und 1983 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a, b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994; der Vorlage des angefochtenen Bescheides bedurfte es in lediglich einfacher Ausfertigung, sodaß darüber hinausgehender Stempelgebührenaufwand nicht zuzusprechen war.